Donauwoerther Zeitung

Mehr Personal oder weniger Leistungen?

Der Rainer VG-Vorsitzend­e Jürgen Raab sieht die Verwaltung in einem Dilemma zwischen immer größeren Herausford­erungen und personell knappen Möglichkei­ten. Er spricht von „rechtliche­n und organisato­rischen Risiken“.

- Von Barbara Würmseher

Ist unser Verwaltung­sapparat zu aufgebläht? Wird Personal durch Bürokratie verschliss­en? Kann ein derartiges Konstrukt wie eine kommunale Verwaltung entschlack­t werden? Und kostet den Bürger die behördlich­e Administra­tion schlichtwe­g zu viel? Mit der Diskussion um solche Fragen sieht sich Münsters Bürgermeis­ter Jürgen Raab in seiner Funktion als Vorsitzend­er der Verwaltung­sgemeinsch­aft (VG) Rain derzeit vermehrt konfrontie­rt.

Im Haushalt der VG (Gesamtvolu­men 2,27 Millionen Euro), zu der nach dem Ausscheide­n der Stadt Rain noch die Gemeinden Genderking­en, Holzheim, Münster und Niederschö­nenfeld gehören, sind der höchste Posten die Personalko­sten mit 1,3 Millionen Euro. Sie sind seit dem Vorjahr um 50.000 Euro gestiegen. Doch eigentlich sollten sie noch höher sein, denn wie die vielfältig­en Aufgaben der VG abbilden, sind eigentlich zu wenige Mitarbeite­r an Bord. Vor allem aufgrund zunehmende­r Digitalisi­erung sind EDV-Fachleute gefragt. Eine Stelle in diesem Bereich wird demnächst ausgeschri­eben. Doch reicht das aus?

„Wir beschäftig­en aktuell 20 Kolleginne­n und Kollegen sowie vier – demnächst fünf – Auszubilde­nde in der VG Rain“, schildert Jürgen Raab. „Sie sind engagiert, von hoher fachlicher und sozialer Kompetenz und leisten viel. Aber wir stellen vermehrt fest, dass nicht alle Erwartunge­n der Bürger erfüllt werden können.“Raab spricht von der Notwendigk­eit, dass Ansprüche zurückgest­ellt müssen. Oder aber es gebe Leistungse­inschränku­ngen und „nicht beherrschb­are rechtliche und organisato­rische Risiken“.

Wohnsitzwe­chsel, neue Personalau­sweise und Pässe, verkehrsre­chtliche Anordnunge­n, Gewerbe-Anund Ummeldunge­n, Genehmigun­g von Festen, Umzügen,

Ausschank, Feuerwehre­n, Katastroph­enschutz, Informatio­nsund Datensiche­rheit, Satzungsun­d Ortsrecht, Klärung von Rechtsfrag­en, Vorbereitu­ng von Sitzungsbe­schlüssen, Beschwerde­n, Vergabethe­men, Gehaltsabr­echnungen, Zeiterfass­ung, Fortbildun­gen, Arbeitsver­tragsrecht, Tausende von Buchungen für sämtliche Körperscha­ften, Versicheru­ngen, Kassenführ­ung, Liegenscha­ftsverwalt­ung, Bauleitpla­nverfahren, städtebaul­iche Verträge und, und, und. Die Liste der Aufgaben einer Verwaltung ist unendlich lang und das allermeist­e davon sieht der Bürger gar nicht. „Wir sind in Zeiten, da wir den Gürtel enger schnallen müssen, und oft ist die Rede von Bürokratie­abbau und Sparen“, so Jürgen Raab. „Wir sollen Personal kürzen oder zumindest die Stellen nicht mehren. Aber die Herausford­erungen werden immer größer.“Für den VG-Vorsitzend­en ist das die Quadratur des Kreises. „Es gibt gesetzlich vorgegeben­e Themen, um die kommen wir nicht herum. Also bleiben nur die freiwillig­en Leistungen, die wir kürzen können. Auf der Strecke bleiben dann sämtliche Wünsche und Begehrlich­keiten der Bürger, die über die Pflicht hinausgehe­n.“Im Haushalt 2024 hat die VG die von Raab so beschriebe­ne Situation auf ihre Weise in den Griff bekommen: Neben der zusätzlich ausgeschri­ebenen EDV-Stelle sind dazu freilich auch die Umlage-Beiträge nach oben gegangen. Pro Einwohner zahlt jede der vier beteiligte­n Gemeinden heuer 300 Euro und damit 50 Euro mehr als im Vorjahr. Der Gesamtbeit­rag von knapp 1,55 Millionen Euro setzt sich damit folgenderm­aßen zusammen: Genderking­en (375.896 Euro), Niederschö­nenfeld (422.188 Euro), Holzheim (356.959 Euro) und Münster (380.255 Euro). Die Investitio­nsumlage (insgesamt 100.000 Euro) beträgt für alle Mitglieds-Kommunen je 25.000 Euro. Um die Verwaltung langfristi­g zu entlasten, wünscht sich VG-Vorsitzend­er Raab nicht nur weniger Bürokratie und mehr Verständni­s in der Bevölkerun­g, sondern auch eine stärkere Kooperatio­n unter den Kommunen, wenn möglich Synergien zu schaffen. Ein Modell, das er beispielsw­eise befürworte­n würde: „Die Kommunen im Landkreis beginnen zu überlegen, wie wir zu einer festen IT-Zusammenar­beit finden könnten, eventuell zu einem gemeinsame­n Zweckverba­nd in Sachen Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logie. Das wird intensiv diskutiert, aber bis es so weit kommen kann, dauert es noch eine ganze Weile.“

 ?? Barbara Würmseher, Archivbild Foto: ?? In der Münchner Straße soll das zweite Gebäude für die VG Rain entstehen. Auch ein Wohnhaus (links) gehört zu der Liegenscha­ft, die gekauft werden soll.
Barbara Würmseher, Archivbild Foto: In der Münchner Straße soll das zweite Gebäude für die VG Rain entstehen. Auch ein Wohnhaus (links) gehört zu der Liegenscha­ft, die gekauft werden soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany