Kaum noch Interesse an Ostermärschen
3500 Teilnehmer in Berlin, 150 in Augsburg. Scholz: Wir sehnen uns alle nach Frieden.
Trotz der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten mobilisiert die Friedensbewegung in Deutschland bei Weitem nicht mehr so viele Menschen wie früher. Wie die Infostelle Ostermarsch mitteilte, gab es in den vergangenen Tagen bundesweit mehr als 120 Märsche, Friedensgottesdienste oder Kundgebungen. In Berlin kamen 3500 Menschen zusammen, in Stuttgart etwa 2000, andernorts nur wenige Hundert. Auch in Augsburg waren es nur etwa 150 Menschen. Eine Gesamt-Teilnehmerzahl wurde nicht bekannt, allerdings konnten die Demonstrationen nicht annähernd an den Zustrom vergangener Jahrzehnte anknüpfen, als
Hunderttausende etwa gegen die Stationierung von atomar bestückten Pershing-Raketen in Deutschland protestierten.
Angesichts einzelner einseitig russlandfreundlicher und israelfeindlicher Stimmen warnten Vertreter von Bundesregierung und Opposition die Bundesbürger vor Naivität. Die wahren Schuldigen der Kriege in der Ukraine und in Gaza, Russland und die Terror-Organisation Hamas, müssten klar benannt werden. „Wir alle sehnen uns nach einer friedlicheren Welt“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Aber Frieden ohne Freiheit bedeute Unterdrückung, so der SPD-Politiker. Und Frieden ohne Gerechtigkeit gebe es nicht. Scholz betonte: „Deshalb unterstützen wir die Ukraine in ihrem Kampf für einen gerechten Frieden – so lange, wie das nötig ist. Wir tun das auch für uns, für unsere Sicherheit.“
Teilnehmer einer Demonstration in Berlin hatten etwa Schilder mit den Aufschriften „Freundschaft mit Russland – Viva Palästina“, „Frieden in Russland“und „Genozid in Gaza“gezeigt. Auch russische und palästinensische Fahnen waren zu sehen. Gleichzeitig sprachen sich Menschen bei einer Gegen-Kundgebung für eine Unterstützung der Ukraine aus.
Insgesamt dominierten bei den Veranstaltungen in allen Teilen des Landes klassische Forderungen der Friedensbewegung wie die Abschaffung von Atomwaffen und die generelle Abrüstung sowie die Beendigung von Konflikten durch Diplomatie statt Waffengewalt. Willi van Oyen, der Sprecher der Infostelle Ostermarsch, teilte mit, die Bundesregierung sei konkret aufgefordert worden, im UkraineKonflikt auf diplomatische Initiativen zu setzen sowie Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel zu beenden. „Die deutsche Politik trägt große Verantwortung für das Morden in aller Welt. Deshalb wird unser Widerstand gegen Krieg und für Frieden weitergehen.“
CDU-Chef Friedrich Merz sagte, für den Frieden zu demonstrieren, sei alles andere als verwerflich. Über die Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden müsse man allerdings schon noch sprechen. „Und da ist Friedfertigkeit allein keine ausreichende Antwort“, betonte er. Es sei wünschenswert, dass sich die Teilnehmer der Ostermärsche vor allem an den russischen Präsidenten Putin richteten und ihn aufforderten, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine sofort zu beenden. Mehrere Politiker, darunter Merz, Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen und Finanzminister Christian Lindner (FDP) warnten in diesem Zusammenhang vor einem „Einfrieren“des Ukraine-Konflikts, wie es vor Kurzem der SPDFraktionsvorsitzende Rolf Mützenich gefordert hatte. Lindner sagte: „Für die Ukraine geht es um die Existenz als Staat. Und für die Menschen geht es vielfach um das nackte Überleben. Eine solche Situation kann man nicht einfrieren.“
„Friedfertigkeit alleine ist keine Antwort.“
CDU-Chef Friedrich Merz