Ehepaar lässt Mitglied von Schockanruf-Bande auffliegen
Bei einem Ehepaar in Bäumenheim meldet sich die angebliche Tochter mit einer dramatischen Geschichte. Die Angerufenen durchschauen den Trick. Die Geldabholer stehen vor Gericht.
Bäumenheim/Augsburg Die Masche ist dreist, die Täter agieren äußerst geschickt, spielen mit den Ängsten ihrer Opfer und bringen diese oft um ein Vermögen. Banden, die in aller Regel im Ausland sitzen, sind mit sogenannten Schockanrufen in Deutschland regelmäßig erfolgreich. So auch in der Region. Die Ganoven sind schwer zu fassen. Im Sommer des vergangenen Jahres ist es aber der Polizei dank des geistesgegenwärtigen und klugen Handelns eines Ehepaars in Asbach-Bäumenheim gelungen, einen Handlanger der raffinierten Betrüger dingfest zu machen.
Die Banden schaffen es immer wieder, ihre Opfer derart unter Druck zu setzen, dass sie nicht mehr realisieren, an Kriminelle geraten zu sein. Im August 2023 klingelte bei dem Paar in Bäumenheim das Telefon. Der Mann hob ab. Es meldete sich eine Frau, die mit weinerlicher Stimme fragte: „Papa, bist es du?“Anschließend erläuterte die angebliche Tochter, dass sie einen Verkehrsunfall verursacht habe. Sie habe mit dem Auto eine Passantin erfasst.
Das Gespräch übernahm dann ein Unbekannter. Er führte aus, dass die Tochter in Untersuchungshaft müsse – außer, es würde eine Kaution in Höhe von 40.000 bis 60.000 Euro hinterlegt. Der Bäumenheimer ließ sich darauf ein – aber nur zum Schein. Der 66-Jährige hatte nämlich die wahre Absicht der Anruferin sogleich durchschaut. Er schrieb während des Telefonats seiner Gattin, 63, einen Zettel, wonach diese umgehend per Handy die Polizei informieren sollte.
Die war auf diese Weise fortan mit im Spiel, was die Betrüger dank des geschickten Verhaltens der Bäumenheimer nicht bemerkten. Der 66-Jährige sagte den Unbekannten, er und seine Frau hätten Bargeld in Höhe von 13.000 Euro und Goldbarren im Wert von 55.000 Euro sowie Goldringe zu Hause. Die Bande konnte nicht widerstehen. Sie vereinbarte mit
dem Ehepaar, das Geld und das Edelmetall am Wohnhaus abzuholen. Dort tauchte der 52-Jährige auf. Der Pole, der in Deutschland keinen festen Wohnsitz hatte, war – davon gehen Polizei und Staatsanwaltschaft aus – von den eigentlichen Drahtziehern angeworben worden.
In dem Moment, in dem ihm das Ehepaar in Bäumenheim die vermeintlichen Wertgegenstände aushändigte, griff die Polizei zu. Der 52-Jährige wanderte in Untersuchungshaft. Die Kripo startete umfangreiche Nachforschungen. Anhand der Daten des Mobiltelefons des Gefassten konnten
die Ermittler herausfinden, dass sich dieser im Bereich von weiteren Tatorten aufhielt, an denen ältere Leute Opfer von Schockanrufen wurden und vermeintliche Kautionen übergaben. Es ergaben sich konkrete Anhaltspunkte, dass der Mann auch in Cottbus, Bamberg, Haßmersheim, Bayreuth und Neuötting als Abholer fungierte. Bei diesen Taten erbeutete die Bande im Juni und Juli 2023 jeweils Summen zwischen 1500 und 20.000 Euro.
Diese von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Vorwürfe räumte der Angeklagte nun vor dem Schöffengericht Augsburg
ein. Dieses verurteilte den 52-Jährigen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Zudem ordnete das Gericht die Einziehung von Wertersatz in Höhe von fast 50.000 Euro ein. Dabei handelt es sich um den Betrag, den sich die Betrüger in den genannten Fällen ergaunerten. Als Mitglied der Bande haftet der Geldabholer sozusagen gesamtschuldnerisch. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten gefordert, die Verteidigung hielt zwei Jahre und zehn Monate für angemessen. Das Urteil wurde noch im Gerichtssaal rechtskräftig.