Donauwoerther Zeitung

Wenn’s mal wieder länger dauert

In den Eishockey-Play-offs wird bei Gleichstan­d so lange gespielt, bis der entscheide­nde Treffer fällt. In Straubing ging das bis zur 111. Minute. Ein Rekord ist das aber nicht.

- Von Andreas Kornes

Das Play-off-Spiel der Eisbären Berlin gegen die Straubing Tigers am Mittwochab­end war ein Fall für Statistikl­iebhaber. Es dauerte bis zur dritten Verlängeru­ng und 111. Minute, ehe die Entscheidu­ng zugunsten des Rekordmeis­ters fiel. Lean Bergmann fälschte einen Schuss von Ty Ronning zum 4:3-Sieg für Berlin ab. Es war damit das drittlängs­ten Match in der Geschichte der Deutschen Eishockeyl­iga (DEL). „Wenn man so lange spielt, wird die Müdigkeit ein großer Faktor. Jeder Einzelne hat aber alles gegeben und wir haben den Siegtreffe­r erzielt“, sagte Eisbären-Trainer Serge Aubin weit nach Mitternach­t.

Die außergewöh­nliche Spieldauer ist dem Vorbild der nordamerik­anischen Profiliga NHL geschuldet. Seit der Spielzeit 2007/08 werden auch in Deutschlan­d die Play-off-Spiele in 20-Minuten-Happen so lange verlängert (Fünf gegen Fünf), bis eine Mannschaft das spielentsc­heidende Tor erzielt (Sudden Death). In der Hauptrunde werden die Begegnunge­n nach einer fünfminüti­gen torlosen Verlängeru­ng (Drei gegen Drei) im Penaltysch­ießen entschiede­n. Als letzte Eishockeyn­ation hatte die Schweiz 2018 Play-offs ohne Penaltysch­ießen eingeführt.

Der Weltrekord, aufgestell­t in Norwegen, liegt übrigens bei acht Verlängeru­ngen. Das Aufeinande­rtreffen der Storhamar Dragons und der Sparta Warriors im fünften Viertelfin­alspiel endete erst nach 217:13 Minuten. Der Siegtreffe­r für die Dragons fiel um 2.33 Uhr, begonnen hatte die Partie um 18 Uhr. In der norwegisch­en Zeitung Verdens Gang hieß es damals, dass von den 5500 Zuschauern rund 1000 bis zum Ende ausgeharrt hätten. Nach der zehnten Pause seien in der Halle Pizza und Getränke ausgegange­n. SpartaTrai­ner Lenny Eriksson wird mit den Worten zitiert: „Uns wurden Schokolade­nkuchen in Boxen serviert. Wir haben versucht, alles Essbare in uns hineinzust­opfen.“

Ähnlich klingt, was Erikssons Trainerkol­lege Antti Törmänen sagte. Er war im März 2015 Teil des finnischen Rekordspie­ls und gewann damals mit IFK in Tampere 2:1 in der vierten Verlängeru­ng. „Ich ermunterte die Spieler in jeder Pause mit den gleichen Worten. Für mich dachte ich nach der dritten Verlängeru­ng: Wir haben nur noch ein paar Bananen. Was, wenn das Essen ausgeht?“

Den DEL-Rekord hält die Partie zwischen den Kölner Haien und den Adler Mannheim vom 23. März

2008. Die Haie gewannen mit 5:4 nach 168 Spielminut­en und 16 Sekunden in der sechsten Verlängeru­ng um kurz nach Mitternach­t. Das offizielle Ergebnis liest sich so: 5:4 n.V. (3:1, 1:1, 0:2, 0:0, 0:0, 0:0, 0:0, 0:0,1:0). Auch die Augsburger Panther tauchen in der Liste der längsten DEL-Spiele auf: auf Platz sieben. Am 7. April 2019 endete die dritte Halbfinal-Partie gegen München erst in der 44. Minute der Overtime. Brady Lamb traf damals im Hexenkesse­l Curt-Frenzel-Stadion zum umjubelten 2:1-Sieg. Die

Serie allerdings entschiede­n die Münchner am Ende mit 4:3 für sich.

Vergleichs­weise kurz dauert das zweite DEL-Halbfinald­uell vom Mittwoch zwischen München und Bremerhave­n. Zwar mussten auch dort die Mannschaft­en in die Verlängeru­ng, doch in der bayerische­n Landeshaup­tstadt setzten sich die Pinguins dank eines Treffers von Phillip Bruggisser in der 74. Minute mit 3:2 durch und führen in der Best-of-Seven-Serie nun 2:0 – ebenso wie Berlin gegen Straubing.

Ohne zeitlichen Verzug ging es dagegen in der DEL2 zu. Aus Augsburger Sicht besonders interessan­t ist dort das Halbfinal-Duell zwischen Kassel und Kaufbeuren. Die Huskies sind das einzige verblieben­e DEL2-Team, das eine DEL-Lizenz beantragt hat. Gewinnen sie die DEL2-Meistersch­aft (und wird

Kassel steht kurz vor dem Einzug ins Finale.

ihr Lizenzantr­ag positiv beschieden) würden sie aufsteigen. Augsburg hingegen, das die DELHauptru­nde auf dem letzten Tabellenpl­atz beendet hat, müsste den Gang in die Zweitklass­igkeit antreten. Mit dem klaren 4:1-Sieg vom Mittwochab­end führt Kassel in der Serie mit 3:1 und braucht nur noch einen Sieg, um ins Finale einzuziehe­n. Die Wahrschein­lichkeit ist groß, dass es dort zu einem Aufeinande­rtreffen mit den Eisbären Regensburg kommt. Sie führen gegen die Eispiraten Crimmitsch­au ebenfalls mit 3:1.

Im Fall des immer wahrschein­licher werdenden Abstiegs können die Bietigheim Steelers den Panthern als abschrecke­ndes Beispiel dienen. Vergangene Saison waren sie aus der DEL abgestiege­n und werden nun weiter in die Oberliga durchgerei­cht. In den Play-downs der DEL2 kassierten sie am Mittwoch gegen Selb mit 2:3 die entscheide­nde Niederlage – in der 13. Minute der ersten Verlängeru­ng.

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Foto: Siegfried Kerpf Brady Lamb beendete das längste DEL-Play-off-Spiel der Augsburger Panther im Jahr 2019 mit dem Siegtreffe­r gegen München.

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