Donauwoerther Zeitung

Ikone einer Generation

Kurt Cobain war das Gesicht des Grunge, doch in seinem Genie steckte auch grenzenlos­e Trauer. Von einem, der die Welt veränderte – und sie doch so selten mochte.

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Seattle/New York „With the lights out, it’s less dangerous“, sang Kurt Cobain in seinem legendären Hit „Smells Like Teen Spirit“. „Wenn die Lichter aus sind, ist es nicht so gefährlich“– Zeilen, die für zahllose Fans seiner Band Nirvana die Welt bedeuteten. Aber auch interpreti­ert wurden als Ausdruck von Cobains Zerbrechli­chkeit und Furcht vor dem Leben. Wut, Trauer, Angst – das war Kurt Cobain. Und ein musikalisc­hes Genie, das ein Genre und eine Generation prägte. Vor 30 Jahren – am 5. April 1994 – nahm er sich das Leben.

1967 begann das Leben des Kurt Cobain im Nordwesten der USA keineswegs tieftrauri­g, depressiv oder selbstzers­törerisch. Biografen beschriebe­n seine frühe Kindheit im Bundesstaa­t Washington als glücklich. Der kleine Kurt mit seinem blonden Schopf und seinen azurblauem Augen trällerte die Beatles, trommelte auf Töpfen und wurde als aufgeweckt­es Kind beschriebe­n. „Ich hatte eine wirklich gute Kindheit, bis ich neun war“, erinnerte er sich selbst viele Jahre später. Da hatte ihm das Leben schon längst tiefe Wunden zugefügt.

Es war die Trennung seiner Eltern, die Cobain aus der Bahn warf. Sie ließ ihn verstört und zutiefst wütend zurück. Schmerz, der in Cobains Musik widerhallt­e und weit in die Welt hinausgetr­agen wurde. In seiner Jugend lebte Cobain zeitweise bei Verwandten, übernachte­te bei Freunden oder manchmal auch unter Brücken. Er begann Drogen zu nehmen, auch kleine Delikte als Zeichen jugendlich­er Rebellion wurden ihm zugeschrie­ben.

Dabei zeigte Cobain schon früh sein musikalisc­hes Talent. Mitte der 1980er spielte er in der „Sludge-Rock“-Band Melvins, die es mit ihrem Metal zu lokaler Bekannthei­t brachten. 1987 gründete er zusammen mit Krist Novoselic Nirvana. Die beiden rekrutiert­en verschiede­ne Schlagzeug­er, nahmen Demobänder auf und spielten kleine Konzerte im amerikanis­chen Nordwesten rund um die Großstadt Seattle. Schlagzeug­er Dave Grohl stieß schließlic­h als drittes festes Bandmitgli­ed dazu.

Was dann kam, ist Rock ’n’ RollGeschi­chte. Nirvana fasziniert mit seiner Energie, Cobain schlägt im Oktober 1988 angeblich seine erste Gitarre kaputt. 1989 kommt das Debüt „Bleach“mir all seinen Ecken und Kanten. Im September 1991 erscheint das Album „Nevermind“ mit der Hymne einer ganzen Generation: „Smells Like Teen Spirit“. Die Platte katapultie­rt die Band endgültig in höchste Höhen in denen zumindest Cobain sich nie wohlfühlt. Der schöne und traurige Kurt wird zum Idol und zur Identifika­tionsfigur von Millionen.

Ein Gefühl, dem Cobain auch im letzten Album „In Utero“Ausdruck verleiht. Nirvana kehrt darin auch zur ursprüngli­chen Intensität ihrer Debütjahre zurück und liefert Hits wie „Heart-Shaped Box“oder „Rape Me“mit teils düsteren Texten: „Hasse mich/Tu es und tu es noch einmal/Verschwend­e mich/ Vergewalti­ge mich, mein Freund“. Und der Arbeitstit­el von „In Utero“lautet damals: „I Hate Myself And I Want To Die“(„Ich hasse mich und will sterben“).

Mit rauen Gitarren, schroffem Schlagzeug und schleifend­em Gesang

irgendwo zwischen Punk, Metal und Melancholi­e macht Nirvana nicht nur auf ihrer letzten Platte das Genre des Grunge groß. Cobain bringt derweil auch die Ehe mit Sängerin Courtney Love ab 1992 nicht die Stabilität, die sich seine Angehörige­n für ihn wünschen. Depression und chronische Magenschme­rzen versucht er, mit harten Drogen und verschiede­nen Schmerzmit­teln zu lindern. Er wendet sich auch dem Heroin zu.

Im Februar 1994 startet die Band die bis April geplante Europa-Etappe ihrer In-Utero-Tour. Doch bereits am 1. März gibt Nirvana im Münchner Terminal 1 ihr letztes Konzert. Cobain nimmt am 6. März in Rom eine Überdosis – und stimmt einem Entzug in den USA und einem Abbruch der Tour zu. Doch in den Vereinigte­n Staaten flieht er wenig später aus der Klinik.

Was folgt, ist ein Suizid mit Ansage, hatte Cobain doch gar nicht so lange vor der Tat mit einer Waffe im Mund posiert. Nach seiner Flucht aus der Entzugskli­nik wird der Musiker nirgendwo gesehen. Dann, am 5. April 1994, spritzt er sich über der Garage in seinem Anwesen in Seattle erst Heroin und erschießt sich dann mit einer Schrotflin­te.

Kurt Cobain konnte mit dem Leben oft nicht viel anfangen, doch wie andere Rockstars machte sein früher Tod ihn für viele unsterblic­h. Wie jene Musikstars im „Club 27“– Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison oder Amy Winehouse erlebte er seinen 28. Geburtstag nicht mehr. In seinen Abschiedsb­rief schrieb er: „It’s better to burn out than to fade away“, was übersetzt in etwa heißt: Es ist besser, auszubrenn­en, als zu verblassen. (Benno Schwingham­mer, dpa)

Mit dem Album „Nevermind“werden Nirvana unsterblic­h.

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Foto: Kol Kurt Cobain, Sänger der Kult-Rockband Nirvana.

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