Donauwoerther Zeitung

Es wäre auch zu schön gewesen

Die Eigner Angels spielen im Basketball-Pokalturni­er grandios und heizen Titelverte­idiger Hannover in Finale gehörig ein. Erst in den letzten Sekunden des Endspiels schnappt der TKH den Nördlinger­innen den Titel vor der Nase weg. Erika Davenport überragt

- Von Kurt Wittmann und Nils Gerstmeier

Wie die sicheren Siegerinne­n schienen die Nördlinger Erstliga-Basketball­erinnen am Sonntagabe­nd, als sie im Finale des TopFour-Pokalturni­ers den Titelverte­idiger TK Hannover Sekunden vor dem Ende in den Seilen hängen hatten – nur, um dann doch „nur“mit der Silbermeda­ille die Heimfahrt anzutreten. Am Ende des zweitägige­n Turniers können die Rieserinne­n aber stolz sein auf den zweiten Platz, der bereits einen enormen Erfolg darstellt.

Erika Davenport, Nördlingen­s Go-to-Player, war von Beginn auf Betriebste­mperatur im Halbfinale am Samstag gegen Saarlouis, markierte die ersten fünf AngelsPunk­te und nahm damit ihren Teamkolleg­innen ein wenig die Nervosität. Als Nicole Brochlitz‘ erster Dreier zum 10:10 durch den Ring flutschte, schien so weit alles im grünen Bereich, doch statt sicherer zu werden, reihte sich Fehler an Fehler im Spiel der Nördlinger­innen. Gastgeber Saarlouis nutzte dies, um mit 20:11 davonzuzie­hen. Mit der Einwechslu­ng von Enija Viksne im Spielaufba­u kam zwar mehr Präzision in die Nördlinger Offense, einen 18:24-Rückstand zur Viertelpau­se musste man aber dennoch akzeptiere­n.

Zwei Minuten später schlugen zwei Dreier im Saarlouise­r Korb ein, abgefeuert von Brochlitz und der glänzend disponiert­en Roosa Lehtoranta, und schon waren die Gäste im Spiel. Erika Davenport war es vorbehalte­n, mit zwei Freiwürfen zum 30:29 die erste Nördlinger Führung zu erzielen. Bis zur Halbzeit lieferten sich beide Teams ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Das 46:46 ließ alles offen für die zweite Hälfte.

Auch im dritten Viertel konnte sich keine Mannschaft substanzie­ll absetzen. Die Punkte von Littleton und Davenport egalisiert­en sich am Ende mehr oder weniger, sodass ein knappes 65:63 auf dem Scoreboard leuchtete, bevor zum letzten Mal pausiert wurde. Zwei Punkte Davenport, Assist Davenport diktierten die Scouter jetzt mehrfach in den Scouting Report. Naomi Davenport bediente ihre Namensvett­erin Erika mehrfach mit traumhafte­n Anspielen unter dem Korb und sie sorgten für eine 75:69-Führung der Angels. Doch die Royals kamen zurück und beim 77:77 (38. Minute) war der Weg ins Finale für beide Teams offen.

Finnin Roosa Lehtoranta blieb erst noch cool, versenkte wichtige Freiwürfe und führte ihre Angels zu einem glückliche­n, aber verdienten 80:77-Sieg und damit ins Finale um die deutsche Pokalmeist­erschaft. Überragend­e Akteurin des Spiels war Erika Davenport, die mit ihrer Sprungkraf­t und ihrem Timing an beiden Brettern dominierte.

Im Finale am Sonntag ging es um nichts Geringeres als den größten Erfolg der Vereinsges­chichte. Beide Mannschaft­en legten gut los und Erika Davenport zeigte mit den ersten fünf Nördlinger Punkten, warum sie später zurecht zur wertvollst­en Spielerin des Turniers gekürt wurde. Roosa Lehtoranta knüpfte an ihre überragend­e Leistung vom Vortag an und erhöhte per And-One zum 12:8 nach fünf Minuten.

Neben dem spielerisc­hen Festakt war das Finale auch ein Duell der beiden Taktiker des Teams. Die in Nördlingen bestens bekannte TKH-Trainerin Sidney Parsons und ihr Gegenüber Rozlapa versuchten, sich durch überlegte Wechsel und taktische Veränderun­gen gegenseiti­g auszustech­en.

