Ein Blick in Bücherregale
Ein Blick in fremde Bücherregale ist immer spannend. Denn was man darin findet, verrät einiges über den Menschen. Was ihn interessiert, wie er die Welt sieht, womit er sich ablenkt. Stehen da die Klassiker oder vor allem Zeitgenössisches? Sachbücher oder Romane? Hochgeistiges oder auch Leichtes? Was sind die Lieblingsautorinnen und -autoren? Und interessant ja auch, wenn man sich die Bücher näher ansehen kann: Sorgfältig gepflegt oder zerlesen? Eselsohren, Kaffeeflecken, Anmerkungen? Vielleicht sogar ein paar Widmungen?
In dieser Ausgabe des Bücherjournals werfen wir Blicke in private Bibliotheken, schauen in die Bücherregale von Karl Lagerfeld oder Cornelia Funke. In einer aber konnten wir uns ganz genau umsehen. Theo Waigel, der ehemalige Finanzminister, hat die Türen zu seinem Bücherschatz geöffnet. 5000 Bücher, verteilt auf zwei Standorte, sein Geburtshaus in
Oberrohr bei Ursberg, sein Wohnhaus in Seeg im Allgäu, kurzum: „Die vielen Seiten des Theo Waigel.“Einige sehen sie schon einmal hier auf dieser Seite. Spannend, oder?
5000 Bücher – die muss man erst mal gelesen haben, wenn auch vielleicht nicht alle zu Ende. Aber auch als leidenschaftlichste Leserin, als leidenschaftlichster Leser hinkt man ja immer hinterher. Denn schon wieder ist Frühjahr, ist ab Mitte kommender Woche Leipziger Buchmesse, bricht also ein neuer Bücher-Frühling an, und in den Buchhandlungen stapelt sich die noch unbekannte Literatur mit vielversprechenden Titeln. „Demon Copperhead“zum Beispiel, von Barbara Kingsolver, auch Charles Dickens spielt da eine Rolle. „James“von Percival Everett, der wiederum einen der bekanntesten Romane der Welt aus neuer Perspektive erzählt. „Auf den Gleisen“von Inga Machel, einer der nominierten Romane
für den Leipziger Buchpreis. Oder „The Coming Wave“, in dem der KI-Experte Mustafa Suleyman das vielleicht größte Dilemma des 21. Jahrhunderts erklärt. Die Schriftstellerin Ursula Poznanski hat daraus schon einmal einen Bestseller gemacht…
Auf den kommenden Seiten erfahren Sie, welche Romane, Sachbücher und welche Neuerscheinungen der Kinder- und Jugendliteratur eine nähere Betrachtung von Ihnen verdienen – sich im eigenen Bücherregal also gut ausnehmen würden. Und wenn Sie schon beim Einsortieren sind, schätzen Sie doch mal: Sind es über hundert, über fünfhundert, am Ende über tausend? Dann verstehen Sie vermutlich auch, warum Theo Waigel sich zum Ordnen nun fachkundige Unterstützung geholt hat. Wer seine Lieblingsautoren sind? Nur so viel: Lyrik nicht vergessen, ein Dichter ist darunter!
Heinz Bude: Abschied von den Boomern
Das müssen Sie wissen
Zwei große Ereignisse haben die Boomer in den 1980ern geprägt: Aids und Tschernobyl. Allerdings nur in West. In Ost war die prägende Erfahrung die Wende.
Das können Sie sagen
Ein Buch für alle, die wissen wollen, warum 30 Jahre nach der Wende der Westen und der Osten immer noch anders denken.
Uwe Wittstock: Marseille 1940
Das müssen Sie wissen
Jüdische Intellektuelle flüchten aus Nazi-Deutschland und stranden in Marseille – in der Hoffnung, von dort in die USA zu gelangen. Der USAmerikaner Varian Fry hilft ihnen, ihm setzt Wittstock mit seinem Roman ein Denkmal.
Das können Sie sagen
Spannende Geschichte über Menschen, die sich einem totalitären System widersetzen.
Jens Beckert: Verkaufte Zukunft
Das müssen Sie wissen
Die Folgen der Klimakatastrophe sind seit Jahrzehnten bekannt, trotzdem ändert sich nichts. Der Soziologe Beckert sieht die Gründe dafür in gesellschaftlichen Macht- und Anreizstrukturen. Er fordert mehr solidarisches Handeln.
Das können Sie sagen
Eine düstere Analyse dessen, was uns droht, wenn wir einfach weitermachen wie bisher.
David Grossman: Frieden ist die einzige Option
Das müssen Sie wissen Grossman schreibt seit Jahren gegen den Hass zwischen Israelis und Palästinensern an. Er kritisiert die Regierung Netanjahus und tritt für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Der Band versammelt sieben wichtige Essays und Reden.
Das können Sie sagen
Wenig hoffnungsvoller, aber eindringlicher Appell für den Frieden in Nahost.
Sachbuch Omri Boehm, Daniel Kehlmann: Der bestirnte Himmel über mir Das müssen Sie wissen
Zwei Tage haben die Autoren über Immanuel Kant und dessen Philosophie diskutiert und ihre Erkenntnisse in einem Gesprächsband festgehalten – pünktlich zu dessen 300. Geburtstag. Das können Sie sagen Anregende Lektüre, um in die Gedankenwelt des Vordenkers der Aufklärung einzutauchen.
Theodor W. Adorno: Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute
Das müssen Sie wissen
1962 hielt Adorno einen Vortrag über die Ursachen des aufkeimenden Antisemitismus im Nachkriegsdeutschland. Für ihn war er Bindemittel rechtsradikaler Bewegungen und Ausdruck von Schuldabwehr. Das können Sie sagen
Vor 60 Jahren verfasst und leider immer noch aktuell.
Friederike Otto: Klimaungerechtigkeit
Das müssen Sie wissen
Der Klimawandel zerstört Lebensgrundlagen und verstärkt die sozialen Ungleichheiten, aus denen er entstanden ist, argumentiert die Physikerin. Als Folge von kapitalistischer Ausbeutung verlangt er entsprechende Verantwortlichkeit. Das können Sie sagen
Mit dem Schutz von Eisbären und weniger Plastiktüten allein ist es nicht getan.
Michel Friedman: Judenhass
Das müssen Sie wissen Seit dem Angriff der Hamas auf Israel haben antisemitische Straftaten hierzulande zugenommen. Friedmann analysiert die Gründe für den Hass, sieht darin einen Angriff auf die Demokratie und fordert Solidarität.
Das können Sie sagen
Ein schonungsloses Plädoyer für mehr Toleranz – oder wie Friedmann schreibt: „Hasst nicht. Niemanden.“
Lucy Cooke: Bitch Das müssen Sie wissen
Lemurenweibchen dominieren männliche Artgenossen, Albatrosweibchen ziehen den Nachwuchs gemeinsam groß. Cooke wirft einen feministischen Blick auf die Tierwelt und räumt mit darwinschen Mythen auf.
Das können Sie sagen
Selten wurden Vorurteile über Weiblichkeit und Geschlechterrollen so witzig und spannend zerschmettert.
Friedemann Karig: Was ihr wollt
Das müssen Sie wissen
Der Glaube, politisch etwas bewegen zu können, schwindet. Dabei wäre ohne kollektiven Mut vieles nicht möglich gewesen. Karig zeigt, was sich mit Aktivismus und Protest erreichen lässt und wie viele es braucht, um wirklich etwas zu verändern.
Das können Sie sagen
Es lohnt sich, auf die Straße zu gehen und gemeinsam für eine Sache zu kämpfen.