Patric Heizmann; Wie man den inneren Schweinehund dressiert ................
Patric Heizmann gilt als der Ernährungsund Fitnessexperte überhaupt. Er füllt große Hallen und sagt: Der innere Schweinehund ist nicht dein Feind, er ist dein Freund.
Es wäre ja wohl keiner bereit, seine Gesundheit zu verkaufen. Andererseits sind wir nicht wirklich bereit, aktiv was für unsere Gesundheit zu tun. Woran liegt das?
Einer der Gründe ist, es tut aktuell noch nicht weh. Und das, was brisanter ist, wird immer zuerst abgearbeitet – zum Beispiel Berufliches. Erst dann, wenn es irgendwo zwickt und wehtut, kommt man langsam auf den Gedanken, man müsste mal was tun. Es gibt eine schöne Metapher von dem Frosch, der in einen heißen Topf geworfen wird. Der springt sofort wieder raus. Wenn man aber einen Frosch in kaltes Wasser setzt und die Herdplatte andreht, das Wasser ganz langsam immer heißer wird, dann zerkocht er. Weil nicht dieser Impuls kommt, ich muss jetzt was machen. Und so ähnlich ist es bei den Menschen auch. Es tut zwar weh, aber es geht noch. Man nimmt hier und da mal eine Pille, dann ist es wieder weg. Es ist wichtig, eine Vision vom Lifestyle zu haben, den man sich wünscht. Das ist ein wichtiger Ansatz. Ich will zum Beispiel gerne mit 80 mit meinen dann hoffentlich Enkelkindern viel Spaß haben und denen vielleicht sogar sportlich noch was vormachen. Ich möchte ein fitter Opa sein. Das ist ein Ansatzpunkt. Und wir haben nur ein einziges Leben. Wir haben das große Glück, in einem tollen Land zu leben. Und ich bin es einfach auch diesem Glück schuldig, dass ich mich dann proaktiv darum kümmere, das maximal auskosten zu können. Es geht um Selbstverantwortung.
Es gibt unterschiedliche Motivationen. Hilft es manchen auch, nicht ein positives Ziel zu formulieren, sondern ein negatives?
Natürlich. Es gibt zwei Antriebspunkte. Der eine ist Lust bzw. Freude. Der andere ist Schmerzvermeidung. Und was häufig auch funktioniert ist, wenn der beste Freund oder jemand im Familienumfeld plötzlich stirbt. In so einem Schockmoment ist dann wichtig, diese negative Emotion zu nutzen und den ersten Schritt zu machen. Und jetzt kommt das nächste große Problem. Dann wissen die Leute gar nicht, in welche Richtung sie laufen sollen. Mittlerweile werden sie regelrecht erschlagen von In-
Erst dann, wenn es irgendwo zwickt, kommt man auf den Gedanken, etwas zu tun.
formationen und man verzettelt sich total. Da passt doch wunderbar der Spruch: Er stieg auf sein Pferd und ritt in alle Richtungen davon. Man hat keine Ahnung, was jetzt, wie jetzt, wo jetzt. Anstatt sich eine Kleinigkeit vorzunehmen, es zu machen und dann zu reflektieren „hey, das war gar nicht schwer und irgendwie geht es mir besser.“Und dann machen wir den nächsten Schritt. Das ist meine Methode, der Weg der kleinen Schritte. In meinen Firmenvorträgen zum Beispiel zeige ich genau diese einfachen, kleinen Schritte auch, denn die Menschen verbringen einen Großteil der Zeit innerhalb ihres Arbeitsumfelds, also warum nicht auch dort mit kleinen Schritten bezogen auf Ernährung und Bewegung beginnen.
Und die kleinen Schritte geben einem dann wieder Selbstvertrauen, um dann den nächst größeren Schritt zu gehen?
Genau, Hürde niedrig, drüber springen, geschafft. Wenn ich eine Hürde auf zwei Meter setze, schaffen das nur ein paar Extremisten. Der Rest denkt „ach komm, ich lasse es“. Sie kommen wieder in diesen gewöhnlichen Prozess des Alltags. Sie kommen unter die Räder. Weil alles andere interessanter und wichtiger ist als das Langfristige – die Gesundheit.
Grundsätzlich scheinen wir dazu zu tendieren, uns selbst zu überschätzen. Man würde von einem Erstklässler auch keinen Algebra-test verlangen. Das aber tun wir ja, wenn wir uns an neue Projekte ran wagen, zum Beispiel an tägliche Fitness.
Ja, wir überschätzen, was wir innerhalb eines Monats erreichen können, aber unterschätzen, was wir in einem Jahr erreichen können. So ein Jahr ist echt schnell vorbei.
