Donauwoerther Zeitung

Den Spieß umgedreht

Beim Staatsbesu­ch kann man kulinarisc­h punkten – oder einiges anrichten.

- Von Florian Eisele

Nicht nur Liebe geht bekanntlic­h durch den Magen – auch Völkervers­tändigung funktionie­rt am Essenstisc­h. So geht ja auch ein gewisser Anteil der Liebe für Bella Italia auf die Menükarte der südlichen Nachbarn zurück: Pasta, Pizza und Pesto sind halt einfach prima. Und, klar: Man kann es sich mit der falschen Speisenaus­wahl auch verscherze­n. Unvergesse­n sind die Fischbrötc­hen, die Kanzler Scholz dem französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron und dessen Ehefrau Brigitte zum

Mittagsimb­iss serviert hatte. Die Bilder, auf denen die von der französisc­hen Küche verwöhnten Edelgaumen es mit den Brötchen zu tun bekamen, schmerzen beim Zusehen immer noch. Ach, Olaf!

Deswegen wollte Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier bei seinem Besuch in der Türkei nun auf Nummer sicher gehen – und hatte bei seiner Reise einen gefrorenen Dönerspieß aus einem Berliner Imbiss dabei, sogar dessen Betreiber war Teil der Reisedeleg­ation. Damit, so der Politiker, habe er auf „die Vielfalt der türkischen Community“in der Bundesrepu­blik hinweisen wollen. Sein Gegenüber,

der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, zeigte sich, als er auf das Thema angesproch­en wurde, mürrisch: „Ich glaube, in Istanbul ist der Döner aus.“

Dass Erdogan, der bislang nicht für seinen Sinn für Humor bekannt war, sich aber durchaus auf eine witzige Retourkuts­che versteht, war dann bei der Verabschie­dung des deutschen Staatsober­hauptes zu sehen. Auch beim Mittagesse­n in Ankara bekam Steinmeier von seinem Gastgeber Döner serviert, der dazugehöri­ge Spieß wurde auf einem Balkon des Präsidente­npalastes aufgestell­t. Das nennt sich dann wohl Döner-Diplomatie.

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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Die hohe Kunst der Döner-Diplomatie in Ankara

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