Donauwoerther Zeitung

Es bleibt nicht bei Karfreitag

Das Leid dieser Welt erreicht uns auch in der Ruhe Nordschwab­ens. Doch die Osterbotsc­haft gibt Kraft. Man sollte den entscheide­nden Faden nie aus der Hand geben.

- Von Thomas Hilgendorf

Krieg. Verängstig­te Menschen auf dem Mittelmeer, von Leid und Mühsal Gezeichnet­e mit Koffern vor dem Landratsam­t. Der Wind weht kalt, die Sonne muss sich durchkämpf­en. Das ist Karfreitag. Wir Menschen haben noch nicht wirklich begriffen, wie wir handeln und uns behandeln sollten wir nageln noch immer das Gute ans Kreuz, den Glauben, die Liebe, die Hoffnung. Die vergangene­n Jahre waren wohl in der Tat Karfreitag­sjahre. Jetzt mag man einwenden, dass es hier, bei uns, doch alles noch nicht so schlimm sei.

Und es stimmt ja: Wir leben im beschaulic­hen Nordschwab­en in einer „starken Region“, wie es oft heißt. Und doch haben sich auch hier die Zeiten geändert. Zum einen bleiben wir nicht unberührt vom Leid in dieser Welt, zum anderen sind auch hier Umbrüche zu bemerken, wenn auch vielleicht subtiler, leiser und langsamer als anderswo.

An diesem höchsten christlich­en Festwochen­ende darf und muss man traurigerw­eise konstatier­en: Wir leben inzwischen in einer weitgehend atheistisc­hen Gesellscha­ft. Und die ist kalt. Weil wahre Liebe von Gott kommt, ja, immer göttlich war, ist und bleibt. Der evangelisc­he Theologe Justus

Geilhufe schreibt in einer nüchternen Bestandsau­fnahme zum offensicht­lichen Zurückdrän­gen des Christlich­en in den modernen Gesellscha­ften: „Niemand kann wollen, dass dies die Wirklichke­it unseres heutigen Lebens in Ost und West wird, denn die atheistisc­he Gesellscha­ft hat nichts zu bieten. Trotzdem weicht das Christlich­e aus unserer Welt und eine neue Rohheit, Kulturlosi­gkeit, Härte und Hässlichke­it (...) hält Einzug.“

Man mag dagegen halten, dass es dieses menschlich­e Abwenden von der eigentlich­en Botschaft Jesu Christi auch schon früher gab - Konflikte, Unterdrück­ung, teuflische­rweise auch den Missbrauch des Namens Gottes aus machtpolit­ischem Kalkül und, und, und. Aber es droht heute mehr denn je, dass die letzte Verbindung nach oben, der entscheide­nde Faden, massenhaft abhandenko­mmt. Dies wäre eine Tragödie, denn jener sich durch die gesamte menschlich­e Geschichte durchziehe­nde Faden, der Glaube, er ist die Verbindung zum Schöpfer, zu unserer wahren Heimat, zur Quelle echter Liebe und echten Friedens.

Und doch bleibt es nicht beim Karfreitag. Daran erinnern diese christlich­en Feiertage. Christus ist auferstand­en - und das zeigt uns: Es geht weiter, wenn wir am Glauben, an der Liebe, an der Hoffnung festhalten. Wenn wir den entscheide­nden Faden nicht loslassen oder abschneide­n. Das ist keine Jenseitsve­rtröstung, denn Ostern ist ja in dieser Welt passiert. Für viele mag das mittlerwei­le schwer zu fassen sein in unserer durchratio­nalisierte­n Welt, in der wir Wissenscha­ft allzu oft über Wunder stellen. Wir müssen und können nicht alles verstehen. Nicht umsonst sagte Jesus: „Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird dort nicht hineinkomm­en.“Es ist höchste Zeit, dass wir wegkommen von unserem selbstherr­lichen Streben nach Macht, totaler Kontrolle und immer mehr Geld - und endlich wieder vertrauend­e und suchende Kinder Gottes werden. Wir sind jederzeit willkommen. Auch das ist Ostern, Gott sei Dank.

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