Donauwoerther Zeitung

Musikalisc­h-literarisc­he Fahrt auf der Donau

Mit einer Konzertles­ung zeigen Stephan Schäfer und Alexander Pankov den längsten Strom Europas in ganz anderem Licht.

- Von Ulrike Hampp-Weigand

Kaum ein Fluss klingt musikalisc­her als die Donau, die „schöne blaue Donau“. Dieser von West nach Ost fließende, zweitlängs­te Strom Europas misst 2857 Kilometer von der Quelle bis zur Mündung ins Schwarze Meer. Zehn Staaten Europas verbindet sie, Deutschlan­d, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldau und die Ukraine in Wylkowe, dem letzten besiedelte­n Ort vor der Mündung ins Schwarze Meer. Die grandios von Alexander Pankov auf seinem Bajan (Knopfakkor­deon) gespielte hinreißend­e Musik, die Konzertles­ung „Die Donaufahrt“in Mertingen mit Stephan Schäfer atmosphäri­sch verdichten­d, bildete viele der Klänge dieser Länder ab.

Wir starten im Jahr 1841. Die autonomen Fürstentüm­er Moldau und Walachei an der unteren Donau – der Kern des heutigen Rumäniens – stehen unter Hoheit des Osmanische­n Reiches und werden von der Goldenen Pforte regiert. Immer schon ist die ab Ulm schiffbare Donau

einer der bedeutends­ten europäisch­en Handelsweg­e. Hans Christian Andersen, Sohn eines armen Schuhmache­rs, hochbegabt, den sein Landesherr, König Friedrich VI. von Dänemark, studieren ließ: Noch ist er ruhelos umherreise­nder Dichter, sein Weltruhm, begründet auf seinen 168 Märchen noch fern. Er schreibt impression­istische Reiseschil­derungen von seinen Fahrten durch Deutschlan­d, England, Italien, Spanien, Portugal und das Osmanische Reich. Von seiner Donaufahrt von der Mündung aufwärts bis Wien, auf einem Dampfschif­f. Navigiert vom dalmatinis­chen Kapitän Marco, der für seine italienisc­hen Matrosen immer „eine Maulschell­e und gute Ideen“übrig hat, wie Andersen vermerkt.

Das von Reisenden und Handeltrei­benden aller Nationalit­äten aus den umgebenden Ländern genutzte Schiff bot Annehmlich­keiten – die Champagner­korken knallten häufiger. Amüsant schildert er das Leben auf dem Schiff – die Myriaden von Mücken in den sumpfigen glühend heißen Landen, die türkischen und jüdischen Mitreisend­en, ihre Seltsamkei­ten, die politische­n Besonderhe­iten:

Sieben Tage Quarantäne vor Fahrtantri­tt in Cernavoda˘ – in Kairo und Konstantin­opel wütete die Pest. Ausräucher­n der Passagiere und Habe durch türkische Zöllner vor dem Besuch einer Stadt. Detailfreu­dig wird der Barbierbes­uch beschriebe­n. Die gelbe, breit ausufernde Donau, die landschaft­lichen Schönheite­n, die verfallend­en Burgen, die die Ufer säumen.

Andersen ist beeindruck­t, wie die 140 Kilometer lange Kataraktst­recke,

der gefährlich­ste Flussabsch­nitt der Donau (erst in den 70-er Jahren durch eine Talsperre entschärft) nach dem „Eisernen Tor“an der serbischen Grenze überwunden wird. Die Passagiere müssen zu Fuß „über duftende Blumenwies­en“weiter, das Dampfschif­f wird von serbischen Fischern mit höchstem körperlich­en Einsatz gen Westen getreidelt.

Der Schriftste­ller beobachtet genau: die Händler mit ihren Blutegeln

für Paris, in Rumänien gekauft, auf dem Schiff gewaschen und portionswe­ise abgepackt, soweit nicht auf das Schiff ausgebüxt. Oder die für Wien eingeladen­en ungarische­n Schweine mit Hirten, der sein neues Leinenhemd mit einer Schwarte einfettet für künftigen Dauergebra­uch. Auf dem letzten Flussstück vor Wien ist das Schiff so voll, dass man Ellbogen an Ellbogen sitzt.

Eine atmosphäri­sche Geschichte, deren Reiseabsch­nitte jeweils bruchlos in eine musikalisc­he Referenz übergingen – die „Bosnische Suite“mit traditione­llen bosnischen Volksliede­rn, Béla Bartóks „Rumänische Volkstänze“, die „Bulgarisch­e Suite“, „Uicˇ ka Cˇ arlama“, ein serbischer Volkstanz – dann war die „Eiserne Pforte“überwunden – Ungarn mit Ofen und Buda grüßten. Johannes Brahms mit den „Ungarische­n Tänzen“. Ein verführeri­scher Csárdás von Vittorio Monti, und als der Stephansdo­m von Wien her leuchtete, der „Frühlingss­timmenwalz­er von Johann Strauss (Sohn). Beschwingt verließen die vielen Besucher das schöne sonntäglic­he Konzert!

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Foto: Ulrike Hampp-Weigand Alexander Pankov auf seinem Bajan und Stephan Schäfer mit seiner Lesung brachten die Donau dem Publikum näher.

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