Neues Leben für alte Möbel
Die britische Designerin Melanie Porter haucht achtlos weggestellten Sesseln und Sofas neues Leben ein. Mit Wolle, Riesenstricknadeln und unendlich viel Geduld und Liebe macht sie aus ihnen Kunstwerke zum Wohnen, nicht zum Ansehen
Zu Besuch bei Melanie Porter. Die Britin macht mit Wolle aus Vintagemöbeln Kunstobjekte
Bei Melanie Porter drehte sich schon immer alles um Wolle. Lange bevor sie zu einer der angesagtesten Strickkünstlerinnen Groß‑ britanniens wurde, tauchte sie an der Seite ihrer Mutter in die Wollwelt ein. Ende der Siebziger wurde die kleine Melanie während sommerlicher Spinn‑happenings in den englischen Cotswolds einfach auf die Picknick‑ decke gesetzt und durfte stundenlang zusehen, wie sich die Spinnräder gut gelaunter Frauen drehten und die Fäden durch deren Finger glitten. Sie nutzt heute nicht nur weiter tradi‑ tionelle Tools wie Spinnrad oder eine Strickmaschine der Mutter, sie stellt auch die Wolle für die Union‑ Jack‑möbel, die so etwas wie ihr Markenzeichen geworden sind, selbst her.
Begonnen hat Melanie Porter mit dem Designstudium am renommier‑ ten Central Saint Martins College in London und zehn Jahre lang ar‑ beitete sie in der Fashion‑welt, als sie für Burberry und Pure Collection Strickdesigns entwarf. Seit 2008 macht sie ihr eigenes Ding, wobei auch Techniken aus der modernen Mode‑ Industrie in ihre Ar‑ beit einfließen. Erst werden Stücke gestrickt, dann heiß gewaschen, damit sie verfilzen: „Würde ich das Strickstück einfach so über die Möbel ziehen, sähe man auf das Polster durch, außerdem bestände die Gefahr, dass die Maschen beschä‑ digt würden.“
So komponiert Melanie Porter in ihrem Atelier 70 Kilometer außer‑ halb von London Schritt für Schritt den neuen Bezug. So entstehen Unikate aus dicker, flauschiger Merinowolle in moderner Farbpalette mit unerwarteten 3‑D‑mustern. Das ist ihr Erfolgsrezept – poppige Mo‑ dernität, kombiniert mit Vintage‑ möbeln. Vergangenes Jahr richtete die Organisation „Campaign for Wool“, der Prinz Charles vorsteht, sogar ein Pop‑up‑boutique‑hotel mit Porters Möbeln ein. Das passt zur Philosophie der Künstlerin.
Sie wünscht sich, dass die Stühle, Kinosessel oder Sofas nicht wie Ausstellungsstücke herumstehen, sondern benutzt werden. Schließ‑ lich trennt sie sich immer nur schweren Herzens von den Teilen: „Wenn ich bis zu einem Monat an einem Sofa arbeite, es restauriere und den Überzug von Hand stri‑ cke, dann entsteht schon so etwas wie eine kleine Liebesbeziehung.“ 2