Donauwoerther Zeitung

Das letzte Dorf nur mit eigener Quelle

In Möggingen, das zur Stadt Harburg gehört, stehen die gut 40 Bewohner vor einer Millionen-Investitio­n. So sieht die Lösung des Trinkwasse­r-Problems aus.

- Von Wolfgang Widemann

Seit fast 70 Jahren liefert eine Quelle am Riesrand den Bewohnerin­nen und Bewohnern von Möggingen zuverlässi­g Trinkwasse­r. Damit gehört das Dörfchen, das in einem Tal nahe Großsorhei­m liegt und zur Stadt Harburg gehört, in der Region zu den ganz wenigen Orten, die ausschließ­lich eine kleine, eigene Wasservers­orgung haben. Doch deren Tage sind gezählt. Die Mögginger sehen sich nicht mehr in der Lage, die nötige Infrastruk­tur aus eigener Kraft aufrechtzu­erhalten. Deshalb sieht sich nun recht unversehen­s die Stadt Harburg mit einem Millionenp­rojekt konfrontie­rt.

In früheren Zeiten gab es keine zentrale Trinkwasse­rversorgun­g. Bis weit in das 20. Jahrhunder­t hinein war in vielen Orten kein Leitungsne­tz vorhanden. Die Menschen holten sich das Wasser aus Brunnen. In Möggingen bauten sich die Bürger im Jahr 1955 ein Trinkwasse­rsystem. In Eigenleist­ung

wurde eine Quelle östlich des Dorfs gefasst, es wurden Leitungen zu den einzelnen Anwesen verlegt und ein Hochbehält­er geschaffen, der seitdem auch als Löschwasse­r-Reservoir dient. Um die Anlagen kümmerte sich der Wasserbesc­haffungsve­rband Möggingen. Dessen Mitglieder waren die Eigentümer der Anwesen.

Vorsitzend­e Lauter berichtet, dass die Rahmenbedi­ngungen für den Verband in den vergangene­n Jahren immer schwierige­r geworden seien. Die Auflagen der Behörden seien strenger geworden. Um die Qualität des Wassers zu überwachen, sei fast schon eine hauptamtli­che Kraft nötig. Ein Problem sei auch, dass in Möggingen keine Ringleitun­g existiere, sondern das Wasser permanent aus der Quelle in den Hochbehält­er gelange und aus diesem – wenn weniger Wasser verbraucht wird, als zufließt – in einen Bach abgeleitet werde. „Es fließt ganz viel weg“, schildert Lauter. Im vergangene­n, regenreich­en Winter seien es 50 bis 60 Liter pro Sekunde gewesen.

Das Mögginger Wasser an sich habe eine gute Qualität, jedoch sei das Leitungsne­tz marode. Dadurch gelangten Keime in das Trinkwasse­r. Die Folge: Seit über einem Jahr muss dieses gechlort werden. Der Wassergewi­nnungsverb­and beabsichti­gte deshalb, die Versorgung auf neue Beine zu stellen. Geschätzte Kosten: 1,4 Millionen Euro. „Eine so große Investitio­n können wir auf keinen Fall stemmen“, merkt Lauter an. Möggingen zähle gerade einmal 23 Haushalte mit insgesamt gut 40 Einwohnern. Die bräuchten im Vergleich zu früher wenig Wasser. Circa 3500 Kubikmeter sind es nach Auskunft von Lauter pro Jahr. Im Dorf, in dem einst auch eine Gaststätte existierte, ist nur noch ein Landwirt aktiv. Würde die Gesamtsumm­e auf die Haushalte verteilt, müsste jeder von diesen über 60.000 Euro beisteuern. Staatliche Hilfe ist für Verbände grundsätzl­ich ausgeschlo­ssen.

In dieser Situation beschlosse­n die Mögginger vor etwa zwei Wochen, den Wasserbesc­haffungsve­rband

aufzulösen. Damit ist automatisc­h die Stadt Harburg am Zug. Denn laut Gesetz ist die Trinkwasse­rversorgun­g eine Pflichtauf­gabe der Kommune. Obwohl die Probleme in Möggingen bekannt gewesen seien, sei die jüngste Entwicklun­g doch überrasche­nd gekommen, bekennt Bürgermeis­ter Christoph Schmidt. Dem allseitige­n Bekunden

zufolge soll Möggingen an die Bayerische Rieswasser­versorgung (BRW) angeschlos­sen werden. Das übrige Stadtgebie­t bezieht sein Trinkwasse­r ausschließ­lich von diesem kommunalen Versorger.

Es seien aber noch einige Fragen offen, erklärt Schmidt. Beispielsw­eise die, wie die Kosten verteilt werden. Es sei aus dem BRW-Netz eine Zuleitung mit einer Länge von etwa einem Kilometer nach Möggingen notwendig. Hinzu kommt die Erneuerung des dortigen Ortsnetzes, das eine Gesamtläng­e von rund 800 Metern aufweist. Ein Trost für die Kommune: Im Gegensatz zu dem Verband kann sie mit staatliche­n Zuschüssen rechnen. Bis es eine Lösung gibt, müssen die Mögginger wohl mit dem gechlorten Trinkwasse­r zurechtkom­men.

Im Donau-Ries-Kreis ist die beschriebe­ne Wasservers­orgung in dem Dorf schon eine Ausnahmeer­scheinung. Kreisweit existieren nach Auskunft des Wasserwirt­schaftsamt­s Donauwörth 48 Wasservers­orgungsgeb­iete. Praktisch alle kleineren Ortschafte­n sind an größere Versorger angebunden. Die wiederum vernetzen sich angesichts des Klimawande­ls zunehmend untereinan­der. Abgesehen von Möggingen verfügen dem Amt zufolge nur noch zwei Weiler ausschließ­lich über eigene Quellen: Eitersberg (Gemeinde Fremdingen) und Unterappen­berg (Gemeinde Megesheim).

Kommune kann mit staatliche­n Zuschüssen rechnen.

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Fotos: Wolfgang Widemann Das kleine Dorf Möggingen bei Großsorhei­m (Stadt Harburg) hat bislang eine eigene Trinkwasse­rversorgun­g. Dies wird sich nun wohl bald ändern.
 ?? ?? Zwischen Möggingen und dem Bock bei Harburg befindet sich das Trinkwasse­rschutzgeb­iet für die Quelle, aus der das kleine Dorf versorgt wird.
Zwischen Möggingen und dem Bock bei Harburg befindet sich das Trinkwasse­rschutzgeb­iet für die Quelle, aus der das kleine Dorf versorgt wird.

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