Das Netzwerk der Spione
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner fordert Ermittlungen rund um Bernd Schmidbauer, früherer Geheimdienstkoordinator und enger Vertrauter Helmut Kohls. Laut FOCUS vorliegenden Ermittlungsunterlagen war der 84-Jährige noch intensiver als bislang bekannt in Kontakt mit einem österreichischen Spionagering um den flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek, der für Russland tätig gewesen sein soll. „Die Sicherheitsbehörden haben allen Grund, die Rolle Schmidbauers zu untersuchen“, so Stegner.
Schmidbauer ließ 2019 dem scheidenden österreichischen Nationalratsabgeordneten Hans-Jörg Jenewein ausrichten, dass dieser „auf mich zählen kann, wann immer er das will…“. Überbringer der „allerherzlichsten Grüße“war der Ex-Polizist Egisto O., der mittlerweile wegen Verdachts auf russische Spionage in Haft ist, während Jenewein damals als Intimus des Innenministers und heutigen FPÖ-Chefs Herbert Kickl galt.
Jenewein ist damit die fünfte Person aus dem Umfeld Marsaleks, mit der Schmidbauer Umgang pflegte. 2018 traf er Martin W., den späteren Fluchthelfer des mutmaßlichen Millionenbetrügers. Auch zum leitenden Mitarbeiter des Außenministeriums Johannes P. gibt es persönliche Kontakte. P. wird verdächtigt, streng geheime Unterlagen zum Nowitschok-Anschlag auf den russischen Überläufer Sergej Skripal durchgestochen zu haben. Dokumente, die später bei Marsalek auftauchten. Zudem traf Schmidbauer Außenministerin Karin Kneissl, die heute in Sankt Petersburg lebt und für einen russischen Think-Tank arbeitet.
Egisto O. baute mit Wissen Kneissls 2018 eine Organisation im Außenministerium auf, in der die Fäden aller Geheimdienste zusammen laufen sollten. Diese hätte dann unter Führung Marsaleks stehen können. Die Kontakte streitet Schmidbauer nicht ab. Er verstehe aber nicht, „was das mit einer russischen Agentenzelle zu tun hat“.