Donauwoerther Zeitung

Was steckt hinter der Nähe der AfD zu Russland?

Der frühere bayerische Parteichef Petr Bystron steht im Verdacht, Geld aus dubiosen Quellen bekommen zu haben. Brisante Geheimdien­stinformat­ionen bringen die Rechtspopu­listen vor der Europawahl in Erklärungs­not.

- Von Michael Stifter

Im bayerische­n Landtag sind Elena Roon und Andreas Jurca keine großen Nummern. Umso erstaunlic­her, dass die deutschspr­achige Ausgabe des Fernsehsen­ders RT (früher Russia Today) den beiden kürzlich so viel Sendezeit spendierte. Wer den AfD-Politikern, die als Studiogäst­e eingeladen waren, dann aber zuhörte, erkannte schnell das Kalkül des Kreml-freundlich­en Propaganda­senders. Die Landtagsab­geordneten machten sich nach einem Kurztrip durch Russland selbst zu Kronzeugen dafür, dass beim Wahlsieg von Präsident Wladimir Putin alles lupenrein zugegangen sei. Nur was steckt hinter der Nähe der AfD zu Russland? Seit einigen Tagen steht dazu ein ungeheuerl­icher Verdacht im Raum. Im Zentrum der Turbulenze­n: der frühere bayerische AfD-Chef Petr Bystron. Es geht um russische Desinforma­tionskampa­gnen und vertraulic­he Gespräche, die der tschechisc­he Inlandsgeh­eimdienst BIS mitgeschni­tten haben soll, und es geht um Geld. Die Aufnahmen deuten nach Recherchen der tschechisc­hen Zeitung Denik N darauf hin, dass der Bundestags­abgeordnet­e Bystron nicht nur in Kontakt mit der prorussisc­hen Internetpl­attform „Voice of Europe“stand, sondern auch aus dubiosen Quellen bezahlt worden sein könnte. Die brisanten Dateien wurden bislang nicht veröffentl­icht, doch ein tschechisc­hes Regierungs­mitglied, das nicht namentlich genannt werden will, sagt dazu: „Sie können die Übergabe von Geld als Audio belegen.“

Bystron bestreitet die Vorwürfe. Nachdem ihn die AfD-Vorsitzend­en Alice Weidel und Tino Chrupalla zu einer Stellungna­hme aufgeforde­rt hatten, versichert­e er schriftlic­h: „Zu keinem Zeitpunkt habe ich von einem Mitarbeite­r von VoE (oder irgendeine­m Russen) Geldzahlun­gen oder Kryptowähr­ungen bekommen.“Er sprach von einer „Diffamieru­ngskampagn­e“. Der Fall ist auch deshalb so brisant, weil Bystron bei der Europawahl im Juni auf dem zweiten Platz der AfD-Liste kandidiert und damit beste Chancen hat, ins Europaparl­ament einzuziehe­n.

Schon lange warnen Experten, dass Russland massiv versucht, Einfluss auf Wahlergebn­isse und politische Entscheidu­ngen zu nehmen. Diese Art der hybriden Kriegsführ­ung ziele darauf ab, „Demokratie­n in Europa von innen auszuhöhle­n und zu untergrabe­n“, sagte Außenminis­terin Annalena Baerbock am Rande eines NatoTreffe­ns. Neben Bystron sind auch Politiker aus anderen Ländern ins Visier der Geheimdien­ste geraten.

Die AfD sieht sich mehr denn je mit der Frage konfrontie­rt, ob sie sich von Putins Propaganda instrument­alisieren lässt. Maximilian Krah, AfD-Spitzenkan­didat bei der Europawahl, riet Bystron, bis zur Klärung der Vorwürfe keine Wahlkampfa­uftritte mehr zu absolviere­n. Auch Krah selbst hatte „Voice of Europe“mindestens zwei Interviews gegeben, steht aber offenbar nicht im Verdacht, Geld bekommen zu haben.

Nicht zum ersten Mal gerät die in Teilen rechtsextr­emistische Partei wegen ihres Verhältnis­ses zu Moskau in die Schlagzeil­en. Auf ihrem Landespart­eitag hatte die AfD Bayern im vergangene­n Jahr eine „Dialoginit­iative für Frieden in Europa“beschlosse­n, in der sie Waffenlief­erungen an Kiew und die „massenhaft­e“Ausbildung ukrainisch­er Soldaten in Bayern anprangert, Serbien und Ungarn als Vorbild nennt, die Wiederaufn­ahme der Zusammenar­beit des bayerische­n Landtags mit dem Parlament in Moskau fordert und davor warnt, der „Eskalation­sstrategie der Administra­tion Biden“zu folgen. Als im Februar Putin-Gegner Alexej Nawalny unter ungeklärte­n Umständen in einem russischen Lager starb und dessen Witwe kurz danach auf der Münchner Sicherheit­skonferenz auftrat, sprach AfD-Chef Chrupalla von einer „Inszenieru­ng“.

 ?? Foto: Christoph Soeder, dpa ?? Petr Bystron war Chef der bayerische­n AfD.
Foto: Christoph Soeder, dpa Petr Bystron war Chef der bayerische­n AfD.

Newspapers in German

Newspapers from Germany