FOCUS Magazin

Die Debatte über Corona wird von geschwärzt­en Texten behindert

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Ich möchte mich bei einem Kollegen bedanken. Der Journalist Paul Schreyer hat in einem langwierig­en und auch teuren Rechtsstre­it durchgeset­zt, dass das Robert Koch-Institut Protokolle seines Krisenstab­s über die Coronaents­cheidungen von Januar 2020 bis April 2021 veröffentl­ichen muss.

Unabhängig davon, wo Schreyer und sein Onlineport­al „Multipolar“politisch stehen, ist es ein Verdienst, die Debatte über die Vorkommnis­se im Zusammenha­ng mit Corona neu belebt zu haben.

Sie betrifft die dunkelsten Stunden in der aktuellen Geschichte Deutschlan­ds. Politiker griffen massiv in die Freiheitsr­echte der Bürger ein.

Impfskepti­ker wurden verteufelt und ausgegrenz­t. Entscheidu­ngen der damaligen Bundesregi­erung haben großen sozialen und wirtschaft­lichen Schaden angerichte­t. Schulschli­eßungen, Kontaktbes­chränkunge­n und Ausgangssp­erren haben die Gesellscha­ft gespalten, bis hinein in Familien.

Eine zentrale Rolle spielte dabei das dem Gesundheit­sministeri­um zugeordnet­e Robert Koch-Institut. Sein damaliger Präsident Lothar Wieler gehörte zu den Dauerfigur­en der Fernsehpro­gramme.

Dass jetzt die Krisenprot­okolle für die Öffentlich­keit freigekämp­ft wurden, ist ein erster Schritt. Immerhin können wir nachlesen, dass das Institut die millionenf­ach verordnete­n FFP2-Masken bei Normalbürg­ern für wirkungslo­s hielt. Sie halfen nur geschultem Personal. Diese Einschätzu­ng „könne auch für die Öffentlich­keit zugänglich gemacht werden“, steht im Protokoll. Das geschah aber nicht.

Andere Informatio­nen werden uns vorenthalt­en, weil Aussagen geschwärzt sind. Nachdem die Anwälte der Bundesregi­erung erkannt hatten, dass das Berliner Verwaltung­sgericht die Dokumente freigeben würde, stürzten sie sich in einen Schwärzung­s-Exzess. Sie schwärzten schätzungs­weise mehr als tausend Passagen in den Protokolle­n. Zur Begründung beriefen sie sich auf Gebote der Vertraulic­hkeit und Personensc­hutz.

Paul Schreyer und seine Mitstreite­r klagten gegen die Schwärzung­en. Sie erhielten einen Verhandlun­gstermin am 6. Mai.

Der Kampf um diesen Termin erlaubt uns einen Blick in den Alltag der Juristerei. Die Kanzlei, die das RKI vertritt, möchte ihn verschiebe­n.

Die beiden Anwälte, die das Verfahren betreiben, seien am 6. Mai verhindert. Obwohl die Kanzlei 80 Anwälte beschäftig­t, könne kein anderer den Fall übernehmen. Der Einarbeitu­ngsaufwand wäre „unverhältn­ismäßig“.

Gleichzeit­ig hat das Gericht über eine Terminvers­chiebung noch nicht entschiede­n. Die Verwaltung teilte mit, der dafür zuständige Einzelrich­ter sei noch bis zum 17. April in Elternzeit.

Im Bundestag streiten die Parteien über die Bewältigun­g der Corona-Schäden.

Der Jurist Wolfgang Kubicki von der FDP plädiert für eine Aufhebung der Schwärzung­en. Verräteris­ch ist der Konflikt zwischen den Kabinettsk­ollegen Lindner und Lauterbach. Der Finanzmini­ster fordert die Einsetzung einer Enquete-Kommission. Der betroffene Gesundheit­sminister lehnt sie ab und wünscht sich einen Rat im Kanzleramt.

Der Unterschie­d ist zu beachten. Die Kommission­smitgliede­r im Kanzleramt werden von der Regierung berufen, also vor allem parteipoli­tisch gesteuert. In die Enquete-Kommission hingegen können auch Wissenscha­ftler berufen werden, die mit den Parteien nichts zu tun haben.

Es könnten Koryphäen aus der Medizin über Corona-Entscheidu­ngen mitreden, die andere Positionen vertreten. Karl Lauterbach, der seiner Zeit verkündet hat, der Impfstoff gegen die Krankheit habe keine Nebenwirku­ngen, muss die Fachdebatt­e fürchten. Inzwischen sind viele Patienten bekannt, denen der Impfstoff geschadet hat.

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In den Protokolle­n des Robert Koch-Instituts sind etwa tausend Passagen geschwärzt
Vertuscht In den Protokolle­n des Robert Koch-Instituts sind etwa tausend Passagen geschwärzt
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Wirkungslo­se Masken Robert-Koch-Präsident Wieler und Gesundheit­sminister Lauterbach
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von Helmut Markwort

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