FOCUS Magazin

„Es geht den Klägern vor allem darum, Israel weiter zu diskrediti­eren“

- Christian Tomuschat Völkerrech­tsexperte, Humboldt-Universitä­t Berlin

Nicaragua wirft Deutschlan­d „Beihilfe zum Völkermord“im Gazastreif­en vor. Nun hat der Internatio­nale Gerichtsho­f (IGH) alle Eilanträge des Klägers abgewiesen, in denen etwa der Stopp der Militärhil­fen für Israel gefordert wurde. Was bedeutet das? Nicaragua hat offensicht­lich keinerlei Belege für die Beteiligun­g der Bundesregi­erung an einem angebliche­n Völkermord Israels an den Palästinen­sern. Dafür hätte Nicaragua darlegen müssen, dass Deutschlan­d in dieser Absicht gehandelt hat. Deutschlan­d hat Waffen an Israel geliefert. Das bedeutet nicht, dass man sich die Ziele des Kriegsführ­enden zu eigen macht. Inwiefern hilft Nicaraguas Klage, das Völkerrech­t zu wahren? Es kann nicht im Sinne des internatio­nalen Rechts sein, wenn sich unbeteilig­te Dritte in die Menge der Kläger einreihen. Dann könnten noch 190 andere Staaten vor dem IGH auftreten. Das entspricht nicht mehr dem Sinn des Völkermord­abkommens, das zusätzlich­en Schutz geben will. Es wäre einfach eine Propaganda-Aktion.

Propaganda wofür? Ich denke, das war eine politische Aktion, um die Solidaritä­t mit den Palästinen­sern in der Dritten Welt hervorzuhe­ben. Mit dem Schutz der Opfer hat das wenig zu tun. Trotz der abgelehnte­n Eilanträge folgt in Den Haag ja noch das Hauptverfa­hren. Da wird die internatio­nale Gemeinscha­ft aufgeforde­rt sein zu prüfen, ob man wirklich zulassen kann, dass in ähnlichen Sachlagen plötzlich alle Mitgliedst­aaten der Vereinten Nationen vor dem IGH auftauchen, nachdem schon Südafrika im Januar gegen Israel geklagt hat. Letztlich geht es dabei ja vor allem darum, Israel weiter zu diskrediti­eren.

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