Der innere Schweinehund ist wohl das erste, was einem einfällt, wenn man eine Gewohnheit etablieren will. Wie trainiert man seinen inneren Schweinehund, damit er das tut, was ich von ihm will? Nicht, indem man ihn sieben Tage pro Woche auf eine Schweinehundeschule schickt. Fakt ist, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Aber Gewohnheiten versuchen stets, Ressourcen zu sparen. Alles, was wir aktiv verändern, braucht Ressourcen. Und die sind begrenzt. Wenn irgendwas im Alltag passiert, hat das meist eine höhere Priorität als unser Ziel, sich gesünder zu ernähren. Das heißt, wir müssen immer entscheiden, was uns jetzt gerade besonders wichtig ist. Und genau diese Ressourcen beschützt unser innerer Schweinehund. Da sind wir zurück im alten Muster, weil sie ja auch in der Vergangenheit funktioniert haben. Im Prinzip ist der innere Schweinehund deswegen auch kein Feind, er ist unser Freund. Er beschützt uns vor einer Überlastung oder einem energiezehrenden Veränderungsprozess, der in einer Sackgasse landet, wenn wir ihn mit einer Hau-ruck Methode versuchen „durchzudrücken“. Aber was kann man tun? Wir nehmen diesen Schweinehund und schicken ihn an nur einem einzigen Tag in der Woche auf die Schweinehundeschule. Und dieser Tag heißt bei mir „der perfekte Tag“. Also einen Tag nehmen, sich bewusst an ein paar Regeln halten und das Woche für Woche wiederholen. Dann merken wir sehr bald den Unterschied zwischen diesem perfekten Tag und den noch nicht perfekten Tagen. Dann fängt man automatisch an, bestimmte Handlungen und Regeln vom perfekten Tag in andere Tage zu übernehmen. Nicht alle. Aber hier mal und da mal. Es fühlt sich insgesamt besser an und wir gehen in die richtige Richtung. Das heißt, Sie biegen an der Kreuzung in die richtige Richtung ein.
Der Schweinehund ist ein Freund, der uns vor Überlastung schützt.
Gibt es eine Generalformel, um Fitnessziele zu erreichen?
Nein, es gibt gewisse Grundregeln, die sich auch wunderbar evolutionär erklären lassen. Die meisten Menschen zum Beispiel sind nicht gemacht für eine immense Getreidekost, die wir heute haben. Morgens Müsli, mittags Nudeln, abends das Abendbrot. Das ist dreimal Getreide. Hoch verarbeiteter Weizen kann für den Körper auf lange Sicht durchaus ein Problem werden. Es macht nicht sofort krank. Aber es kann zum Problem werden, das hat mit dem Darm zu tun. Ich versuche in meinen Vorträgen die wichtigsten Grundlagen zu vermitteln. Und die einfachste Ernährungsregel ist tatsächlich, mal vernünftig jagen und sammeln zu gehen – im Supermarkt. 80 Prozent der Produkte im Einkaufswagen sollten keine Zutatenliste haben. Und wenn, dann eine mit maximal fünf verschiedenen Zutaten. Alle Zutaten sind Kunstprodukte. Das sind eher Füllstoffe als Lebensmittel. Die restlichen 20 Prozent im Einkaufswagen sind dann Spaß.
Was waren in deiner Arbeit bisher die schönsten Erfolge?
Ein Highlight war definitiv mein erstes Buch, was schnell zum Bestseller wurde
und ein erstaunliches Feedback ausgelöst hatte. Die darauf folgende Rtl-ausstrahlung meines Bühnenprogramms „Ich bin dann mal schlank“hat laut der Mediadaten zwei Millionen Menschen in der Zielgruppe erreicht. Und mit einem so banalen Thema so viele Menschen mittels Papier und Fernsehen zu erreichen, das ist schon ein Privileg. Das hatte bisher, soweit ich weiß, noch keiner geschafft. Als Buch schon, aber nicht mit einer Art Unterhaltungsshow – Entertainment mit Nährwert eben. Das ist auch einer der Gründe, warum ich als Keynotespeaker auf Firmenveranstaltungen so gerne gebucht werden: ich treffe mit meinem Thema einfach jeden Zuhörer! Und neben den sofort umsetzbaren Tipps gibt es noch viel zu lachen – was ja gut für die Bauchmuskeln ist. Und Erfolge in Bezug auf Menschen könnte ich runterrattern ohne Ende, die kommen praktisch jeden Tag. Von dem einen, der nicht abgenommen hat, aber ein völlig neues Leben führt oder eine Irene Raja, die ausgelöst durch den Besuch meiner Show anschließend 103 Kilogramm abgenommen hat. Also da ist alles mit dabei.
Du wirst von vielen als Gesundheitsguru gefeiert.
Ich will kein Guru sein. Guru heißt, dass die Leute von mir abhängig sind. Das ist genau das, was ich nicht möchte. Ich möchte, dass die Menschen eigenverantwortlich sind, sich selbst kümmern und nicht mir die Verantwortung geben. Ich möchte, dass sie Aha-erlebnisse haben und sagen „hey, ich habe es zum ersten Mal richtig verstanden“. Und dann gehen sie ihren eigenen Weg. Die dürfen gerne immer wieder zurückkommen, um sich noch mal einen neuen Motivationsschub zu holen, aber die sollen nicht abhängig sein. Auch als Fitness-papst diene ich nicht: der Papst hat nur diese eine Wahrheit – die Bibel – und die gilt. Bei mir ist es anders. Ich verpacke das Thema Ernährung anders, aber letztendlich erzähle ich, was viele andere auch erzählen. Ich verpacke es nur einzigartig. Damit die Leute es zum ersten Mal verstehen.
