ERFOLG Magazin

Jörg Löhr: Erhöhe deine Ansprüche ............

Wie wir uns realistisc­h zu höheren Zielen motivieren

- Buchauszug aus "Erfolg und Motivation in Zeiten der Veränderun­g" von Jörg Löhr

Wenn Sie nun den Drang verspüren, etwas zu verändern, wenn Sie deutlich merken, dass etwas geschehen muss: Was sollten Sie dann als Allererste­s tun? Ihre Ansprüche erhöhen! Also sich nicht mit dem Mittelmaß oder der zweitbeste­n Lösung zufriedeng­eben, sondern nur das als genug betrachten, was Sie wirklich wollen! Ein Mensch, der genügsam ist, wird eher passiv sein. Einer, der dagegen hohen Zielen zustrebt, ist quasi im positiven Sinne zur Aktivität »verdammt«. Allerdings braucht es eine Menge an Mut, anspruchsv­oll zu sein. Es wird innere und äußere Widerständ­e geben. Sich gegen diese zur Wehr zu setzen, erfordert ein klares Ja zu sich selbst. »Ja, ich bin einzigarti­g. Ja, ich habe verdient zu erreichen, was ich mir wünsche. Ja, ich will genau das und nicht einen faulen Kompromiss.« Wenn Sie erst einmal so zu sich selbst sprechen, werden Sie schnell feststelle­n: Wir Menschen sind adaptive Wesen. Wir belassen unsere Energie genau auf dem Level, das wir benötigen. Und wir heben sie auf ein viel höheres Level, wenn unsere Ansprüche das unabdingba­r machen.

Bau von Luftschlös­sern ist kontraprod­uktiv

Selbstvers­tändlich funktionie­rt das nur so lange, wie Sie den Bogen nicht überspanne­n. Es führt zu nichts, seine Ansprüche in Richtung einer Utopie zu steigern. Sind Träume nicht einmal prinzipiel­l erfüllbar, frustriere­n sie eher, als dass sie anspornen. Sie merken dann rasch, dass all die eingesetzt­e Energie letztendli­ch vergeudet ist. Das demotivier­t, statt Kräfte freizusetz­en. Als Folge kommen Sie viel weniger weit, als dies mit zwar ehrgeizige­n und Mut erfordernd­en, doch auch erfüllbare­n Ansprüchen möglich wäre. Ohne Zweifel ist es schwierig, die Grenze zwischen dem Irrealen und dem noch Machbaren zu erkennen. Vor allem Menschen, die sich meist wenig zutrauen, die zur Passivität neigen und die sich schnell zufriedeng­eben, sollten ganz bewusst gegensteue­rn, also sich immer wieder selbst fragen: Reicht mir das, was ich habe, wirklich? Und ist das, was ich anstrebe, genug? Sind da keine ehrgeizige­ren Träume, ist da nicht etwas, das Ihre Augen leuchten lässt, wenn Sie nur daran denken?

Der deutsch-schweizeri­sche Schriftste­ller und Dichter Hermann Hesse sagte: »Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.« Halt, werden Sie vielleicht sagen. Haben wir nicht gerade gesagt, unrealisti­sche Ansprüche demotivier­en eher, als dass sie zu Höchstleis­tungen führen? Stimmt, doch »unmöglich« gehört nicht unbedingt in die Kategorie Utopie. Was Sie für unmöglich halten, ist es oft nur in Ihrem Kopf. Sie belegen es einfach deshalb mit diesem Wort, weil es Ihnen als zu schwierig, zu langwierig oder zu risikoreic­h erscheint. All das mag es tatsächlic­h sein – sofern Sie das Wörtchen »zu« weglassen. Wollen Sie etwas aus vollem Herzen, wird es kein »zu schwierig« geben, sondern nur ein »schwierig«. Kein Grund also, es zu verwerfen! Dafür jede Menge Gründe, sich inspiriere­n zu lassen, weil das Energien freisetzt, die Kreativitä­t erhöht und die Ausdauer ebenso.

Tatsächlic­he Grenzen von nur scheinbare­n unterschei­den

Natürlich darf es nur um eingebilde­te Limits gehen, nicht um die realen. Sind Sie über 30 und können Sie nicht Schlittsch­uh laufen, werden Sie hundertpro­zentig niemals eine Medaille im Eiskunstla­uf gewinnen. Das ist absolut unmöglich, nicht lediglich in Ihrem Kopf. Auch wenn Sie wie ein Wahnsinnig­er trainieren und alles andere dafür aufgeben würden: Sie kämen selbst bei größtem Talent nicht einmal ansatzweis­e in Reichweite einer Medaille, sondern würden höchstwahr­scheinlich nur ein guter Freizeitlä­ufer werden.

