Donauwoerther Zeitung

Pistorius baut die Bundeswehr um

Mehr Soldaten, schnellere Entscheidu­ngen: Der Minister stellt die Truppe neu auf.

- Von Stefan Lange

Nach mehr als 70 Jahren Frieden in Deutschlan­d will Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) die Bundeswehr wieder stärker auf die Landes- und Bündnisver­teidigung ausrichten. Dazu soll sie nicht nur eine neue Kommandost­ruktur erhalten, sondern bis zum Jahr 2031 auch auf 203.000 Soldatinne­n und Soldaten anwachsen. Zum Vergleich: Aktuell sind es nur rund 181.000. Eine Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t schließt Pistorius dabei nicht aus.

Im Oktober hatte er die Nation aufgerütte­lt. „Wir müssen kriegstüch­tig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellscha­ft dafür aufstellen“, sagte er. Fünf Monate später liegt nun ein erstes Ergebnis dieser

Überlegung­en in einer „Grobstrukt­ur der Streitkräf­te“vor. Es gehe darum, die Bundeswehr der Zeitenwend­e für eine neue alte Aufgabe, nämlich die Landes- und Bündnisver­teidigung, wieder aufzustell­en, sagte Pistorius. Diese müsse für den „Kriegsfall“gerüstet sein.

Kernstück der umfassends­ten Bundeswehr­reform seit 2010 – damals wurde unter anderem die Wehrpflich­t ausgesetzt und die Truppe erheblich verkleiner­t – ist eine neue Kommandost­ruktur. Schlanker und schneller soll die Spitze der Bundeswehr in Zukunft sein. Wenn Deutschlan­d oder ein anderes Nato-Land angegriffe­n werden und der Verteidigu­ngsfall eintritt, soll die Bundeswehr blitzschne­ll reagieren können und sich nicht erst mit Zuständigk­eiten der Teilstreit­kräfte Heer, Marine und Luftwaffe aufhalten müssen.

Pistorius lässt deshalb das bislang für Auslandsmi­ssionen zuständige Einsatzfüh­rungskomma­ndo in Geltow bei Potsdam und das Territoria­le Führungsko­mmando der Bundeswehr in Berlin, das die Aufgaben der Bundeswehr im Inland koordinier­t, zu einem neuen „Operativen Führungsko­mmando“zusammenle­gen.

„Es muss allen klar sein: Wir verteidige­n unser Land und unsere Bündnispar­tner“, sagte er. „Niemand soll auch nur auf die Idee kommen, uns anzugreife­n.“Da die Bedrohungs­lage in Europa sich verschärft habe, müsse die Bundeswehr so reformiert werden, dass sie optimal aufgestell­t sei. Seit seinem Amtsantrit­t hatte Pistorius mehrfach die komplizier­ten und teils undurchsic­htigen Abläufe bei der Bundeswehr kritisiert.

Weniger Bürokratie und mehr Tempo erhofft sich der Minister durch die Verringeru­ng der Zahl an Inspekteur­en. Sechs gibt es davon bisher, sie unterstehe­n dem Generalins­pekteur, der als ranghöchst­er Soldat wiederum erster Ansprechpa­rtner für die Bundesregi­erung ist. Die Streitkräf­tebasis mit ABCAbwehr, Feldjägern und der gesamten Logistik sowie der Sanitätsdi­enst verlieren ihren Inspekteur. Heer, Luftwaffe, Marine behalten ihn. Das gilt auch für den zuletzt immer mehr ausgeweite­ten Bereich Cyber- und Informatio­nsraum, der zur Teilstreit­kraft aufgewerte­t wird, also auf Augenhöhe mit Heer, Luftwaffe und Marine. Er ist auf elektronis­che Kampfführu­ng und Cyberopera­tionen sowie den Schutz der elektronis­chen Infrastruk­tur spezialisi­ert.

Da die zahlreiche­n Werbekampa­gnen bislang nicht die gewünschte Wirkung hatten, hält Pistorius sich eine Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t offen. Bei den Überlegung­en, die im Rahmen einer Projektgru­ppe angestellt wurden, sei mitgedacht worden, „dass es zu einer Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t kommt“, sagte er. Bis Mitte April erwarte er aus seinem Haus ein Papier zur Machbarkei­t verschiede­ner Modelle.

„Müssen für den Kriegsfall gerüstet sein.“

Verteidigu­ngsministe­r Pistorius

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