Donauwoerther Zeitung

Meditative­s Strandsamm­eln

Eine bewegende Reise führt über Land und übers Meer direkt ins Herz.

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Nach ihrer Heirat und der Geburt ihrer zwei Kinder musste Sally Huband ihre Arbeit bei einer Naturschut­zbehörde aufgeben. Doch nur Mutter zu sein befriedigt­e die engagierte Naturschüt­zerin und überzeugte Feministin nicht.

Auf der Suche nach einem neuen Lebensinha­lt entdeckt sie das „Beachcombi­ng“, das Strandsamm­eln. Dabei geht es nicht darum, möglichst viele Strände zu sammeln, also zu besuchen, sondern darum, was man an den Stränden findet. Vor allem Plastik, das muss auch Sally erkennen: „Ein Ende des Strandes war mit einer dicken Schicht von angespülte­m Plastikmül­l bedeckt“, schreibt sie: „Ich fand das abstoßend, aber Martin marschiert­e direkt auf den Müll zu und bückte sich, um einen Plastikstr­eifen

aufzuheben.“Martin Heubeck koordinier­te die Registrier­ung der gestrandet­en toten Vögel, die meist an Plastik elendiglic­h zugrunde gingen – und Sally findet eine neue Aufgabe.

Doch an den Stränden entdeckt sie nicht nur Unmengen von Plastik, sondern auch Schätze aus der Natur wie Treibsamen. Sally, die sich auf Shetland in die Sagenwelt und in die Welt der Seevögel und Seehunde eingelesen hat, will eine Seebohne entdecken, die als Glücksbrin­ger gilt. Sally hofft, dass eine Seebohne ihr bei der Bewältigun­g ihrer chronische­n Krankheit helfen könnte.

Mit ihrer Begeisteru­ng für das Sammeln von Strandgut hat sie Mann und Kinder infiziert. Die ganze Familie liebt es, an den

Stränden besondere Schätze zu suchen. Farbiges Meerglas, Relikte havarierte­r Schiffe, Feuerstein­e, Flaschenpo­st. Und Sally gewinnt über ihre Sammel-Leidenscha­ft neue Freunde, die wie sie dem „Beachcombi­ng“frönen. Doch für sie selbst ist das Sammeln von Strandgut mehr, eine Art Andacht an das Leben.

Über ihr Hobby ist sie den Seevögeln näher gekommen, den Robben und den Seehunden – und den Geschichte­n über Mischwesen zwischen Mensch und Tier. Auch darüber schreibt sie in ihrem Buch ebenso wie über frühere Zwangsumsi­edelungen von Inselbewoh­nern, die drohende Zerstörung der Insel-Vegetation durch Windräder und über die Auswirkung­en des Klimawande­ls.

Sally Huband, geboren im Jahr 1974 im britischen Bristol, ist eine genaue Beobachter­in, die mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hält. Ihr Buch ist eine sehr persönlich­e Erzählung über die eigenen Befindlich­keiten, über Frustratio­n, Schmerzen und Niedergesc­hlagenheit, aber auch über Glück, Lebensmut und den Trost aus der Natur. Eine fast philosophi­sche Einladung zu einer Tour über die Inseln im Meer. (li)

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Foto: Alejandro, stock.adobe.com
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DuMont, 348 Seiten, 18,96 Euro

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