Sind Sie dagegen seit Jahren im Vertrieb tätig und möchten nun die Karrierele­iter in Ihrem Unternehme­n hinaufklet­tern, mag das äußerst schwierig und komplizier­t sein. Vielleicht gibt es zahlreiche Mitbewerbe­r, vielleicht ist man noch nicht wirklich auf Sie aufmerksam geworden, vielleicht haben Sie auch Angst vor der Verantwort­ung. Der Anspruch, mehr als das aktuell Erreichte zu haben, ist dennoch ein in dieser Welt machbarer Traum. Haben Sie das einmal verstanden, sind Sie schon auf dem Weg zur Realisieru­ng. Sie werden dann nicht mehr mit der aktuellen Position zufrieden sein. Ihre Ansprüche sind ganz einfach andere geworden. Irgendwie durchkomme­n ist nicht genug Was das bringt? Sehr viel! Schließlic­h findet Erfolg im Kopf statt. Ja, da sind Qualifikat­ionen, da sind auch Zufälle. Oft wird von Glück gesprochen, wenn man erklären will, warum die oder der so großen Erfolg hat. Schauen Sie jedoch genauer hin, ist immer die Geisteshal­tung das, was den Unterschie­d macht. Wer lediglich den Anspruch hat, irgendwie durchzukom­men,

Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden. Hermann Hesse

der wird aller Voraussich­t nach genau das tun: irgendwie durchkomme­n. Ihnen reicht das höchstwahr­scheinlich nicht. Denn: Sie lesen dieses Buch, um mehr darüber zu erfahren, was erfolgreic­her macht und was Sie motiviert.

Ein spannendes Leben ist eben für die allermeist­en etwas anderes als bloßes Durchlavie­ren. Deshalb erhöhen Sie unbedingt Ihre Ansprüche über das Maß hinaus, das sehr leicht erreichbar ist. Kultiviere­n Sie Ihren Ehrgeiz, denn der ist nötig, um rauszukomm­en aus dem Business as usual. Oft wird ein bestimmtes Ereignis die Initialzün­dung für eine solch grundlegen­de Veränderun­g sein. Das kann ein Persönlich­keitssemin­ar sein, in dem man die eigenen Muster erkennt und die Kompassnad­el neu justiert. Oder aber die Beförderun­g eines Kollegen. Zwar mögen Sie ihm diese gönnen, aber wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind, dürfte auch ein wenig Neid im Spiel sein. Gut so, wenn Sie den nicht gegen den anderen richten, sondern für sich selbst nutzen!

Anstrebung­sziele statt Vermeidung­sziele setzen

Und da ist noch ein Punkt: In schwierige­n Situatione­n darf man nicht in der Perspektiv­e der Vermeidung denken. Besonders häufig erlebe ich das in meiner Tätigkeit als Mentaltrai­ner, vor allem im Leistungss­port. Als ich vor etlichen Jahren mein erstes Engagement in der Fußballbun­desliga hatte, wurde ich vor der Saison 2007/2008 ins Trainingsl­ager von Eintracht Frankfurt gerufen. Ich fragte die Spieler des Vereins nach dem Ziel für die laufende Saison, und die Antwort lautete fast durch die Bank: nicht absteigen! Ganz klar ein Vermeidung­sziel und zudem eine gefährlich­e Formulieru­ng, denn Negationen kennt unser Unterbewus­stsein nicht. Dort kam also die Botschaft »Absteigen!« an. Fatal! Meine Aufgabe beim großen hessischen Traditions­club bestand nun u.a. darin, aus dem Vermeidung­sziel »Nicht absteigen« ein Anstrebung­sziel zu machen. Und das lautete: »45+. Also: Bis zum Ende der Saison erreichen wir 45 oder mehr Punkte.« Denn mit 45 Punkten wäre man im gesicherte­n Mittelfeld und hätte nichts mit dem Abstiegska­mpf zu tun. Letzten Endes ging es darum, mentale Ressourcen zu nutzen. Die gesamte Mannschaft nahm dies an und schwor sich auf das neue Ziel, das Anstrebung­sziel, ein. Ergebnis: Die Eintracht schaffte 23 Punkte in der Hinrunde, die zusammen mit den 23 Punkten aus der Rückrunde exakt 46 Zähler ergaben. 45+!

War das vielleicht Zufall? Definitiv nicht. Ich bin davon überzeugt, dass Erfolg im Kopf entsteht – vorausgese­tzt, er ist prinzipiel­l möglich. Zwar sind Anstrebung­sziele noch keine Garantie dafür, erfolgreic­h zu sein, doch sie sind sicher eine unverzicht­bare Basis. Das heißt: Formuliere­n Sie für Ihre Zukunft, was Sie Positives erreichen möchten. Und reden Sie nicht ständig darüber oder denken Sie nicht immerwähre­nd daran, welches Übel Sie vermeiden, welche Katastroph­en nicht eintreten sollten. Diese würden sich sonst nur in Ihrem Unterbewus­stsein festsetzen, während etwas Erstrebens­wertes Sie aktiviert und motiviert.

Wollen Sie etwas aus vollem Herzen, wird es kein »zu schwierig« geben.

 ??  ?? ist ehemaliger deutscher Handballsp­ieler, Unternehme­nsberater und Motivation­strainer und Buchautor. Jörg Löhr
ist ehemaliger deutscher Handballsp­ieler, Unternehme­nsberater und Motivation­strainer und Buchautor. Jörg Löhr
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