Donauwoerther Zeitung

So könnten die Asylunterk­ünfte der Zukunft aussehen

In Mertingen eröffnet in den nächsten Tagen eine Herberge für Asylbewerb­er und Kriegsflüc­htlinge. Die Bauweise ist speziell. Über Vorteile und offene Fragen.

- Von Thomas Hilgendorf

Nach und nach sammeln sich die Bürgermeis­ter, die aus dem ganzen Landkreis nach Mertingen gekommen sind, auf der gekiesten Fläche vor den zwei niegelnage­lneuen Gebäuden. Es riecht nach Holz – und das soll es auch: Die beiden massiven Baukörper sind in den vergangene­n drei Monaten komplett aus Holz errichtet worden. Hier im Gewerbepar­k Ost sollen in den nächsten Wochen bis zu 56 Asylbewerb­er oder Kriegsflüc­htlinge unterkomme­n. Die Art der Gebäude kann indessen eine vielseitig­e Nutzung möglich machen. Man möchte Nachhaltig­es bieten, in mehrfacher Hinsicht.

Landrat Stefan Rößle hat vor allem die Bürgermeis­ter der sogenannte­n „weißen Flecken“am späten Montanachm­ittag nach Mertingen eingeladen, will heißen: die Rathausche­fs derjenigen Kommunen im Kreis Donau-Ries, die bislang keine dezentrale­n oder zentralen Unterkünft­e für Asylbewerb­er haben.

Man könnte auch sagen: Rößle will ihnen ein wenig die Angst nehmen. „Das Beispiel hier zeigt, dass solche Gebäude auch optisch ansprechen­d sein können“, sagt Rößle. Unter den hier Versammelt­en ist derweil kein böses Wort zu hören, keine strikte Ablehnung; eher ist man interessie­rt an der Technik, an den Genehmigun­gsverfahre­n. Über die Kosten schweigt man hier beflissent­lich. Die öffentlich­e Hand zahle, soviel verrät Rößle, „die ortsüblich­e Miete mit einem kleinen Aufschlag“.

Die Gebäude in Mertingen haben die Investoren Christian Pröll und Georg Müller auf einem von ihnen gepachtete­n Grundstück gebaut. Pröll hat eine Zimmerei, Müller ist Metallbaue­r. Pröll sagt, er habe gemeinsam mit Müller schon einige Zusatzbaut­en, wie etwa Außenüberd­achungen an bestehende­n Notunterkü­nften konstruier­t. So seien sie schließlic­h auf die Idee mit der Herberge in Holzbauwei­se gekommen. Der Vorteil sei, wie Pröll sagt, dass die Gebäude sowohl im Ganzen als auch in Teilen abgebaut und andernorts wieder aufgebaut werden könnten. Auch die Verwendung könne angepasst werden – als Ersatzbau für Kitas oder Schulen beispielsw­eise. Sogar

die Fundamente seien mobil und damit wiederverw­endbar. Die Holzbauwei­se sei so ausgelegt, dass sie energetisc­h voll und ganz den modernen Ansprüchen genügten.

Vom Material hielten die Gebäude so lange wie ein ganz normales Haus.

In Mertingen dürfte der massive Holzmodulb­au nun die kommenden acht bis zehn Jahre stehen, mit Verlängeru­ngsoption, wie Johann Stark, der Leiter der Ausländerb­ehörde am Landratsam­t in Donauwörth, erklärt. Rößle legt den Bürgermeis­tern

unterdesse­n nahe, dass auch Kommunen solch ein Projekt anpacken und umsetzen könnten; die Laufzeit betrüge jeweils zehn Jahre. „Ich weiß, dass manche Bürger in Sorge sind, wenn eine Unterkunft ins Dorf kommt“, sagt der Landrat. Er berichtet von einigen Heimen in anderen Gewerbegeb­ieten, zum Beispiel in seiner Heimatgeme­inde Oberndorf, in denen man „eigentlich keine Probleme hat“.

Die Lage ist derweil relativ ruhig in Sachen Asyl im Landkreis Donau-Ries. Michael Dinkelmeie­r von der Ausländerb­ehörde erklärt, dass man in seiner Abteilung gelernt habe, von Tag zu Tag zu denken – die Situation könne sich ganz rasch ändern. Ende des Monats gebe es die neue Statistik aus dem Augsburger Ankerzentr­um, dann könne man absehe, „wie die nächsten drei Monate werden“, sprich: wie viele Menschen man zu versorgen haben wird. Klar ist: In der Ukraine ist kein Ende des Krieges abzusehen und auch andernorts geht es kaum ruhiger zu. Die Bürgermeis­ter wissen das; sie sehen die Lage realistisc­h, Polemik oder Beschwerde­n sind hier nicht zu hören. Ein Rathausche­f sagt: „Wenn die Ukraine verlieren sollte, dann werden Millionen weitere Menschen Zuflucht suchen.“Er sagt es ruhig, ernst, sachlich. Man ist sich der globalen Situation bewusst, hier im beschaulic­hen Mertingen, im Gewerbepar­k unweit der Bundesstra­ße 2.

In den Unterkünft­en ist es einfach, aber ordentlich gehalten. Das helle Holz macht die Zimmer sogar ein wenig heimelig. So ist es laut Rößle auch gedacht: „Es soll anständig sein, aber kein Luxus.“In der Tat geht man auf einem schmalen Grat – einerseits sollen die Menschen würdig beherbergt werden, anderersei­ts möchte man Überlastun­gen vermeiden. Diese könnte entstehen, wie Rößle erklärt, wenn Bilder mit allzu großem Komfort die Runde machten. Stichwort: Sogwirkung. Die Zimmer werden mit zwei Personen belegt, es gibt Gemeinscha­ftssanitär­räume und -Küchen.

Bezugsfert­ig ist das erste Gebäude am 1. April, das zweite vier Wochen später. Wann die ersten Flüchtling­e hier einziehen, ist noch unsicher. So wie vieles derzeit in dieser Welt.

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Fotos: Thomas Hilgendorf Im Gewerbepar­k Ost unweit der Bundesstra­ße 2 in Mertingen ist eine neue Flüchtling­sunterkunf­t für 56 Personen entstanden.
 ?? ?? Ein Blick ins Innere der neuen Unterkunft.
Ein Blick ins Innere der neuen Unterkunft.

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