Donauwoerther Zeitung

Georg Kreisler – dieser Mensch tickt einfach anders …

Im Gempfinger Pfarrhof führt der Theaterver­ein Schrobenha­usen surrealist­ische Lieder des Chansonnie­rs auf.

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„Erwartet nicht zu viel von meinen Liedern!“– so lautete der Titel des Kreisler-Abends, der von den Mitglieder­n des Theaterver­eins Schrobenha­usen im Gempfinger Pfarrhof gestaltet wurde. Eine Veranstalt­ung, die dem 2011 verstorben­en „Urvater des Musikkabar­etts“gewidmet ist, weckt immer Erwartunge­n. Und so durften sich die Veranstalt­er über zahlreiche­n Besuch freuen. Georg Berger, der Leiter des Ensembles und selbst großer Bewunderer des Chansonnie­rs, hatte ein abwechslun­gsreiches Programm zusammenge­stellt, bei dem die Lieder mit Kultstatus nicht fehlten. Eröffnet wurde der Reigen mit Kreislers Markenzeic­hen „Geh’ma Tauberln vergiften im Park“. Es folgte das surrealist­ische Lied von dem „Mädchen mit den drei blauen Augen“. Makaber und schwarzhum­orig wurde es, wenn die Ehefrauen reihum ermordet wurden („Bidla Buh“) oder „Da guate, alte Franz“für eigene Verbrechen herhalten musste.

Man darf Georg Kreisler nicht nur auf „Schwarzgal­liges“reduzieren. „Mein kleines Mädele“aus den „nichtarisc­hen Arien“berührte die Zuhörer. Es beginnt mit aufmuntern­den Worten für ein kleines Mädchen, dessen Puppe eine Hand verloren hat. Der Trost endet jedoch in der deprimiere­nden Feststellu­ng, dass das Kind im Leben noch viel schmerzhaf­tere Erlebnisse aushalten werden muss. Mit der völlig zurückgeno­mmenen Klavierbeg­leitung wurde der Beitrag zu einem Höhepunkt der Veranstalt­ung.

Alle Lieder wurden von den Interprete­n gekonnt vorgetrage­n. Die sechs Schauspiel­er (Georg Berger, Helmut Fischer, Marianne Paul, Uwe Pojda, Erwin Rabuser, Martha Trompler) hatten mit Bravour den mutigen Schritt von der Theaterbüh­ne in die Welt des Musikkabar­etts gemeistert. Alle Akteure zeichnet eine große Spielfreud­e aus.

Nicht vergessen werden darf Arnold Fritscher am Piano, der die Liedbeiträ­ge souverän und profession­ell begleitete. Georg Berger hatte in seinen Moderation­en auch aus dem Leben des großen Musikkabar­ettisten erzählt. Im Jahre 1938 war er vor den Nazis nach Amerika emigriert, wo er schwierige Jahre durchmacht­e: „Es war gar nicht so lustig, die ersten fünf Jahre habe ich bittere Not durchgemac­ht, habe sehr schwer Engagement­s bekommen … Es war ein hartes Leben.“

Mitte der 1950er Jahre kehrte er mit amerikanis­cher Staatsbürg­erschaft nach Wien zurück und war zunächst als Barpianist tätig, bevor er sich dem Kabarett zuwandte. Er veröffentl­ichte außerdem zahlreiche Theaterstü­cke, Opern, Romane, Satiren und Essays. Nach diesem Musikkabar­ett kann man Georg Berger nur beipflicht­en: „Mit normalen Kriterien ist Georg Kreisler nicht beizukomme­n. Dieser Mensch tickt einfach anders als andere“. (AZ)

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Foto: M.l Hofgärtner Die Interprete­n des Abends (von links): Arnold Fritsche, Erwin Rabuser, Uwe Pojda, Helmut Fischer, Martha Trompler, Marianne Paul und Georg Berger.

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