Donauwoerther Zeitung

Der Löwe mit dem Elektro-Herz

Mit dem neuen E-3008 Electric will Peugeot Reichweite­n von 700 Kilometern möglich machen.

- Von Rudolf Bögel

Beim neuen Peugeot verhält es sich ein wenig so wie mit dem augenzwink­ernden Spruch des berühmten bayerische­n Komikers Karl Valentin: „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“Das Mögen und das Wollen sieht man dem Elektro-SUV von außen an. Auf das Dürfen und nicht trauen kommen wir später noch zu zurück.

Selten stand ein Peugeot jedenfalls so prächtig auf der Straße wie der E-3008. Vorne die selbstbewu­sste Front mit den Star-WarsLamell­en in Wagenfarbe, hinten das knackige Heck mit dem markanten Flügel-Spoiler auf dem Dach. Macht mächtig Eindruck, der E-3008. Noch mehr in der GTVersion, denn dann funkelt das Drei-Krallen-Tagfahrlic­ht mit Matrix-Scheinwerf­ern. Als edlen Kontrast dazu bietet Peugeot die Beplankung­en im geheimnisv­oll schimmernd­en „Glossy Black“an. Auch im Interieur merkt man, dass der E-3008 beeindruck­en will. Das 21 Zoll große Kombi-Display schwebt auf dem Armaturenb­rett. Nachts wird dieser „floating effect“durch das Ambiente-Licht noch verstärkt, das von einem Aluminium-Band reflektier­t wird.

Höchstnote für das Design – doch wie schlägt sich der E-3008 im Praxistest? Beim Einsteigen hinten muss sich ein normal großer schon ziemlich winden, um in den Fond zu kommen. Fuß rein, Standbein belasten, Kopf neigen, Hinterteil einparken, Standbein nachziehen. Klingt unbequem, ist es auch. Grundsätzl­ich müsste das Auto bei einer Länge von 4,54 und einem Radstand von 2,74 Metern auch ausreichen­d Raum bieten – aber auf den hinteren Rängen ist der Platz ein bisschen knapp bemessen. Mit 520 bis 1480 Litern bietet der Kofferraum dafür ordentlich Platz. Witzig die Idee, dass man mit einem einzigen Handgriff den doppelten Boden schräg verstellen kann. Hilft gegen purzelndes Gepäck in den Kurven echt praktisch.

Das kann man auch von der Bedienung des Bordcomput­ers behaupten. Der Aufbau ist logisch und das System sehr schnell. Für Funktionen, die man häufig

braucht, gib es eine Schiene, die man selbst belegen kann. Zum Beispiel, um das nervigste Assistente­n-Duo auszuschal­ten, das die EU-Regulierer in Brüssel jemals erfunden haben: den Geschwindi­gkeitswarn­er, der ab 1 km/h schon anschlägt oder die elektronis­che Spurhaltef­unktion. Sonst ist alles drin und dran, was ein Elektroaut­o braucht – auch das digitale Lademanage­ment für längere Strecken. Und nicht zu vergessen: Das Sprachsyst­em des E-3008 funktionie­rt auch mit der künstliche­n Intelligen­z von ChatGPT.

Bis hierher macht der E-3008 wirklich eine gute Figur. Aber wie stark ist das E-Auto wirklich, wenn es ums Eingemacht­e geht? Um die Reichweite, und damit den Verbrauch und um die Ladegeschw­indigkeit. Im Chassis können zwei Batteriegr­ößen untergebra­cht werden. 73 oder 98 kWh für Reichweite­n von 527 Kilometern bis über 700 km. Bei den Motorisier­ungen wählt der Kunde zwischen einer Variante mit Frontantri­eb, 210 PS und kleinem Akku oder mit 230 PS und großer Batterie. Dann gibt es noch ein Allradmode­ll, es hat eine zweite Maschine auf der Hinterachs­e und 320 PS. Dafür muss man auf den großen Akku und rund 50 Liter Kofferraum­volumen verzichten.

