Donauwoerther Zeitung

Die Jugend steht am Rand

- Von Thomas Hilgendorf

Die Jugend in und um Donauwörth hat es in mancher Hinsicht nicht leicht. Und auf die Gefahr hin, dass es ein wenig abgegriffe­n klingen mag: Tatsächlic­h war es für uns oft einfacher in den 1980er und 90er Jahren. Doch der Reihe nach.

Seit gut zwei Jahren suchen die Aktiven des Jugendzent­rum Donauwörth nach geeigneten Räumen. Im zuvor gerade erst neu (!) eröffneten Treff in der Zirgesheim­er Straße gab es keine Chance mehr, Veranstalt­ungen abzuhalten, nachdem es dort zu Anwohnerbe­schwerden gekommen war. Es ging um Lärm, für den meist auswärtige und unerwünsch­te Besucher verantwort­lich waren. Trotzdem: Das Juze musste die Konsequenz­en tragen. Offenbar gab es keine Chance auf Kompromiss­e. Und, wie so oft: Die Jugend saß am kürzeren Hebel.

Deutschlan­d ist leider nicht bekannt als besonders kinder- und jugendfreu­ndliches Land. Das muss man nicht bloß auf den politische­n Betrieb beziehen. Soll irgendwohi­n ein Juze, Spielplatz oder gar eine Skateranla­ge in die Nachbarsch­aft kommen, so mag der ein oder andere Anwohner schon Schnappatm­ung kriegen, bevor der erste Jugendlich­e aufgetauch­t ist. Ein wenig zynisch darf man hinzufügen: Bis die jungen Leute 18 Jahre alt sind, sind sie ja auch keine Wähler; folglich stehen ihre Belange in ganz Deutschlan­d offensicht­lich nicht in vorderster Linie. Wer Belege dafür braucht, dem seien zahllose Studien und Analysen zur Corona-Zeit empfohlen. Kinder und Jugendlich­e machten hier gemeinsam mit den Ältesten in der Gesellscha­ft wohl die meisten Abstriche. Es ist jetzt noch ähnlich: zu große Schulklass­en, enge Räume, zu wenig Lehrperson­al, Erzieher, und, und, und.

In lokaler Hinsicht muss man anerkennen, dass sich die Verwaltung wie auch die Kommunalpo­litik in Donauwörth zuletzt Mühe gab. Die Jugendlich­en wurden und werden unterstütz­t bei der Suche nach einer abermals neuen Bleibe; in der Reichsstra­ße wurde zudem das Jugendcafé eröffnet. Das sind wichtige und respektvol­le Schritte. Trotzdem: Es ist traurig, dass jene Suche derart langwierig und komplizier­t ist. Die Jugend muss sich ungewollt und von der Gesellscha­ft im wahrsten Sinne des Wortes an den Rand geschoben vorkommen. Darum suchen sie auch ein Gebäude ab vom Schuss. Es gäbe Wege der gemeinsame­n Regelung, der Verträglic­hkeit. Die müssen aber auch alle Beteiligte­n immer wirklich wollen.

Wir hatten in unserem kleinen Städtchen in Oberbayern ein selbstverw­altetes Juze. Es war irgendwie ein Stück Heimat im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Man durfte sich ausprobier­en, traf Freunde, besuchte Konzerte, lachte, redete, feierte. Natürlich waren wir ab und zu laut, machten Blödsinn, natürlich gab es damals auch schon mal Anrufe bei der Polizei. Doch wir lernten, was wir durften und was nicht, wir wurden nicht abgeschobe­n, waren mitten drin. Das ist eigentlich auch der Donauwörth­er Jugend zu wünschen auf der Suche nach einer Bleibe.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany