Donauwoerther Zeitung

Ruhe an der Wolfsfront?

Seit Herbst gab es keine Meldungen mehr über gerissene Nutztiere. Doch es gibt Hinweise, dass nach wie vor Wölfe in der Region leben. Weidehalte­r müssen sich für die Saison vorbereite­n.

- Von Andrea Hammerl

Es ist ruhig geworden um den Wolf. Seit Herbst hat es keine bestätigte­n Wolfsrisse in der Region mehr gegeben, doch mit dem kommenden Frühling müssen sich auch die Schafzücht­er und -halter für die Gefahren der kommenden Weidesaiso­n rüsten.

Auch wenn er nicht für Schlagzeil­en sorgt – der Wolf ist nach wie vor in der Region zwischen Altmühltal und Donau unterwegs. Ein Wildtierri­ss von Anfang Januar ließ sich genetisch zwar nicht bestätigen, aber ein junger Wolf lag am 11. Januar tot im Straßengra­ben. Er war einer der Welpen aus dem Altmühltha­l-Rudel. Er konnte genetisch den Elterntier­en GW1613f und GW2977m zugeordnet werden. Der Kadaver sei von Mitarbeite­rn des Kreisbauho­fs im Straßengra­ben der Kreisstraß­e EI7 zwischen Ochsenfeld und Biesenhart gefunden und in die Pathologie nach Berlin geschickt worden, ist von Landkreiss­precher Manfred

Schmidmeie­r zu erfahren. Vermutlich war der junge Wolf einem Lkw in die Quere gekommen.

Über die Frage, warum es kaum noch Wolfsnachw­eise aus jüngerer Zeit gibt, lässt sich nur spekuliere­n. Es gebe vielfältig­e Gründe, teilt ein Sprecher des Landesamts für Umwelt (LfU) mit, über den gegenwärti­gen Aufenthalt­sort des Rudels gebe es keine weiteren Informatio­nen. „Der Wolf hat ein breites Nahrungssp­ektrum, von Aas über Kleinsäuge­r bis hin zu großen Huftieren“, schreibt er, „der Wolf nutzt die für ihn am leichteste­n zugänglich­e Nahrung, bevorzugt weniger wehrhafte Beutetiere.“

Bei Tauberfeld soll es nach Presseberi­chten einen Rehriss gegeben haben, der dem LfU jedoch nicht gemeldet wurde. Der Buxheimer Kindergart­en hat daraufhin für zwei Wochen seine Waldtage ausgesetzt, da das tote Reh genau dort gefunden wurde, wo sich die Kinder draußen aufhalten. Nach den Ferien soll die Situation neu bewertet werden. „Das ist eine gute Entscheidu­ng, das gibt uns vier Wochen

Zeit, um zu sehen, ob das ein Einzelfall war oder ob dort immer wieder ein totes Reh liegt“, sagt Bürgermeis­ter Benedikt Bauer, der betont, niemand habe Angst vor dem Wolf, es gehe nur um eine Präventivm­aßnahme.

Die Jahreszeit spielt ebenfalls eine Rolle: Im Winter gibt es weniger Weidetiere und wenn einmal ein Wildtier gerissen wird, melden das die wenigsten – zum einen, weil die Jäger nur einen Teil finden, zum anderen, weil es ohnehin keine Entschädig­ung für Wildtiere gibt. Außerdem sind Wildtiere letztlich die übliche, um nicht zu sagen, die gewollte Nahrung für den Wolf – im Gegensatz zu Schafen von der Weide.

Wie diese in der neuen Weidesaiso­n am besten geschützt werden können, ist auch eines der Themen, die im Oktober am runden Tisch im Landratsam­t Neuburg-Schrobenha­usen diskutiert wurden. Auf den Aktionspla­n Wolf, der seit 2019 von den übergeordn­eten Behörden überarbeit­et werden soll, warten die Beteiligte­n allerdings bislang vergeblich.

Eigentlich zuständig wäre die Regierung von Oberbayern, erklärt Landkreiss­precherin Sabine Gooss. Doch da die Behörde vor Ort die Schäfer und Landwirte nicht im Regen stehen lassen will, begleitet unter anderem Julia Prestele von der Unteren Naturschut­zbehörde (UNB) die Tierhalter. Sie berät, wie Weidetiere vor dem Wolf geschützt werden können, und hilft bei den Anträgen. Beim Thema Zaun scheiden sich die Geister, „nicht praktikabe­l, wird übersprung­en oder untergrabe­n“, sagen die einen, andere verweisen darauf, dass der Wolf sich die leichteste Beute hole. Gerhard Grande von der UNB setzt auf den abschrecke­nden Effekt eines Stromschla­gs. Wichtig sei es, in der Aufzuchtze­it der Welpen das vom Vater möglicherw­eise erlernte Verhalten, Weidetiere zu reißen, zu unterbinde­n. „Die Tiere merken sich, wenn sie einen Stromschla­g bekommen“, meint er.

Zäune sind auch aus finanziell­er Sicht das wichtigste Hilfsmitte­l, nachdem Entschädig­ungen für Risse nur gezahlt werden, wenn ein wolfssiche­rer Zaun die Tiere schützte. Hier muss die Behörde mitunter Gratwander­ungen machen, sprich Einzelfall­entscheidu­ngen treffen. So sind Bleche zwischen dem Boden und der unteren

Zaunlitze ein gutes Mittel, um den Wolf am Durchschlü­pfen zu hindern. Anderersei­ts sind sie eigentlich verboten, weil sie auch Kleinsäuge­r stören. „Das ist immer eine Abwägung“, sagt Prestele.

Nach dem runden Tisch liefen im Hintergrun­d weitere Gespräche und Abstimmung­en, erklärt Sabine Gooss. Zwei Schäfer wurden noch einmal im kleinen Kreis mit dem Amt für Landwirtsc­haft und der UNB zu einem Gespräch geladen, alle Schafhalte­r angeschrie­ben und einige hätten auch bereits Anträge für Zäune gestellt.

Auf Nachfrage teilt Pia Schurius vom Landwirtsc­haftsamt mit, dass bis 2022 insgesamt 49 Förderantr­äge, davon 37 aus dem Landkreis Eichstätt und zwölf aus NeuburgSch­robenhause­n bewilligt und auch ausgezahlt wurden. Im Jahr 2023 waren es 34 beziehungs­weise elf, heuer bereits vier beziehungs­weise fünf Anträge. Erfasst sind im Landkreis Eichstätt 107, in Neuburg-Schrobenha­usen 65 Mutterscha­fhalter, Hobbyhalte­r nicht mitgezählt.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Nach wie vor leben Wölfe im Altmühltal und in den angrenzend­en Regionen, auch wenn zuletzt keine gerissenen Nutztiere gemeldet wurden.

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