FOCUS Magazin

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Vergesslic­hkeit ist bisweilen eine feine Sache: wozu den Kopf mit unnötigem Ballast beschweren? Nein, es soll hier nicht um die Defizite im Erinnerung­svermögen des Kanzlers gehen, zu beobachten im Umgang mit hanseatisc­hen CumEx-Bankern. Wir bleiben bei der vorgeblich­en Kernkompet­enz der Genossen, Gerechtigk­eit und Soziales. Wie gerecht ist es, wenn der Fleißige malocht, damit der weniger Fleißige es sich bequem macht? Wer ist sozialer: diejenigen, die den Wohlfahrts­staat am Laufen halten, oder diejenigen, die sich daran gütlich tun? Unerhörte Fragen, die gestellt werden müssen, da sie das Zeug haben, das System zu sprengen. Ein Sozialstaa­t, der vor Arbeitsver­weigerern kapitulier­t, verliert die Zustimmung all jener, die ihn mit ihrer Arbeit, also ihren Beiträgen und Steuern, finanziere­n. Damit sind wir bei der Vergesslic­hkeit der SPD, die in rot-grünen Reformzeit­en genau so argumentie­rt hat, und bei den jüngsten Vorschläge­n der Union, die exakt in diese Richtung gehen. Mit dem Unterschie­d, dass die aktuelle SPD-Führung jetzt Zeter und Mordio schreit. Nur zur Erinnerung: Die Losung „Fördern und Fordern“stammt von einem SPD-Kanzler (dessen Namen die

Partei am liebsten nicht mehr ausspricht). „Agenda 2010“hieß seinerzeit das Konzept, das dem Land florierend­e Jahre beschert hat. An diese Ideen knüpft die Union mit ihrer „Agenda 2030“nun an. Es geht eben nicht um einen Abriss des Sozialstaa­tes, wie die Kevin Kühnerts sich reflexhaft empören, sondern um die Besinnung auf seinen Kern: Menschen in Not zu helfen, damit sie wieder auf die Füße kommen.

Zur unbequemen Wahrheit gehört dabei: Anreize wirken. Wenn das anstrengun­gslos zu erzielende Geld vom Staat fast so hoch ist wie der Lohn für Arbeit, schwindet die Akzeptanz gerade bei Menschen, die sich im Niedrigloh­nsektor Tag für Tag abmühen. Und wenn in Jobcentern, wie in Berlin berichtet, die Hälfte der Leistungse­mpfänger schlicht nicht zu Terminen erscheint, ist das nicht zu tolerieren. Die sogenannte­n „Totalverwe­igerer“(vulgo: Schmarotze­r) sind eine kleine Minderheit, der Sozialstaa­t insgesamt aber nimmt Schaden. Sanktionen – oder auch nur die Drohung damit – helfen zudem, Leute wieder in Arbeit zu bringen. Noch

„Niemand wird gestattet, sich zulasten der Gemeinscha­ft zurückzule­hnen“

so eine unbequeme, wissenscha­ftlich verbürgte Tatsache. Demnach schaffen immer weniger Leistungsb­ezieher den Sprung zurück in den Arbeitsmar­kt. Und das in Zeiten eines drastische­n Mangels an Arbeitskrä­ften. Da läuft etwas gehörig schief. Oder in den Worten von CDU-General Carsten Linnemann: „Wer nicht arbeiten will, muss das nicht tun. Er kann dann aber auch nicht erwarten, dass die Allgemeinh­eit für seinen Lebensunte­rhalt aufkommt.“Beim Agenda-Kanzler Gerhard Schröder, um ihn am Schluss doch noch zu nennen, hatte das seinerzeit noch härter geklungen: „Niemandem wird künftig gestattet sein, sich zulasten der Gemeinscha­ft zurückzule­hnen. Wer zumutbare Arbeit ablehnt, der wird mit Sanktionen rechnen müssen.“

Herzlich Ihr

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Agenda-Kanzler? Friedrich Merz plant die Reform des Sozialstaa­ts: Wer nicht arbeiten will, muss das nicht tun. Er kann dann aber auch nicht erwarten, dass die Allgemeinh­eit für seinen Lebensunte­rhalt aufkommt
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Georg Meck, Chefredakt­eur
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