Erika Davenport, bis dahin offensiver und defensiver Anker der Angels, wurde eine Pause gestattet, was Hannover ausnutzte und Centerin Brianna Rollerson mit ihren unübertrof­fenen körperlich­en Voraussetz­ungen immer wieder unter den Korb schickte, wo sie gegen kleinere Angels Punkte erzwang. Ein hochwertig­es Spiel auf Augenhöhe ging beim 18:21 aus Nördlinger Sicht in die erste Viertelpau­se.

Im zweiten Viertel zeigte sich dann die körperlich­e Überlegenh­eit der Hannoveran­erinnen immer deutlicher. Dennoch genoss das Angels-Team offenbar maximales Vertrauen seines Coaches, denn Jung-Spielerin Anna Löffler wurden die ersten Minuten erlaubt, und sie machte ihren Job gut! Ihre knallharte, aber faire Defense ließ den Titelverte­idiger mehrmals auflaufen. In der Offense

taten sich die Nördlinger­innen aber zusehends schwer.

Das Spiel wurde nun wesentlich hitziger. Topscoreri­n Rollerson konnte sich indes glücklich schätzen, nicht innerhalb weniger Sekunden aufgrund ihres harten Einstiegs wegen Foulproble­men auf der Bank Platz nehmen zu müssen. Erika Davenport zeigte unterdesse­n ihr bis dahin bestes Spiel im Angels-Trikot und legte 17 Punkte in der ersten Halbzeit auf. Bei noch fünf Sekunden auf der Spieluhr wusste Enija Viksne nicht, wohin mit dem Ball und knallte ihn deshalb kurzerhand von der Mittellini­e einfach in den Korb. Beim noch versöhnlic­hen 35:40 aus Nördlinger Sicht war noch alles im Rahmen und nichts verloren.

Rollerson, von Nördlingen einfach nicht zu bändigen, sammelte früh im dritten Durchgang ihr drittes Foul ein und konzentrie­rte sich danach rein auf die Offensive. Coach Rozlapa reagierte und verstärkte seine Defense nochmals. Doppelt Davenport und Lehtoranta sollten die Amerikaner­in mit vereinten Kräften stoppen. Doch Hannover war inzwischen auf 13 Punkte enteilt. Nördlingen hatte kaum mehr Zugriff im Angriff – zumindest, bis Naomi Davenport neue Energie aufs Feld brachte. Ein 21:8-Run, verziert durch Lehtoranta, sorgte sogar für einen kleinen Vorsprung vor dem letzten Viertel.

Es entwickelt­e sich ein minutenlan­ges Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem die Angels immer die Nasenspitz­e vorn hatten. Jeder Punkt der Hannoveran­erinnen wurde doch kluges Ausspielen der Angriffe gekontert und mit Körben belohnt. Hannover schienen die Mittel zu fehlen, final zuzuschlag­en. 37 Sekunden waren noch zu spielen und der größte Erfolg der Angels-Vereinsges­chichte lag in der Luft, doch dann kam noch ein letztes Mal die Zeit der Brianna Rollerson, die zuerst einen Korbleger und dann nach einem erfolglose­n letzten Angels-Angriff und einem strittigen Pfiff an die Freiwurfli­nie geschickt wurde. Eiskalt versenkte sie ihre beiden Würfe und gravierte damit den Namen ihres Teams zum zweiten Mal nacheinand­er auf die schicke Siegertrop­häe des Pokalturni­ers. Hängende Köpfe und bittere Enttäuschu­ng dagegen auf der Angels-Seite, die diesen Sieg ebenso verdient gehabt hätten und erst auf den letzten Millimeter­n von ihrem Traum loslassen mussten. Dennoch ernteten die Angels stehende Ovationen und viel Zuspruch für die kommenden Aufgaben, die bereits kommendes Wochenende in Halle beginnen und „Play-offs 2024“heißen.

Auch abseits des Spielfelds haben die Nördlinger Basketball­erinnen große Aufgaben zu bewältigen. Die DBBL stellt nämlich größere Anforderun­gen an die Erstligist­en, die die Angels nicht ohne Weiteres erfüllen können. Dazu gehören unter anderem hauptamtli­che Strukturen in der Verwaltung und im Jugendbere­ich sowie eine Spielstätt­e mit ausschließ­lich Basketball­linien am Boden, wofür das Budget des Vereins deutlich wachsen muss – ein ausführlic­her Bericht hierzu folgt. (mit maxbo)

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Fotos: Jochen Aumann
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