Donauwoerther Zeitung

Ehepaar lässt Mitglied von Schockanru­f-Bande auffliegen

Bei einem Ehepaar in Bäumenheim meldet sich die angebliche Tochter mit einer dramatisch­en Geschichte. Die Angerufene­n durchschau­en den Trick. Die Geldabhole­r stehen vor Gericht.

- Von Wolfgang Widemann

Bäumenheim/Augsburg Die Masche ist dreist, die Täter agieren äußerst geschickt, spielen mit den Ängsten ihrer Opfer und bringen diese oft um ein Vermögen. Banden, die in aller Regel im Ausland sitzen, sind mit sogenannte­n Schockanru­fen in Deutschlan­d regelmäßig erfolgreic­h. So auch in der Region. Die Ganoven sind schwer zu fassen. Im Sommer des vergangene­n Jahres ist es aber der Polizei dank des geistesgeg­enwärtigen und klugen Handelns eines Ehepaars in Asbach-Bäumenheim gelungen, einen Handlanger der raffiniert­en Betrüger dingfest zu machen.

Die Banden schaffen es immer wieder, ihre Opfer derart unter Druck zu setzen, dass sie nicht mehr realisiere­n, an Kriminelle geraten zu sein. Im August 2023 klingelte bei dem Paar in Bäumenheim das Telefon. Der Mann hob ab. Es meldete sich eine Frau, die mit weinerlich­er Stimme fragte: „Papa, bist es du?“Anschließe­nd erläuterte die angebliche Tochter, dass sie einen Verkehrsun­fall verursacht habe. Sie habe mit dem Auto eine Passantin erfasst.

Das Gespräch übernahm dann ein Unbekannte­r. Er führte aus, dass die Tochter in Untersuchu­ngshaft müsse – außer, es würde eine Kaution in Höhe von 40.000 bis 60.000 Euro hinterlegt. Der Bäumenheim­er ließ sich darauf ein – aber nur zum Schein. Der 66-Jährige hatte nämlich die wahre Absicht der Anruferin sogleich durchschau­t. Er schrieb während des Telefonats seiner Gattin, 63, einen Zettel, wonach diese umgehend per Handy die Polizei informiere­n sollte.

Die war auf diese Weise fortan mit im Spiel, was die Betrüger dank des geschickte­n Verhaltens der Bäumenheim­er nicht bemerkten. Der 66-Jährige sagte den Unbekannte­n, er und seine Frau hätten Bargeld in Höhe von 13.000 Euro und Goldbarren im Wert von 55.000 Euro sowie Goldringe zu Hause. Die Bande konnte nicht widerstehe­n. Sie vereinbart­e mit

dem Ehepaar, das Geld und das Edelmetall am Wohnhaus abzuholen. Dort tauchte der 52-Jährige auf. Der Pole, der in Deutschlan­d keinen festen Wohnsitz hatte, war – davon gehen Polizei und Staatsanwa­ltschaft aus – von den eigentlich­en Drahtziehe­rn angeworben worden.

In dem Moment, in dem ihm das Ehepaar in Bäumenheim die vermeintli­chen Wertgegens­tände aushändigt­e, griff die Polizei zu. Der 52-Jährige wanderte in Untersuchu­ngshaft. Die Kripo startete umfangreic­he Nachforsch­ungen. Anhand der Daten des Mobiltelef­ons des Gefassten konnten

die Ermittler herausfind­en, dass sich dieser im Bereich von weiteren Tatorten aufhielt, an denen ältere Leute Opfer von Schockanru­fen wurden und vermeintli­che Kautionen übergaben. Es ergaben sich konkrete Anhaltspun­kte, dass der Mann auch in Cottbus, Bamberg, Haßmershei­m, Bayreuth und Neuötting als Abholer fungierte. Bei diesen Taten erbeutete die Bande im Juni und Juli 2023 jeweils Summen zwischen 1500 und 20.000 Euro.

Diese von der Staatsanwa­ltschaft vorgebrach­ten Vorwürfe räumte der Angeklagte nun vor dem Schöffenge­richt Augsburg

ein. Dieses verurteilt­e den 52-Jährigen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Zudem ordnete das Gericht die Einziehung von Wertersatz in Höhe von fast 50.000 Euro ein. Dabei handelt es sich um den Betrag, den sich die Betrüger in den genannten Fällen ergaunerte­n. Als Mitglied der Bande haftet der Geldabhole­r sozusagen gesamtschu­ldnerisch. Die Staatsanwa­ltschaft hatte eine Freiheitss­trafe von drei Jahren und vier Monaten gefordert, die Verteidigu­ng hielt zwei Jahre und zehn Monate für angemessen. Das Urteil wurde noch im Gerichtssa­al rechtskräf­tig.

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Foto: Peter Fastl (Archivbild) In Augsburg stand ein Mitglied einer internatio­nalen Betrügerba­nde vor Gericht. Der Mann war in Bäumenheim gefasst worden.

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