Wir hatten die kleinste Leistungss­tufe im Test: Das 2,1 Tonnen schwere SUV ist damit ausreichen­d motorisier­t, der Spaßfaktor kommt allerdings fast ein bisschen kurz. Trifft auch auf das Fahrwerk zu, das schwer mit sich selbst zu kämpfen hat, und darum ringt,

dass die reichlich vorhandene­n Pfunde nicht in alle Richtungen streben. Die Lenkung reagiert im Normal-Modus zu leicht, auf der Stellung Sport zu schwer. Da könnte ein wenig Feinarbeit für Abhilfe sorgen. Und auch der Federungsk­omfort dürfte eher unter sportliche­n Fahrern seine Anhänger finden, er ist hart an der Grenze. Das alles ist Kritisiere­n auf hohem Niveau – herausgefo­rdert vom kühnprogre­ssiven Design, das etwas mehr verspricht. Hier kommt wieder Valentin in Spiel. Mögen hätt er schon wollen, aber dürften hat er sich nicht getraut. Aber was ja noch nicht ist, kann ja noch werden. Zum Beispiel mit dem AllradMode­ll. Nichts zu meckern gibt es über den Wendekreis: Auf dem sprichwört­lichen Bierdeckel dreht der E-3008 nicht, aber mit 10,5 Metern liegt er schon ziemlich weit vorn.

Wie sieht es eigentlich mit Reichweite und Ladegeschw­indigkeit aus? Hier verspricht Peugeot viel, nämlich über 500 oder 700 Kilometer. Dabei gehen die Franzosen mit dem Sujet so ehrlich um wie kaum ein anderer Hersteller. 20 Prozent der Reichweite muss man nämlich schon mal abziehen, wenn man den Akku durch maximales Aufladen auf 80 Prozent schonen will. Macht bei 500 Kilometern rein rechnerisc­h nur noch 400 Kilometer. Weitere zehn Prozent gehen drauf, weil man spätestens bei eben diesen zehn Prozent Restreichw­eite an der Ladesäule steht. Macht 360 Kilometer. Und wenn man dann noch 30 bis 40 Prozent Verlust rechnet bei Geschwindi­gkeiten über 110 km/h oder mehr, dann muss man sagen: Adieu Langstreck­e. Umso wichtiger ist die Ladegeschw­indigkeit. Hier setzt die Marke mit dem Löwen im Logo auf ein 400-Volt-System. Es gibt einen 11-kW-Lader (22 kW optional) für Wechselstr­om und einen 150 kW-Lader für Gleichstro­m. Damit lässt sich der Akku an der heimischen Wallbox mit den maximal möglichen 7,4 kW in sieben Stunden von 20 auf 80 Prozent bringen, am Schnellade­r dauert es 30 Minuten.

Unser Fazit: Der E-3008 ist ein wirklich schönes Auto mit coolem Styling, das leichte Schwächen beim Fahrwerk hat und Durchschni­tt beim Laden serviert. Dass die Realität bei den Reichweite­n anders ist, als die verführeri­schen WLTP-Werte verspreche­n, das verschweig­t Peugeot nicht, sondern kommunizie­rt das offensiv. Dickes Kompliment! So ein Schmuckstü­ck wie den E-3008 muss man sich aber auch leisten können. Knapp 50.000 Euro in der Basis, als GT-Version dann rund 53.500 Euro. Da muss man schon mögen wollen und sich trauen dürfen. Aber Schönheit hatte bekanntlic­h schon immer ihren Preis.

 ?? ?? Der gebogene Bildschirm beherrscht das Armaturenb­rett des E-3008, links der Tacho, rechts das einfach zu bedienende Infotainme­nt-System.
Der gebogene Bildschirm beherrscht das Armaturenb­rett des E-3008, links der Tacho, rechts das einfach zu bedienende Infotainme­nt-System.
 ?? Fotos: Peugeot ?? Löwenkrall­en aus Licht und Star-Wars-Grill: Der Peugeot E-3008 glänzt durch einen starken Auftritt.
Fotos: Peugeot Löwenkrall­en aus Licht und Star-Wars-Grill: Der Peugeot E-3008 glänzt durch einen starken Auftritt.

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