FOCUS Magazin

Von ungebildet­en Grünen in Frankfurt und RAF-Freunden in Berlin

- von Helmut Markwort

Montag

In Frankfurt am Main haben junge Grüne in einer nächtliche­n Aktion Straßensch­ilder beklebt. Sie haben Schilder angebracht mit dem Text:

„Diese Straße ist nach einem Antisemite­n benannt.“Sie fordern die Umbenennun­g von Straßen, die an Martin Luther, Richard Wagner und Theodor Fontane erinnern sollen.

Die Aktion lässt darauf schließen, dass die jungen Grünen wenig gebildet und bestimmt nicht belesen sind.

Ich wage zu behaupten, dass der berühmte Frankfurte­r Bürger Marcel Reich-Ranicki gegen ihre Vergangenh­eitsstürme­rei protestier­t hätte. Die Stadt Frankfurt, die ihn 1984 mit der GoethePlak­ette und 2002 mit dem renommiert­en Goetheprei­s geehrt hat, hätte sicher auf seine Stimme gehört.

Marcel Reich-Ranicki war ein glühender Verehrer des Werkes von Theodor Fontane. In der „Frankfurte­r Allgemeine­n“nannte er ihn den „größten deutschen Romancier der Epoche zwischen Goethe und Thomas Mann“.

In seinem Buch „Die Anwälte der Literatur“schwärmt er von Fontanes Lebensleis­tung als Theaterkri­tiker. Schon als Schüler hatte er eine Arbeit über Fontane als Abituraufs­atz vorgeschla­gen.

Später musste Marcel Reich, wie er damals hieß, ins Ghetto nach Warschau. Seine Eltern wurden in den Gaskammern von Treblinka ermordet. Er selber konnte der Deportatio­n ins Vernichtun­gslager durch eine abenteuerl­iche Flucht entkommen.

In Deutschlan­d wurde er zum berühmtest­en und einflussre­ichsten Literaturk­ritiker. Seine Begeisteru­ng für Fontane blieb. Sie vertiefte sich noch.

Reich-Ranicki hat alles von ihm gelesen: die Romane „Frau Jenny Treibel“und „Effi Briest“, viele Theaterkri­tiken und auch die Briefe, in denen Fontane über Juden gelästert hat. Reich-Ranicki hat sie den weiblichen Figuren jüdischer Herkunft gegenüberg­estellt, die Fontane in seinen Romanen liebevoll porträtier­t hat. Reich-Ranickis Urteil: „Er war weder Philosemit noch Antisemit. Er war ein Schriftste­ller, der gerne alles mit einem Fragezeich­en versah.“

Reich-Ranicki hätte den ungebildet­en Grünen etwas vorgelesen und leidenscha­ftlich für den Straßennam­en in seiner Stadt Frankfurt gekämpft. Ich behaupte das auch, weil ich in seiner Wohnung zu Gast war. Dort hing ein Porträt Fontanes im Wohnzimmer an der Wand.

Dienstag

Die RAF hat immer noch Sympathisa­nten. Und wahrschein­lich sogar Helfer. In Berlin-Kreuzberg, in Bremen und in Niedersach­sen.

Nachdem die Terroristi­n Daniela Klette mit dreißigjäh­riger Verspätung festgenomm­en wurde, versammelt­en sich in Berlin etwa 600 Vermummte und forderten ihre Freilassun­g. Sie drehten das Recht um und protestier­ten gegen „Staatsterr­orismus“.

In Bremen und vor dem Frauengefä­ngnis in Vechta wurde zur „Solidaritä­t mit Daniela“aufgerufen. Angemeldet hatte die Demonstrat­ionen eine freigestel­lte Betriebsrä­tin, die Mitglied bei Ver.di und der Linksparte­i ist.

Klettes mutmaßlich­e Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub müssen Hinweise aus diesem Milieu nicht fürchten. Vermutlich haben ihre Nachbarn in Berlin von ihrer Vergangenh­eit nichts gewusst.

Sie ahnten nicht, dass gesuchte RAFMitglie­der zwischen ihnen lebten.

Nach der öffentlich­en Fahndung werden sie ihnen helfen. Schließlic­h sei die „Stadtgueri­lla“, so heißt es im Aufruf, „Teil linker Politik“.

Für die ermordeten Opfer und deren Angehörige finden sie kein Wort.

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Freunde der RAF In Berlin-Kreuzberg fordern Vermummte die Freilassun­g von Daniela Klette
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Verfolgung Marcel Reich-Ranicki hätte Theodor Fontane gegen die Grünen verteidigt
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