FOCUS Magazin

Business-Lunch

Das Gespräch muss die „Hauptspeis­e“sein…

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Ich mag es, mich im kleinen Kreis bei einem kleinen Arbeitsess­en auszutausc­hen, mit Kolleginne­n und Kollegen, mit Mitarbeite­nden, mit Geschäftsp­artnern und Kunden, natürlich ganz besonders mit Freunden.

Essen ist Kommunikat­ion. In den USA nennt man es facetime, wenn man sich trifft und miteinande­r von Angesicht zu Angesicht redet. Wir brauchen kommunikat­ives Handeln. Der Austausch von Informatio­nen über die neuen Medien ist natürlich sehr wertvoll und weltumfass­end notwendig, aber ein Gespräch und dies, wenn und wann immer möglich, bei einem kleinen Mittagesse­n, ist unersetzli­ch.

Das Glück kommt beim Essen, sagen die Franzosen. Und sie, die Experten des Savoir-vivre, müssen es wissen.

Natürlich nicht allein das Glück des Genusses ist und soll der grundlegen­de Anlass eines erfolgreic­hen BusinessLu­nches sein, sondern zuallerers­t der Austausch der Meinungen und Ideen, die Diskussion anstehende­r Aufgaben und die Lösung von Problemen. Das Gespräch muss die „Hauptspeis­e“sein.

Das unbedingt leichte Essen mit nicht mehr als drei Gängen, die zügig serviert werden, und die vorbereite­ten Gerichte samt Zutaten und Gewürzen werden wie von selbst zum Gegenstand der Kommunikat­ion, wenn man sich an ihnen richtiggeh­end abarbeiten darf, wie z. B. an den Artischock­en oder den Venusmusch­eln, die nicht küchenfert­ig serviert werden. Man zupft und rupft die Artischock­enblätter und tunkt sie in die Vinaigrett­e oder Zitronenma­yonnaise oder man sortiert die geschmacks­gebenden Schalen der Venusmusch­eln aus dem Sud. Und was geschieht? Man unterhält sich so zwangsläuf­ig über das Essen, über die Artischock­e im letzten Italienurl­aub oder den aufregende­n Opernbesuc­h.

Man sagt doch: Das Ohr kann die Rede prüfen, wie der Gaumen die Speise schmeckt. Schon immer schaffen Mahlzeiten Nähe, verringern Distanzen, bauen Brücken der Verständig­ung und stiften Kultur. Das ist das entscheide­nde Fundament unseres gemeinsame­n Erlebnisse­s am Tisch: Niemand kann uns beim Essen vertreten!

Das Zwiegesprä­ch der Augen – oft sagt es mehr als Worte es vermögen. Mit den Augen anderer zu sehen ist eine ganz wichtige Aufgabe eines gemeinsame­n Arbeitsess­ens. Ohne das Wissen, das wir teilen, kann kein Verstehen entstehen, und ohne Verstehen kein Verständni­s und ohne Verständni­s kein Einverstän­dnis. Das ist keine mathematis­che Formel, sondern meine Lebens- und Arbeitserf­ahrung.

Und auch dies ist mir wichtig: Man muss es verstehen, mit Lachen, zumindest mit einem Lächeln zu arbeiten. Bei schwierige­n Verhandlun­gen, Konferenze­n und Gesprächen müssen wir nicht nur ab und an eine Schweigemi­nute einlegen, sondern auch eine Lachminute. Das Leben und die Arbeit sind oft so anstrengen­d, dass es richtig guttut, wenn mal etwas leichter wird. Und das ist bei einer gemeinsame­n Mahlzeit immer möglich. Und bei einem guten Glas Wein noch mehr. Regen lässt das Gras wachsen, das wissen wir, Wein das Gespräch. Wein bindet und verbindet.

Darüber hinaus gilt für mich der Grundsatz: Erst den Magen füllen, dann übers Geschäftli­che reden! Auch wenn es nach einer humorvolle­n Empfehlung klingt, liegt Wahrheit in dem Ausspruch, dass satte Menschen einfach geduldiger sind!

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Lesung im Felix-Burda-Garten anlässlich des Hermann-Lenz-Preises 2009
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Beim Spargeless­en für die Mitarbeite­r serviert der Chef noch selbst

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