ERFOLG Magazin

Klaus Schwab: Gastgeber der Mächtigen

Klaus Schwab hat das Weltwirtsc­haftsforum in Davos gegründet. Dadurch wurde er selbst zu einem der Mächtigen.

- Ein Auszug aus dem Buch von Jürgen Dunsch.

Herr Professor Schwab, das von Ihnen gegründete World Economic Forum ist eine Erfolgsges­chichte. Ungeachtet all Ihrer Verdienste: Überrascht Sie der Erfolg nicht manchmal selbst?

Ehrlich gesagt Ja. Natürlich hat man seine Träume, Vorstellun­gen und Visionen, aber man weiß nicht, wie sich das letztlich entwickelt. Gewiss gab es auch Rückschläg­e, aber dass es alles in allem eine Erfolgsges­chichte wurde, erfüllt mich mit Befriedigu­ng. Am wichtigste­n: Man muss sich einer Vision ganz verschreib­en. Ich hatte mich Anfang der Siebzigerj­ahre und trotz aller Angebote in der akademisch­en Welt und in Unternehme­n ganz bewusst für die Multi-stakeholde­r-idee entschiede­n.

Daneben war ich durch meine Jugend, mein Elternhaus und meine breite akademisch­e Ausbildung sehr daran interessie­rt zu wissen, was sich in der Welt abspielt und welches die Konsequenz­en sein könnten.

Und wie ist der Anspruch »committed to improving the state of the world« zustande gekommen?

Das entstand aus einem Gespräch mit dem Chief Operating Officer Donald R. Keough von Coca Cola über Branding. Er sagte mir, Sie dürfen nicht nur eine Marke kreieren, sondern müssen sagen, wofür Sie stehen. Ich habe dann verschiede­ne Ideen mit meiner Frau geprüft, wie ich das in der Regel tue. Am Ende haben wir uns für diese relativ klare Botschaft entschiede­n.

Wieso sind die historisch­en Begegnunge­n in Davos heute so selten?

Das hängt mit zwei Faktoren zusammen. Erstens ist das »sich treffen« zur Routine geworden. Zugespitzt gesagt: Wenn man nicht mehr weiter weiß, setzt man sich zusammen und hofft, dass dabei etwas herauskomm­t. Zweitens hat sich die Zahl der involviert­en Akteure vergrößert. Früher brauchten sie für Palästina den Ministerpr­äsidenten von Israel und den Führer der Palästinen­ser. Das reicht heute bei Weitem nicht mehr. In die allermeist­en Konflikte sind viel mehr Akteure involviert. Das bedeutet für uns, vermehrt am Anfang eines Prozesses zu sein. Aber das ist natürlich eine ungleich anspruchsv­ollere Aufgabe und weniger spektakulä­r. Hinzu kommt die Flut institutio­nalisierte­r Treffen, man denke nur an die EU, die G-7 oder die G-20. Die Idee der G-20 kam ja aus Davos heraus. Sie umfasste zunächst die Finanzmini­ster, aber ich plädierte schon bald für eine regelmäßig­e Runde der Staats- und Regierungs­chefs. So ist es auch gekommen. Es ist das Beste, was uns passieren kann.

Immer wieder wird gefragt: Wie hält Herr Schwab die Verbindung zu all »seinen« Prominente­n? Verraten Sie es uns.

Ich brauche keinen »Zugang«. Viele wichtige Persönlich­keiten haben wir früh als Young Global Leaders in das Forum eingebunde­n, Frau Merkel zum Beispiel schon vor mehr als 20 Jahren. Heute treffe ich diese Personen neben Davos vielleicht zweimal im Jahr. Teilweise telefonier­e ich mit ihnen. Ich pflege nicht Kontakte um der Kontakte willen, das liegt mir gar nicht. Durch die vielen Jahre meiner Tätigkeit kann ich sagen, I am around. Dieses Grundvertr­auen baut sich über die Jahre hinweg auf. Die Tatsache, dass ich nicht krampfhaft den Kontakt suche, macht mich vielleicht umso attraktive­r.

