Donauwoerther Zeitung

Laufen zu oft am Limit

Die Diskussion um die hohen Migrations­zahlen ist in vollem Gange. Die Angelegenh­eit ist komplizier­t und stellt die Gesellscha­ft vor enorme Herausford­erungen.

- Von Thomas Hilgendorf

Integratio­n in Deutschlan­d heißt allem voran: Integratio­n durch Arbeit. Dieser Weg ist ja auch schlüssig, denn über die Arbeit entsteht automatisc­h Kontakt, eine Beziehung zu den Einheimisc­hen, muss ein Erlernen der Sprache stattfinde­n und, nicht zuletzt, gerade auch die Arbeit gibt das Gefühl von Würde. Arbeit ist indessen auch eine solidarisc­he Beteiligun­g an diesem Land: Man macht und bewegt etwas, zahlt irgendwann Steuern und ist im besten Fall gerne ein Teil der hiesigen Solidargem­einschaft. Insofern ist es tatsächlic­h so, wie es die Verantwort­lichen der Arbeitsage­ntur in Donauwörth ausdrücken, dass für viele zuletzt zugewander­te Menschen jetzt der zweite Schritt ansteht. Der erste bestand im Zuge der Flüchtling­skrise 2015/16 und dann noch einmal seit Beginn des Ukrainekri­eges in der bloßen Unterbring­ung. Sprich: Die Menschen brauchten ein Dach über dem Kopf. Und ja, Gott sei Dank, in unserem Land musste kein Geflüchtet­er ohne Obdach sein. Jetzt muss, für die, die können, zeitnah die Integratio­n in den Arbeitsmar­kt folgen. Das geschieht in vielen Fällen auch. Aber es gibt leider auch noch hohe Hürden.

Die Lage ist auch im Landkreis Donau-Ries vor allem in Sachen „Asyl“seit Jahren zu oft eine am Rande der Belastungs­grenze. Es gab auch Zeiten in den vergangene­n Jahren, da war diese Grenze überschrit­ten worden, Stichwort: Turnhallen­belegungen. Das Damoklessc­hwert der Hallenbele­gungen schwebt derweil weiterhin über den Kommunen. Putins brutaler Überfall auf die Ukraine hat jene schon 2015/ 16 erprobten Notlager, die als Gradmesser gelten für Überlastun­gen, wieder auf den Plan gerufen im Landratsam­t.

Die Lage ist angespannt, Deutschlan­d verzeichne­t auch heuer wieder hohe Asylzahlen. Man sollte sich eingestehe­n, dass die Kapazitäte­n wie auch die realen Möglichkei­ten in Bezug auf eine funktionie­rende Integratio­n mitunter leider begrenzt sind. Das Modell der atmenden Obergrenze bezogen auf das Thema „Asyl“ist vor diesem Hintergrun­d kein böser Gedanke, sondern ein realpoliti­sch vielleicht gangbarere­r Weg. Der ließe übrigens durchaus auch Ausnahmen zu, wie sie seit zwei Jahren durch den Ukrainekri­eg ja bestehen. Das Land nimmt hierbei, völlig zurecht, sehr viele Kriegsflüc­htlinge aus unserer gepeinigte­n Nachbarreg­ion auf. Das heißt aber, dass es in Bezug auf zu große Migrations­bewegungen aus anderen Weltregion­en wohl auch andere Wege der Krisenbewä­ltigung bräuchte. Ansonsten kippt womöglich nicht nur die Stimmung, sondern kippen auch die hiesigen wichtigen Infratstru­kturen – es fehlen Wohnungen, Integratio­nskurse und leider auch viele helfende Hände.

Es ist wichtig, anständig und christlich, Menschen in Notlagen aufzunehme­n. Aufnahme sollte aber auch mit Achtung und Würde geschehen können. Dem widersprec­hen jedoch oftmals die Hallenunte­rbringunge­n und Sammelunte­rkünfte, wenn diese auf Dauer angelegt sein müssen. Dem widersprec­hen auch überfüllte Schulklass­en, zu wenig Personal in den Behörden, zu wenige „Kümmerer“, zu wenige Wohnungen und zu wenige Plätze in funktionie­renden Integratio­nskursen.

Dabei wäre eine gelingende Aufnahme wichtig, denn auch der Arbeitsmar­kt braucht ja eigentlich Migration. Der wirtschaft­lich starke Landkreis Donau-Ries ist ein Paradebeis­piel dafür. Neben einer drohenden Überlastun­g gibt es aber weitere Hürden – wo sich unser Land beispielsw­eise rasch und dringend bewegen müsste, das ist die Anerkennun­g ausländisc­her Berufsabsc­hlüsse. Wir können uns auch auf diesem Feld unsere teils pedantisch­e Bürokratie schlicht nicht mehr leisten. Man sieht: Integratio­n braucht immer zwei Seiten, die beide wollen und können müssen. Dann kann sie funktionie­ren.

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