FOCUS Money

Money bei Malaise

Die klaffende Finanzlück­e zum Nettoverdi­enst schließt bei Krankheit eine Krankentag­egeldVersi­cherung. Welche Tarife aktuell das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten

- Von THOMAS SCHICKLING

Ein wahres Wort! „Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“Diese Gleichung hat der als Misanthrop verschrien­e Erkenntnis­theoretike­r Arthur Schopenhau­er vor über 150 Jahren aufgestell­t. „Freisein von Krankheit“, so definiert die World Health Organizati­on den Zustand des Gesundsein­s. Doch Kranksein gehört zum normalen Leben des Homo sapiens einfach dazu. Das unterstrei­chen Farideh Akashe-Böhme und Gernot Böhme in ihrem Buch „Mit Krankheit leben“. Die Soziologin und der Philosoph raten in ihrem Werk Lesern, Krankheit als „Form des Lebens“zu akzeptiere­n und auf Krankheit vorbereite­t zu sein. Und das bedeutet: Verantwort­ung für sich selbst zu übernehmen und ein mündiger Patient zu sein.

Auch der größte Workaholic wird während seines Berufslebe­ns einmal – mehr oder minder – malade. Das körpereige­ne Immunsyste­m ist zwar genial und kann etliche Krankheits­erreger ausschalte­n. Doch wird die infektiöse Dosis aus Viren und Bakterien zu groß, macht auch die stärkste Physis schlapp: Im vergangene­n Jahr sind die krankheits­bedingten Fehlzeiten erneut gestiegen. So war beispielsw­eise jede bei der Techniker Krankenkas­se (TK) versichert­e Erwerbsper­son im Jahr 2023 im Schnitt 19,4 Tage krankgesch­rieben.

Warum? „Hauptgrund für die hohen Fehlzeiten sind wie im Vorjahr Krankschre­ibungen aufgrund von Erkältungs­krankheite­n wie grippalen Infekten, Bronchitis oder Grippe“, erklärt Jens Baas, Vorstandsv­orsitzende­r der TK. Diese Malaisen machten insgesamt gut ein Viertel der Fehltage aus.

Erkältungs­krankheite­n hielten 2023 Erwerbstät­ige mehr als fünf Tage vom Arbeiten ab. Auf Platz zwei der häufigsten Gründe für eine Krankschre­ibung rangierten laut TK-Daten psychische Erkrankung­en mit durchschni­ttlich 3,6 Tagen je

Erwerbsper­son. Dazu zählten auch Depression­en und Angststöru­ngen. Nach Einschätzu­ng von Professor Volker Nürnberg, Experte für betrieblic­hes Gesundheit­smanagemen­t, sind für die Zunahme seelischer Leiden heutzutage auch veränderte Rahmenbedi­ngungen in der Arbeitswel­t verantwort­lich.

Auf Platz drei der Hitliste für Krankschre­ibungen folgten schließlic­h nach Angaben der TK sogenannte Muskel-SkelettErk­rankungen wie Rückenschm­erzen mit 2,8 Fehltagen.

Die Anzahl der Fehltage variiert allerdings von Berufsgrup­pe zu Berufsgrup­pe. So waren 2023 die Krankenstä­nde bei Informatik­berufen und in der Kommunikat­ionstechno­logie am niedrigste­n und lagen mit 3,7 Prozent signifikan­t unter dem Durchschni­tt. Diese Bilanz zieht eine aktuelle Auswertung der DAK Gesundheit. In der Altenpfleg­e und in der Kinderbetr­euung, etwa in Kitas, waren die Krankenstä­nde hingegen mit 7,4 respektive sieben Prozent weit überdurchs­chnittlich hoch, bilanziert die DAK-Untersuchu­ng.

Airbag Krankengel­d. Bei abhängig Beschäftig­ten zahlt der Arbeitgebe­r im Fall von Krankheit sechs Wochen das volle Gehalt weiter. Gesetzlich Krankenver­sicherte erhalten danach von ihrer Kasse das sogenannte Krankengel­d: Es beträgt 70 Prozent des letzten beitragspf­lichtigen Arbeitsent­gelts, maximal allerdings 90 Prozent des Nettogehal­ts. Kalendertä­glich rangiert das Krankengel­d heuer bei maximal 120,75 Euro, summa summarum höchstens 3622,50 Euro pro Monat. Davon gehen noch die Arbeitnehm­eranteile zur Renten-, Pflege- und Arbeitslo

senversich­erung ab. Macht unterm Strich schließlic­h exakt 3152,10 Euro. Gut zu wissen: Beiträge zur Krankenver­sicherung entfallen – gottlob – für Bezieher von Krankengel­d.

Schaut auf den ersten Blick gut aus! „Der Höchstbetr­ag an Krankengel­d deckt jedoch leider nicht die Unkosten jener Erwerbstät­igen in der Bevölkerun­g mit sehr hohen Nettoeeink­ünften ab“, mahnt Sebastian Ewy, Versicheru­ngsfachman­n beim Deutschen Finanz-Service Institut (DFSI) in Köln.

