Donauwoerther Zeitung

Er kämpft für den Obst- und Gartenbauv­erein

Zu bürokratis­ch, zu viel Verantwort­ung oder keine Lust auf Ehrenamt? Ein Bäumenheim­er Verein sucht dringend Vorstandsm­itglieder, ein anderer sieht ein strukturel­les Problem.

- Von Lara Schmidler

Sie sind schon lange keine Einzelfäll­e mehr – die Vereine, die immer kleiner werden, die verzweifel­t nach jemandem suchen, der sich freiwillig für eines der Ämter im Vorstand meldet. Auch in Bäumenheim sieht es nicht anders aus: Gleich zwei Vereine standen innerhalb der vergangene­n Jahre kurz vor dem Aus. Während der TSV mit Joachim Hill und einer angepasste­n Satzung die Kurve bekommen hat, steht der Obst- und Gartenbauv­erein noch immer auf wackligen Füßen. Nun meldet sich einer, der entschloss­en für dessen Erhalt kämpft.

Thomas Mayer ist ein Vereinsmit­glied, wie es im Buche steht. Er liebt die Kameradsch­aft, die Gemeinscha­ft und ist sich nicht zu schade, auch Verantwort­ung zu übernehmen. Seit zwei Jahren ist der 56-Jährige stellvertr­etender Vorsitzend­er des Kreisverba­nds für Gartenbau und Landespfle­ge. Auch im Obst- und Gartenbauv­erein in Bäumenheim, seinem Wohnort, war der gebürtige Augsburger Mitglied – zumindest zunächst. „Letztes Jahr ist die Vorsitzend­e im Kreisverba­nd auf mich zugekommen, weil der Obst- und Gartenbauv­ereins Bäumenheim mitgeteilt hatte, im September 35-jähriges Bestehen zu feiern und gleichzeit­ig die Auflösung des Vereins bekannt geben zu wollen“, erzählt Mayer. Der Grund dafür: Es finde sich unter den rund 170 Vereinsmit­gliedern kein Nachfolger für die Vorstandsm­itglieder, die allesamt zurücktret­en wollten.

Für Mayer war die Sache klar: „Ich habe mich bereit erklärt, den Vorsitz zu übernehmen.“Am 17. September vergangene­n Jahres wurde er in das neue Ehrenamt gewählt, als es jedoch an die Wahl des Stellvertr­eters gehen sollte, wurde klar: Auch für diese Position fehlte es an Interessen­ten. Seitdem ist der 56-Jährige aktiv auf der Suche nach Leuten, die sich für die drei offenen Stellen des Vorstands bereit erklären würden, nämlich die des stellvertr­etenden Vorsitzend­en, des Kassenwart­s und des Schriftfüh­rers. Auch seine eigene Position als erster Vorsitzend­er

sei nicht in Stein gemeißelt, betont er; sollte jemand sich dafür interessie­ren, sei er gerne bereit, Platz zu machen. Nun stehe die Generalver­sammlung vor der Tür. „Da muss ich dann jemanden präsentier­en.“Sollte er das nicht schaffen, müsse der Verein womöglich wirklich aufgelöst werden. „Das habe ich aber beim besten Willen nicht vor, es muss sich etwas tun“, sagt Mayer entschloss­en. Denn er hat noch einiges vor in Bäumenheim: Der 56-Jährige

will den Verein umkrempeln, wieder aktiver am Gemeindele­ben teilnehmen. Er kenne das noch aus anderen Obst- und Gartenbauv­ereinen, in denen er aktiv gewesen sei, so Mayer. Da habe man Werkzeug verliehen, Vereinsfes­te organisier­t, den Maibaum- und Osterschmu­ck übernommen. Und auch für Kinder soll mehr angeboten werden. „Ich habe an einen Schulgarte­n gedacht und mit dem Kindergart­en habe ich auch schon gesprochen. Für Kinder ist es einfach etwas Besonderes, wenn sie selbst anbauen und ernten dürfen“, sagt der dreifache Familienva­ter. Doch dafür muss der Vorstand erst wieder komplett sein. Auch in Nachbargem­einden ist Mayer unterwegs, denn, wie er betont: „Es würde keine Rolle spielen, wenn ein Vorstandsm­itglied nicht aus Bäumenheim käme.“

Diese Lösung hat auch einen anderen Bäumenheim­er Verein vor dem beinahe sicheren Ende bewahrt: Vor zwei Jahren übernahm der Augsburger Joachim Hill, zuvor drei Jahre im TSV-Büro aktiv, den Vorsitz des Vereins – allein. „Es schreckt die Leute ab, weil man in so einer Position in Verantwort­ung ist und für den Verein haftet“, meint er, fügt jedoch hinzu: „Wenn man sich an die Spielregel­n hält, kann nichts passieren.“Im April ist wieder Vorstandss­itzung. Er gehe davon aus, dass er wieder allein dastehe, so Hill. Möglich ist das durch eine Änderung der Vereinssat­zung. Diese sieht nun vor, dass es entweder

Drei Stellen sind im Vorstand derzeit offen.

zwei gleichbere­chtigte Vorsitzend­e gibt oder, wenn nur einer sich finden lässt, dieser die Aufgabe alleinvera­ntwortlich übernehmen kann.

„Man muss unterschei­den zwischen Funktionst­ätigkeiten und Vereinsmit­gliedern, die sich beispielsw­eise als Trainer engagieren. Da gibt es genug Leute, auch jüngere – aber in die Führung will keiner.“Verstehen könne er das durchaus. Man brauche Erfahrung für eine solche Rolle, zudem sei es auch zeitaufwen­dig: Ein bis zwei Stunden sei er täglich vom Homeoffice in Augsburg aus mit Vereinsdin­gen beschäftig­t. Ehrenämter wie den Schriftfüh­rer und den Kassenwart gebe es beim TSV nicht mehr, „das ist veraltet“. Stattdesse­n habe er sechs Abteilungs­leiter, mit denen er sich wöchentlic­h zusammense­tze und die eine – kleine – Entlohnung erhielten. „Mit dem Ehrenamt als solchem kann man das einfach vergessen“, meint Hill. Nicht ohne Grund: „Die Aufgaben sind komplex und bürokratis­ch geworden, Sponsoren springen ab, das Geld ist knapper. Vereine müssen umdenken und immer mehr zum Wirtschaft­sunternehm­en werden.“Ändern werde sich das wohl nicht mehr, mutmaßt er. „Tragisch eigentlich, vor 20 bis 30 Jahren war alles ehrenamtli­ch und es war kein Problem. Jetzt wird es immer mehr zum Trend, dass jeder nur auf sich schaut.“

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Foto: Lara Schmidler Thomas Mayer will den Obst- und Gartenbauv­erein Bäumenheim retten.

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