Es gibt nicht nur die eine
Wahrheit.
Diese bildhafte Sprache nutzt du ja zum Beispiel.
Genau, bildhafte Sprache und dann kombiniert mit Humor. Mit Humor öffnet man Herzen. Manche sagen dann „hey, dem höre ich zu, obwohl mich dieses Thema gar nicht interessiert“und plötzlich sagen sie „tolle Idee, kann ich ja mal probieren“. Und schon sind wir bei diesem allerersten wichtigen Schritt.
Was könnte man von deinen Ansätzen generell über Erfolg lernen?
Was ist Erfolg? Erfolg heißt, man hat ein Ziel und v-erfolg-t es konsequent. Um ein Ziel konsequent zu verfolgen und sich links und rechts nicht ablenken zu lassen, brauchen wir erstens Fokus und zweitens einen stabilen Körper. Einen, der nicht durch Krankheiten geplagt ist. Krankheiten lenken extrem ab. Die rauben einem Energie, die man braucht, wenn man nicht nur 100, sondern 102 Prozent bringen muss – also über der Reserve arbeitet. Wer dann die Grundlagen im Körper hat, der hat eine größere Chance, das auch durchzuziehen. Als erfolgreicher Mensch muss man ja manchmal mit dem Kopf durch die Wand. Neben der Motivation braucht es dafür auch eine physische Grundlage. Da spielt zum Beispiel das Hormon Dopamin eine übergeordnete Rolle. Das Dopamin ist immer dann im Spiel, wenn wir Antrieb haben. Und Dopamin braucht einen ganz bestimmten Eiweißbaustein. Wenn wir uns also schlecht ernähren, bleibt zu wenig, um ausreichend Dopamin zu bauen und der Antrieb bleibt aus. Deshalb sind eine gute Ernährung und ein gesunder Körper wichtig für Erfolg. Ich glaube nicht, dass ein Mensch, der gegen viele Widerstände kämpfen muss, mit einer schlechten Lebensführung tatsächlich weit kommt – meist bezahlt er dann in der zweiten Lebenshälfte mit seiner Gesundheit – seiner Lebensgrundlage!
In der Geschäftswelt kann das teuer werden.
Deshalb laden mich Unternehmen ständig ein, ihren Mitarbeitern das Thema näher zu bringen. Ich erkläre denen dann in einer sehr unterhaltsamen Art und Weise, wie man eben ein, zwei, drei Ideen in die Praxis umsetzen kann, um dann mehr Gesundheit zu erreichen, damit auch mehr Leistungsfähigkeit und weniger Krankheitsausfälle. Das lohnt sich: immerhin kostet ja ein Ausfalltag den Unternehmer ca. 300 Euro. Mein Vortrag bringt viele Menschen dazu, sich zumindest mal mit dem Thema auseinanderzusetzen. Hinten raus spart das einem Unternehmen enorm viel
Das Ziel ist, dass sich die Menschen selbst kümmern und ihren eigenen Weg gehen.
Geld. Und nicht nur das: die Leute haben Spaß und sprechen auch noch Jahre später über diese Veranstaltung. Weil ich eben viel mit Humor mache. Und eben nicht nur Zahlen, Daten, Fakten runterrattere, das liegt mir nicht.
Du warst damals Personal Trainer und hast mit bekannten Menschen gearbeitet. Hatten die bessere Voraussetzungen?
Die sind teilweise hilfloser als die informierte Hausfrau. Denn die Erfolgreichen nehmen sich oft weniger Zeit, sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Viele glauben immer noch, Süßes zwischendurch ist eine gute Idee, weil es einen Energieschub bewirkt. Da ist die belesene Hausfrau schon weiter. Die weiß, dass es auf Dauer unklug ist. Alle Menschen machen generell zu 90 Prozent dieselben Ernährungsfehler. Darum habe ich auch ein mein Online-coaching-programm Leichter als du denkst auf den Markt gebracht, in dem die Leute in acht Wochen lernen, wie man es in der Praxis richtig macht. Diese acht Wochen kann sich jeder so einteilen, wie es seine zeitlichen Kapazitäten zulassen, d.h. kein Druck, kein zeitliches Muss, kein starres Konzept… eben leichter als Du denkst. Gesundheit steht im Werteindex vor Freiheit und Erfolg auf
Im ganzen Leben gehtl es nur um Prioritäten.l Zeit haben wirl alle dieselbe,l täglich 24 Stunden.l
Platz 1 und die die Digitalisierung macht Selbstoptimierung, ob nun allein oder in einer Community einfach und überall möglich. Der unglaubliche Erfolg von „Leichter als Du denkst“zeigt mir, dass ich auch da mit meiner Methode den richtigen Weg gegangen bin.
Schlussendlich ist es alles eine Frage der Prioritäten oder?
Ja, und um nichts anderes geht es. Im ganzen Leben geht es nur um Prioritäten. Zeit haben wir alle dieselbe, jeden Tag 24 Stunden.