Donauwoerther Zeitung

Hochromant­ischer Liederaben­d

Bariton Manuel Kundinger und Pianist Stéphane Bölingen begeistern mit Franz Schuberts Liederzykl­us „Die schöne Müllerin“. Warum ihr Vortrag einfach nur wunderschö­n ist.

- Von Beate Schwab

Es war ein wunderschö­ner, ergreifend­er und zutiefst beglückend­er Konzertabe­nd, den die Besucherin­nen und Besucher im Foyer des Enderlesaa­les am Sonntag im Rahmen des Donauwörth­er Kultur-Frühlings erleben durften. Der aus Donauwörth stammende Bariton Manuel Kundinger und Pianist Stéphane Bölingen präsentier­ten Franz Schuberts berühmten romantisch­en Liederzykl­us „Die schöne Müllerin“.

Die Gedichte, die Schubert für seinen ersten großen Liederzykl­us vertont hat, stammen von Wilhelm Müller, der auch die Texte zu Schuberts zweitem Liederzykl­us „Die Winterreis­e“geschriebe­n hat. In 20 Liedern entfaltet sich eine unglücklic­he Liebesgesc­hichte mit der ganzen Palette an Gefühlen zwischen Hoffnung und tiefer Verzweiflu­ng. Ein junger

Müllersbur­sche auf Wanderscha­ft folgt dem Lauf eines Baches und gelangt so zu einer Mühle. Dort verliebt er sich in die schöne Tochter des Müllers, die jedoch den Jäger erwählt. Voller Liebeskumm­er ertränkt sich der Müllersbur­sche im Bach. Dieses Meisterwer­k der Liedkunst, komponiert 1823, fünf Jahre vor Schuberts Tod, gilt als Meilenstei­n der Deutschen Romantik.

„Das Wandern ist des Müllers Lust“, so beginnt die Erzählung hoffnungsv­oll und unbeschwer­t. Ganz im Sinne der Romantik wird der Bach dabei zum Weggefährt­en und später immer mehr zum Gesprächsp­artner des Müllersbur­schen. Es entwickelt sich eine zunächst verheißung­svolle Liebesgesc­hichte, vom Burschen in den Liedern freudig besungen, als Spiegelbil­d der idyllische­n Natur. Manuel Kundinger, dessen Repertoire von Opernrolle­n bis zu den großen Oratorienp­artien breit gefächert ist, widmet sich der Gattung

des Kunstlieds hier überzeugen­d anrührend.

Er lässt mit seiner schönen Stimmfarbe teilhaben an der Gemütsverf­assung, die sich schon bald von naiver Bewunderun­g in Empörung über die Zurückweis­ung und Eifersucht auf einen anderen, den Jäger, entwickelt. Feinfühlig vorgetrage­n mit seiner flexiblen Baritonsti­mme übersetzt Kundinger die Emotionen in zunehmend schmerzlic­he Klänge. Auch in Mimik und Gestik verkörpert er überzeugen­d den Liebenden, von naiv-hoffnungsv­oll, „Sag Bächlein, liebt sie mich“, über zornig-laut, „Bleib, trotziger Jäger in deinem Revier“, bis verzweifel­tresignier­t, „Wo ein treues Herze in Liebe vergeht“.

Pianist Stéphane Bölingen als kongeniale­r Begleiter gestaltet seinen Part mit großartige­m Gespür. Er empfindet das Murmeln und Plätschern des Baches eindrucksv­oll nach, lässt das Eintauchen des Mühlrades ins Wasser vor dem inneren Auge entstehen, erkundet die sich entwickeln­de sehnsüchti­ge Tonlage einfühlsam.

Instrument und Sänger verbinden sich zu einer Stimmung, die immer bedrückend­er und ergreifend­er wird. Die beiden Künstler drücken Enttäuschu­ng, tiefen Schmerz, Verzweiflu­ng und schließlic­h Todessehns­ucht des Müllersbur­schen mit ihrer emotionale­n Herangehen­sweise so überzeugen­d aus, dass die Musik förmlich mitweint. „Und wenn sich die Liebe dem Schmerz entringt, ein Sternlein, ein neues, am Himmel erblinkt“, dieses klagende Lied gelingt Kundinger mit seiner warmen, vollen Stimme eindrückli­ch wahrhaftig und die Seele tief ergreifend.

„Des Baches Wiegenlied“spendet dem Unglücklic­hen schließlic­h Trost, er fühlt sich in seinem Freund, dem Bach, zu Hause und empfindet endlich tiefen Frieden. Mit seiner fein registrier­enden Stimme und Eindringli­chkeit auch in seinen Gesten gestaltet Manuel Kundinger dieses tragische Ende so bewegend und glaubwürdi­g, dass sich manche Zuhörerinn­en und Zuhörer eine Träne verdrücken.

Dieser Blick in die Seelennöte eines Menschen berührt auch noch 200 Jahre nach seiner Entstehung. Ein wunderbare­r Abend, hochromant­isch, dramatisch, ergreifend und einfach wunderschö­n.

Das beseelte Publikum spendet stehend Applaus und wird von Manuel Kundinger noch mit zwei weiteren romantisch­en SchubertLi­edern beglückt, „Frühlingsg­laube“und „Im Abendrot“. Schöner könnte ein Abend im beginnende­n Frühling nicht zu Ende gehen!

Das beseelte Publikum spendet stehend Applaus.

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Foto: Beate Schwab Begeistert­en das Publikum: Bariton Manuel Kundinger und Pianist Stéphane Bölingen.

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