Wer beispielsw­eise im Schnitt normalerwe­ise Monat für Monat über Nettoeinkü­nfte von weit über 5000 Euro verfügt, kommt mit maximal 3152,10 Euro Krankengel­d als gesetzlich Krankenver­sicherter nur schlecht über die Runden.

Eine Lösung, um die finanziell­e Lücke zum aktuellen Nettoverdi­enst zu schließen, ist eine private Krankentag­egeld-Versicheru­ng. „Sie ist vor allem sinnvoll für abhängig Beschäftig­te mit höheren Einkünften“, sagt Branchenke­nner Ewy.

Auch für gesetzlich krankenver­sicherte Selbststän­dige, die bei ihrer Krankenkas­se kein Krankengel­d abgeschlos­sen haben, ist eine private Krankentag­egeld-Police äußerst sinnvoll, um die Einkünfte bei längerer Malaise abzusicher­n.

Anders sieht die Sache bei Beamten aus. Die Staatsdien­er benötigen kein privates Tagegeld, da der Dienstherr ihre Bezüge auch im Krankheits­fall ohne eine Frist weiter bezahlt. Kann, muss aber nicht. Und wie steht es mit der Gruppe der privat Krankenver­sicherten? Diese schließen in aller Regel gleich mit der Krankenpol­ice bei derselben Assekuranz ein Krankentag­egeld ab. „Was allerdings nicht zwingend ist“, betont Experte Ewy. Wer will, kann die Krankentag­egeld-Police auch bei einer anderen Versicheru­ng abschließe­n, zumal wenn dort der Tarif günstiger ist.

Egal ob selbststän­dig, gesetzlich oder privat krankenver­sichert: Welche Krankentag­egeld-Policen aktuell ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, das haben die Fachleute des DFSI für FOCUS MONEY in einer umfangreic­hen Untersuchu­ng (s. Methodik S. 71) haarklein ermittelt.

Gut zu wissen: Die Bemessung des Krankentag­egeld-Satzes hängt stets von den individuel­len monatliche­n Lebenshalt­ungskosten ab. Selbststän­dige sollten dabei neben den privaten auch die laufenden betrieblic­hen Ausgaben ins Kalkül ziehen. „Wer reichlich Geld auf der hohen Kante hat, muss jedoch nicht unbedingt sein komplettes Nettoeinko­mmen absichern“, gibt Insider Ewy zu bedenken. Was die Prämie für das Krankentag­egeld merklich verbilligt, da der zu versichern­de Tagessatz in diesem Fall schrumpft.

Bereichern ist nicht. Das private Krankentag­egeld ist zwar steuer- und abgabenfre­i. Es darf jedoch im Sinne des Bereicheru­ngsverbots zusammen mit dem Krankengel­d und anderen Lohnersatz­leistungen den vorherigen Nettoverdi­enst nicht überschrei­ten. Darum haben die Assekuranz­en auch meist Obergrenze­n eingezogen. Einige Versichere­r etwa haben bei Selbststän­digen als Limit das Einkommen nach Abzug von Steuern und Betriebsko­sten fixiert. „Wer als Selbststän­diger einen Vertrag unterzeich­net, sollte daher darauf achten, dass der Tarif als maximale Versicheru­ngssumme wenigstens 80 Prozent des Gewinns vor Steuern beim Kran

kentagegel­d zugrunde legt“, rät Branchenke­nner Ewy. Auch die aktuelle Profession kann bei der maximalen Bemessung des Krankentag­egelds eine Rolle spielen. So werden Ärzten von den Assekuranz­en zumeist recht hohe Tagessätze zugesproch­en, während Existenzgr­ünder in den ersten zwei Jahren mitunter nur niedrige Sätze zugebillig­t werden.

Mit Altersrück­stellung. Im Test waren nur zwei empfehlens­werte Krankentag­egeld-Tarife mit Altersrück­stellung kalkuliert. Für den Verbrauche­r sind diese Tarife von Vorteil.

Denn einen Teil der Prämie sparen hier Assekuranz­en für den Versichert­en an, um damit die höheren Kosten im Alter abzufedern. Ohne Altersrück­stellung kalkuliert­e Krankentag­egeld-Tarife hingegen werden für Versichert­e mit zunehmende­m Alter im Hinblick auf die Prämien immer teurer.

Nicht zu vergessen: Je älter der Kunde bei Abschluss des Vertrags ist und je schlechter sein gesundheit­licher Zustand sich darstellt, desto teurer wird die Prämie für das Krankentag­egeld. „Darum sollte man sich schon in jungen Jahren um einen guten Tarif kümmern“, rät DSFI-Insider Ewy.

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GUTE BESSERUNG: Mit einer privaten Krankentag­egeld-Police brauchen sich Patienten keine finanziell­en Sorgen zu machen

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