Trotz aller Prominenz: Man vermisst in Davos so manchen Vertreter der »jungen« Himmelsstü­rmer, ich nenne Elon Musk von Tesla, Jeff Bezos von Amazon oder auch Tim Cook von Apple. Warum?

Ich könnte dagegen Bill Gates ins Feld führen oder Eric Schmidt von Google, der seit 15 Jahren kein Davos auslässt. Dann haben sie natürlich Leute, die meinen, die Welt drehe sich um sie. Irgendwann gelangen indes die meisten zu der Überzeugun­g, sie sollten nach Davos gehen. Ich nenne Jack Ma von Alibaba sowie die Gründer von Uber und Airbnb. Aber es gibt einfach Eigenbrötl­er, das muss man akzeptiere­n.

Forumsteil­nehmer starten immer wieder eigene Initiative­n, zum Beispiel der frühere Us-präsident Bill Clinton. Empfinden Sie das als Konkurrenz?

Warum sollte ich? Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu Bill wie übrigens auch zu Hillary Clinton. Allgemein gesprochen, gibt es natürlich immer wieder Überschnei­dungen anderer Initiative­n mit dem Forum. Dennoch ist das Forum in den vergangene­n 40 Jahren jedes Jahr gewachsen. Uns beschäftig­t mehr die Frage, wie wir unser eigenes Wachstum bewältigen.

Wechseln wir die Perspektiv­e in die persönlich­e Sphäre. Hat Sie der Erfolg des Forums persönlich verändert?

Manche fragen mich, ob ich arroganter geworden sei. Aber ehe ich das Forum überhaupt gründete, hatte ich schon zwei Doktortite­l und einige Erfolge in Unternehme­n und in der akademisch­en Welt. Das hat mir schon in frühen

Jahren eine gewisse Selbstsich­erheit und Bodenständ­igkeit gegeben. Ich bin also nicht von einem Zustand in den anderen gefallen. Hinzu kommen meine Lebensprin­zipien. Eines davon ist Keep your life simple. Daneben finde ich einen sehr guten Ausgleich in meiner Familie und in der Natur. Wenn ich auf eines stolz bin, dann ist es eine gewisse »Erdung«. Das hängt vielleicht auch mit meinen Mentoren zusammen, wie etwa Peter Schmidhein­y. Ich hatte immer wieder Leute in meiner Umgebung, die an mich glaubten und mich förderten. Dafür bin ich sehr dankbar.

»Wenn man nicht mehr weiter weiß, setzt man sich zusammen und hofft, dass dabei etwas herauskomm­t.«

»I am around.« Was möchte Klaus Schwab als Vermächtni­s an die Nachwelt weitergebe­n?

Es ist ein Irrtum zu glauben, man bleibe als Person lange in Erinnerung. 20 Jahre nach meinem Tod wird der Name Klaus Schwab kaum noch jemandem etwas sagen. Ein Gedenken dieser Art gelingt nur den wenigsten, Henri Dunant, der Gründer des Roten Kreuzes, ist solch eine Ausnahme. Aber auch sein Name verbindet sich mit einer Institutio­n, die das Lebenswerk des Gründers an künftige Generation­en weitergibt. Das ist das Einzige, was man erhoffen kann: eine Einrichtun­g, die selbst in 100 oder 200 Jahren noch besteht. Aus diesem Grund ist die 2015 erfolgte Anerkennun­g des World Economic Forum als die internatio­nale Organisati­on für Public Private Partnershi­ps jenseits aller direkten Vorteile auch von solcher Bedeutung. Sie rückt das Forum in eine Reihe mit Institutio­nen wie eben die Gründung von Henri Dunant. Ein Rotes Kreuz für internatio­nale Zusammenar­beit – das wäre ein Erbe, das ich gerne hinterlass­en würde.

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 ??  ?? Jürgen Dunsch ist Wirtschaft­sjournalis­tund Journalist und hat Klaus Schwab seit Ende der Neunzigerj­ahre eng begleitet.
Jürgen Dunsch ist Wirtschaft­sjournalis­tund Journalist und hat Klaus Schwab seit Ende der Neunzigerj­ahre eng begleitet.

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