Es bleibt nicht bei Karfreitag
Das Leid dieser Welt erreicht uns auch in der Ruhe Nordschwabens. Doch die Osterbotschaft gibt Kraft. Man sollte den entscheidenden Faden nie aus der Hand geben.
Krieg. Verängstigte Menschen auf dem Mittelmeer, von Leid und Mühsal Gezeichnete mit Koffern vor dem Landratsamt. Der Wind weht kalt, die Sonne muss sich durchkämpfen. Das ist Karfreitag. Wir Menschen haben noch nicht wirklich begriffen, wie wir handeln und uns behandeln sollten wir nageln noch immer das Gute ans Kreuz, den Glauben, die Liebe, die Hoffnung. Die vergangenen Jahre waren wohl in der Tat Karfreitagsjahre. Jetzt mag man einwenden, dass es hier, bei uns, doch alles noch nicht so schlimm sei.
Und es stimmt ja: Wir leben im beschaulichen Nordschwaben in einer „starken Region“, wie es oft heißt. Und doch haben sich auch hier die Zeiten geändert. Zum einen bleiben wir nicht unberührt vom Leid in dieser Welt, zum anderen sind auch hier Umbrüche zu bemerken, wenn auch vielleicht subtiler, leiser und langsamer als anderswo.
An diesem höchsten christlichen Festwochenende darf und muss man traurigerweise konstatieren: Wir leben inzwischen in einer weitgehend atheistischen Gesellschaft. Und die ist kalt. Weil wahre Liebe von Gott kommt, ja, immer göttlich war, ist und bleibt. Der evangelische Theologe Justus
Geilhufe schreibt in einer nüchternen Bestandsaufnahme zum offensichtlichen Zurückdrängen des Christlichen in den modernen Gesellschaften: „Niemand kann wollen, dass dies die Wirklichkeit unseres heutigen Lebens in Ost und West wird, denn die atheistische Gesellschaft hat nichts zu bieten. Trotzdem weicht das Christliche aus unserer Welt und eine neue Rohheit, Kulturlosigkeit, Härte und Hässlichkeit (...) hält Einzug.“
Man mag dagegen halten, dass es dieses menschliche Abwenden von der eigentlichen Botschaft Jesu Christi auch schon früher gab - Konflikte, Unterdrückung, teuflischerweise auch den Missbrauch des Namens Gottes aus machtpolitischem Kalkül und, und, und. Aber es droht heute mehr denn je, dass die letzte Verbindung nach oben, der entscheidende Faden, massenhaft abhandenkommt. Dies wäre eine Tragödie, denn jener sich durch die gesamte menschliche Geschichte durchziehende Faden, der Glaube, er ist die Verbindung zum Schöpfer, zu unserer wahren Heimat, zur Quelle echter Liebe und echten Friedens.
Und doch bleibt es nicht beim Karfreitag. Daran erinnern diese christlichen Feiertage. Christus ist auferstanden - und das zeigt uns: Es geht weiter, wenn wir am Glauben, an der Liebe, an der Hoffnung festhalten. Wenn wir den entscheidenden Faden nicht loslassen oder abschneiden. Das ist keine Jenseitsvertröstung, denn Ostern ist ja in dieser Welt passiert. Für viele mag das mittlerweile schwer zu fassen sein in unserer durchrationalisierten Welt, in der wir Wissenschaft allzu oft über Wunder stellen. Wir müssen und können nicht alles verstehen. Nicht umsonst sagte Jesus: „Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird dort nicht hineinkommen.“Es ist höchste Zeit, dass wir wegkommen von unserem selbstherrlichen Streben nach Macht, totaler Kontrolle und immer mehr Geld - und endlich wieder vertrauende und suchende Kinder Gottes werden. Wir sind jederzeit willkommen. Auch das ist Ostern, Gott sei Dank.