Das letzte Dorf nur mit eigener Quelle
In Möggingen, das zur Stadt Harburg gehört, stehen die gut 40 Bewohner vor einer Millionen-Investition. So sieht die Lösung des Trinkwasser-Problems aus.
Seit fast 70 Jahren liefert eine Quelle am Riesrand den Bewohnerinnen und Bewohnern von Möggingen zuverlässig Trinkwasser. Damit gehört das Dörfchen, das in einem Tal nahe Großsorheim liegt und zur Stadt Harburg gehört, in der Region zu den ganz wenigen Orten, die ausschließlich eine kleine, eigene Wasserversorgung haben. Doch deren Tage sind gezählt. Die Mögginger sehen sich nicht mehr in der Lage, die nötige Infrastruktur aus eigener Kraft aufrechtzuerhalten. Deshalb sieht sich nun recht unversehens die Stadt Harburg mit einem Millionenprojekt konfrontiert.
In früheren Zeiten gab es keine zentrale Trinkwasserversorgung. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein war in vielen Orten kein Leitungsnetz vorhanden. Die Menschen holten sich das Wasser aus Brunnen. In Möggingen bauten sich die Bürger im Jahr 1955 ein Trinkwassersystem. In Eigenleistung
wurde eine Quelle östlich des Dorfs gefasst, es wurden Leitungen zu den einzelnen Anwesen verlegt und ein Hochbehälter geschaffen, der seitdem auch als Löschwasser-Reservoir dient. Um die Anlagen kümmerte sich der Wasserbeschaffungsverband Möggingen. Dessen Mitglieder waren die Eigentümer der Anwesen.
Vorsitzende Lauter berichtet, dass die Rahmenbedingungen für den Verband in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden seien. Die Auflagen der Behörden seien strenger geworden. Um die Qualität des Wassers zu überwachen, sei fast schon eine hauptamtliche Kraft nötig. Ein Problem sei auch, dass in Möggingen keine Ringleitung existiere, sondern das Wasser permanent aus der Quelle in den Hochbehälter gelange und aus diesem – wenn weniger Wasser verbraucht wird, als zufließt – in einen Bach abgeleitet werde. „Es fließt ganz viel weg“, schildert Lauter. Im vergangenen, regenreichen Winter seien es 50 bis 60 Liter pro Sekunde gewesen.
Das Mögginger Wasser an sich habe eine gute Qualität, jedoch sei das Leitungsnetz marode. Dadurch gelangten Keime in das Trinkwasser. Die Folge: Seit über einem Jahr muss dieses gechlort werden. Der Wassergewinnungsverband beabsichtigte deshalb, die Versorgung auf neue Beine zu stellen. Geschätzte Kosten: 1,4 Millionen Euro. „Eine so große Investition können wir auf keinen Fall stemmen“, merkt Lauter an. Möggingen zähle gerade einmal 23 Haushalte mit insgesamt gut 40 Einwohnern. Die bräuchten im Vergleich zu früher wenig Wasser. Circa 3500 Kubikmeter sind es nach Auskunft von Lauter pro Jahr. Im Dorf, in dem einst auch eine Gaststätte existierte, ist nur noch ein Landwirt aktiv. Würde die Gesamtsumme auf die Haushalte verteilt, müsste jeder von diesen über 60.000 Euro beisteuern. Staatliche Hilfe ist für Verbände grundsätzlich ausgeschlossen.
In dieser Situation beschlossen die Mögginger vor etwa zwei Wochen, den Wasserbeschaffungsverband
aufzulösen. Damit ist automatisch die Stadt Harburg am Zug. Denn laut Gesetz ist die Trinkwasserversorgung eine Pflichtaufgabe der Kommune. Obwohl die Probleme in Möggingen bekannt gewesen seien, sei die jüngste Entwicklung doch überraschend gekommen, bekennt Bürgermeister Christoph Schmidt. Dem allseitigen Bekunden
zufolge soll Möggingen an die Bayerische Rieswasserversorgung (BRW) angeschlossen werden. Das übrige Stadtgebiet bezieht sein Trinkwasser ausschließlich von diesem kommunalen Versorger.
Es seien aber noch einige Fragen offen, erklärt Schmidt. Beispielsweise die, wie die Kosten verteilt werden. Es sei aus dem BRW-Netz eine Zuleitung mit einer Länge von etwa einem Kilometer nach Möggingen notwendig. Hinzu kommt die Erneuerung des dortigen Ortsnetzes, das eine Gesamtlänge von rund 800 Metern aufweist. Ein Trost für die Kommune: Im Gegensatz zu dem Verband kann sie mit staatlichen Zuschüssen rechnen. Bis es eine Lösung gibt, müssen die Mögginger wohl mit dem gechlorten Trinkwasser zurechtkommen.
Im Donau-Ries-Kreis ist die beschriebene Wasserversorgung in dem Dorf schon eine Ausnahmeerscheinung. Kreisweit existieren nach Auskunft des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth 48 Wasserversorgungsgebiete. Praktisch alle kleineren Ortschaften sind an größere Versorger angebunden. Die wiederum vernetzen sich angesichts des Klimawandels zunehmend untereinander. Abgesehen von Möggingen verfügen dem Amt zufolge nur noch zwei Weiler ausschließlich über eigene Quellen: Eitersberg (Gemeinde Fremdingen) und Unterappenberg (Gemeinde Megesheim).
Kommune kann mit staatlichen Zuschüssen rechnen.