Lauterbachs Zeitplan für die Klinikreform wackelt
Bedenken innerhalb der Koalition, zudem formiert sich erneut Widerstand der Länder und der Kliniken
Die Gegner der geplanten Krankenhausreform rechnen mit harten, langwierigen Auseinandersetzungen mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Aus meiner Sicht ist es unrealistisch, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause durchgeht“, sagt Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, zu FOCUS. An dem Entwurf müssten „noch erhebliche Änderungen vorgenommen werden“.
Auch Finanzminister Christian Lindner bremse, heißt es. Ursprünglich waren für kommende Woche Anhörungen der Länder, Kommunen und Verbände avisiert. Doch das Gesundheitsministerium will keinen genauen Zeitplan nennen. Regierungsinterne Abstimmungen wolle man nicht kommentieren, erklärt das Finanzministerium.
Auf Länderebene sind unter anderem die vom Gesundheitsminister geplanten Qualitätskriterien umstritten. Die Union sieht darin „einen klaren Verstoß gegen die vom Grundgesetz geregelte Planungshoheit der Länder“. Auch Vertreter der Ampelparteien fürchten den Unmut der Bürger, wenn aufgrund dieser neuen Kriterien einzelne Krankenhausstationen oder ganze Kliniken wegen zu geringer Fallzahlen, mangelnder technischer oder personeller Ausstattung geschlossen werden.
Die geplante sogenannte Vorhaltefinanzierung, die unabhängig von der Zahl der Behandlungen an Krankenhäuser geleistet werden soll, werde „in der jetzt geplanten Form Fehlanreize setzen und kein Krankenhaus retten“, kritisiert Engehausen.
Für den Gesundheitsökonomen Boris Augurzky stellt sich die Frage, „welche Kerninhalte des Referentenentwurfs erhalten bleiben“. Er hofft, dass die Qualitätsvorgaben nicht grundlegend geändert werden. „Sicher muss es Ausnahmen für dünn besiedelte Gebiete geben. Sie dürfen aber nicht zur Regel werden.“
Lauterbach wollte die Reform ursprünglich am 24. April vom Bundeskabinett absegnen lassen. Das Gesetz ist voraussichtlich nicht zustimmungspflichtig, jedoch können die Bundesländer Einspruch einlegen. Damit droht eine lange Verzögerung. Roland Engehausen erwartet, dass die Reform auch Thema in den Landtagswahlkämpfen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg wird.
Seit vergangener Woche protestieren Krankenhäuser mit Plakaten und Flyern gegen das Gesetz. Die Kampagne ist umstritten, da sie mit drastischen Bildern arbeitet. Ein Motiv zeigt ein Neugeborenes unter der Überschrift: „Wenn Lauterbach so weitermacht, gibt’s hier bald keinen Nachwuchs mehr“. Aufgrund der Kritik wird Lauterbach inzwischen nicht mehr namentlich genannt.