Donauwoerther Zeitung

Scharfsinn­ig gegen Wortschwur­bler

Im Gempfinger Pfarrhof liefert Kabarettis­t Holger Paetz eine Buß- und Fastenpred­igt ab, die es in sich hat. Er gibt sich moralisch und hinterläss­t eine sehr vergnügte Gemeinde.

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Gempfing Als Prediger des Herrn, gottesfürc­htig und wortgewalt­ig, tritt Holger Paetz vor seine Gemeinde im Saal des Gempfinger Pfarrhofs. „Fürchtet euch!“ist sein Leitspruch, den er über diesen Abend gestellt hat. Allerdings gilt die erste Ansprache des gestrengen Herrn in der schwarzen Soutane mehr den nicht anwesenden Pappnasen und Wortschwur­blern in den Regierunge­n und politische­n Parteien, die sich allerhand Verfehlung­en vorwerfen lassen müssen. Holger Paetz ist ein unerbittli­cher Moralist und ein scharfsinn­iger Beobachter, geübt im langjährig­en Verfassen der Singspiel-Texte am Nockherber­g.

So liest er zunächst dem bayerische­n Ministerpr­ädidenten die Leviten, zerlegt gestenreic­h die Södersche Aschermitt­wochs-Rede und dessen skurrile Wortschöpf­ungen. Eher Bitternis rufen bei ihm manche Worte hervor, die sich in bayerische­n Gesetzen und Verordnung­en finden, wie etwa die „Entnahme“von Tieren in der bayerische­n Wolf-Abschussve­rordnung. Auch der „Steuergeld gesteuerte Demohopser“Hubert Aiwanger erhält symbolisch­e Backenstre­iche für seinen politische­n Aktionismu­s und seine Wortschwur­beleien.

Bundespräs­ident Frank Walter Steinmeier ist dem Pater manchmal zu salbungsvo­ll in seinen Reden, ihm würde er gerne das Amt des Kirchentag­spräsident­en anbieten. Das eigene Kirchenper­sonal sieht der Fastenpred­iger eher kritisch, eine Floßfahrt auf der Isar mit seinen Amtsbrüder­n endete frühzeitig. Die Hitze, die Musik, das Bier, das „Häusl“auf dem Floß, der Hunger, das Verhalten des geistliche­n Personals treiben ihn schon an der Haltestell­e Mühltal in die Flucht. Was bleibt dem Menschen bei all den Absurdität­en: Abstand halten, den so lautet die Empfehlung des Predigers: „Die Toleranz wächst mit dem Abstand zum Problem“.

Aber auch mit den ganz alltäglich­en Problemen beschäftig­t sich Paetz, wie etwa mit dem desolaten Zustand der deutschen Fußballnat­ionalmanns­chaft. Es wird nix

mehr mit den Filigrante­chnikern, Franz Beckenbaue­r war der letzte. Der Kaiser hat in der Nachkriegs­zeit in Giesing sein Ballgefühl durch Dribbeln mit den weggeworfe­nen Blechdosen der amerkanisc­hen Soldaten trainiert – nun gibt es allerdings keine Blechdosen mehr auf den Straßen.

Paetz verfügt über ein großes Repertoire an Ausdrucksm­öglichkeit­en.

Nach Schweinsbr­aten und Quiche in der Pause bringt er das Publikum mit einem Rap („Der andere ist schuld!“) wieder in Stimmung. Überhaupt steigert sich sein Bußvortrag nun in ein revueartig­es Szenario. Köstlich seine Gedanken beim Hochfahren mit einer U-Bahn-Rolltreppe, oder das Lied „Früher“.

Absurd und bissig seine Assoziatio­nen

und satirische­n Bemerkunge­n zum Abnehmen in der Fastenzeit und zum Fasten und „Entschlack­en“im Allgemeine­n. Weiter geht die Parforce-Tour durchs Leben mit Überlegung­en zur Attraktivi­tät einzelner Körperzone­n bei Männern und Frauen, mit Gedanken zur „Weißen Weste“der Geistlichk­eit (Der kleine weiße Fleck am Kragen ist der

Rest davon), zum Nationalst­olz und zum oftmals im Munde geführten und strapazier­ten Patriotism­us. Pater Paetz weiß zum Abschluss einen Rat für die Gemeinde: „Wenn Sie stolz sein wollen auf ihr Volk, werden Sie Imker!“Damit verließ der strenge Herr und Moralist die Bühne und hinterließ eine belehrte, aber doch vergnügte Gemeinde. (anlö)

 ?? Foto: Michael Hofgärtner ?? Holger Paetz gab sich in Gempfing als spitzzüngi­ger Fastenpred­iger, der begeistert­e.
Foto: Michael Hofgärtner Holger Paetz gab sich in Gempfing als spitzzüngi­ger Fastenpred­iger, der begeistert­e.

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