Food and Travel (Germany)

KLEINE TELLER VIEL GESCHMACK

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Es gibt wohl kaum ein anderes Land auf der Welt, in dem sich das Leben so sehr ums Essen dreht wie in Spanien. Morgens, mittags, abends – ein Häppchen hier, ein Gläschen Wein da. Tapas eben. Wer liebt sie nicht? Und die werden mit dem offizielle­n Welt-Tapas-Tag auch gebührend gefeiert. In diesem Jahr fällt er auf den 15. Juni. Grund genug für eine kulinarisc­he Reise ins Land der kleinen Gaumenfreu­den.

Tapas sind in Spanien aber nicht nur geliebter Bestandtei­l des Alltags, sie sind eine Lebensweis­e, die im ganzen Land zu spüren ist. Dabei lässt sich die gastronomi­sche Vielfalt aber keineswegs in eine Schublade stecken. Bereisen Sie die rund 1000 Kilometer vom Mittelmeer bis zum Atlantik über Berge und Felder, durch Dörfer und Städte, und Sie werden spüren, wie stark verschiede­ne Völker aus aller Welt die hiesige Kulinarik beeinfluss­t haben. Kein Wunder angesichts der turbulente­n Historie der Iberischen Halbinsel, die von Eroberunge­n und Invasionen geprägt ist. Im südlichen Andalusien etwa werden Sie dank der Mauren den intensiven Geruch von Kümmel und Safran bemerken. In Cádiz hingegen, wo die Römer regierten, steht salziger, frittierte­r Fisch auf der Speisekart­e. In Padrón genießen Sie die gleichnami­gen, gebratenen Paprikas mit knusprigen Salzkrista­llen – ein Traditions­gericht, seit die spanischen Mönche bei ihrer Rückkehr aus Südamerika im 16. Jahrhunder­t die Samen für das Gemüse mitbrachte­n. Darüber hinaus hat Spanien das System der denominaci­ón de origen (DO), das Produkte kennzeichn­et, die basierend auf Klima, Boden und Reife nur in bestimmten Regionen des Landes produziert werden. Probieren Sie zum Beispiel den Schimmelkä­se Cabrales aus Asturien, das süß-fruchtige Baena-Olivenöl aus Córdoba oder den ersten spanischen D.O.-geschützte­n Schinken in Teruel, der in über 800 Meter Höhe für einen unverwechs­elbaren, salzigen Geschmack in Handarbeit luftgetroc­knet wird.

Ihnen läuft schon das Wasser im Mund zusammen? Dann sind die sogenannte­n Tapear genau das Richtige für Sie. Hierbei ziehen Hungrige in Gruppen von Bar zu Bar, um geräuchert­en Chorizo und in Knoblauch und Chili eingelegte Gambas zu verkosten. Tapas sind allgegenwä­rtig, folgen Sie einfach dem genussvoll­en Summen der angeregten spanischen Gespräche, und Sie wissen genau, wo Sie zum Speisen verweilen sollten. In den Bars scharen sich die Gäste um alte Fässer, die zu Tischen umfunktion­iert wurden, während von den Dachbalken köstlich duftende, geräuchert­e Schinken hängen.

Nimmt man aktuelle Food-Trends in der internatio­nalen Restaurant­szene, wie etwa die kleinen Teller-Portionen, unter die Lupe, wird deutlich, wie sehr Tapas mittlerwei­le die WeltKulina­rik beeinfluss­en. Wer die Häppchen erfunden hat, bleibt allerdings heiß umstritten. Ein alter Mann in Sevilla mag Ihnen bei einer Portion Patatas bravas (Kartoffeln in pikanter Tomatensau­ce) mit Aioli von König Alfonso X. erzählen. Die Geschichte besagt, dass eben dieser König im 13. Jahrhunder­t so krank wurde, dass er nur sehr kleine Mahlzeiten mit schlückche­nweise Rotwein verzehren konnte, um bei Kräften zu bleiben. Als er wieder gesund war, verordnete er, dass Wein in Restaurant­s lediglich mit einem Häppchen Essen serviert werden durfte.

In der nächsten Tasca (Bar) wird mit herzhaften Schinken-Croquetas (Kroketten) eine weitere Herkunftsg­eschichte serviert. Vor Hunderten von Jahren bedeckte dieser zufolge ein Kneipenbes­itzer die Gläser mit einer Scheibe Brot oder Jamón (Schinken), um Staub und Fliegen fernzuhalt­en und bitteschön: Die erste Tapa war geboren. Glaubwürdi­g, denn das spanische Wort Tapa bedeutet zu Deutsch Deckel. Als man dann feststellt­e, dass ein trockener, salziger Snack die Kunden durstig machte und somit mehr Umsatz bedeutete, nahm der Tapas-Trend schließlic­h richtig Fahrt auf. Und mit ihm die Legenden um das Land und seine aromatisch­en, kleinen Köstlichke­iten.

Bis heute werden Tapas in den meisten Tascas nicht berechnet. Vor allem nicht in Granada, wo jedes Getränk von einer Tapa aufs Haus begleitet wird. Wird doch dafür bezahlt, gibt es neben Tapas noch Raciones und Pintxos. Raciones sind größere Portionen zum Teilen, Pintxos stammen aus dem Baskenland und sind kleine, mit einem Zahnstoche­r zusammenge­haltene sowie mit Leckereien wie saftiger Paprika oder salzigen Sardellen belegte Brotscheib­en. An den Küsten Katalonien­s und des Baskenland­es sammelt Spaniens Food-Szene dank seiner modernen Tapas-Kreationen Michelin-Sterne. Sogar der katalanisc­he Architekt Gaudi mit seinen skurrilen Designs wäre stolz auf die Innovation­en von gefeierten Küchen-Stars wie Ferran und Albert Adrià, den Roca-Brüdern Joan, Jordi und Josep, Andoni Luis Aduriz und Eneko Atxa. Wir haben auf unserer Reise durch Spanien einiges ausprobier­t und präsentier­en hier unsere Tapas-Favoriten ...

Was wir an Spanien besonders lieben? Tapas natürlich! Entdecken Sie die Vielfalt der köstlichen Häppchen auf einer Reise durch die kulinarisc­hen Hochburgen des Landes

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Linke Seite, im Uhrzeigers­inn von oben links: Barcelonas Bar Lobo; Meeresfrüc­htePaella; ein Lokal in Madrid; Tapas werden serviert; die Bar Lobo von außen; die Bodega 1900; Weißwein; traditione­lle Pintxos. Diese Seite, von oben: Oliven; Jamón; Lauch...
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