Ich frage mich manchmal …
Ob Brot, Salat, Kartoffeln – was früher automatisch bei einem guten Essen dabei war, muss man heute teuer dazubuchen
Warum muss man im Restaurant jede Kleinigkeit extra bezahlen?
Auch ein Lachssteak kann ganz schön einsam sein. So wie das gerade auf meinem Teller. Es wirkt min‑ destens so verlassen wie Robinson Crusoe, bevor er Freitag traf. Weit und breit keine Kartoffeln und kein Spi‑ nat, auch keine Pommes und keine grünen Böhnchen. Da‑ für ein Kellner, der mich belehrt, dass ich den Single‑ status meines Abendessens selbst zu verantworten habe. „Sie hätten die Beilagen extra bestellen müssen!“Und dann schiebt er noch hinter‑ her: „Das machen inzwischen fast alle so.“„Alle“habe ich schon immer für ein ziemlich mäßiges Argument gehalten. Obwohl es diesmal leider stimmt. Waren Fleisch oder Fisch und ihre Begleiter früher ein Gesamtkunstwerk, eine glückliche Familie, die selbstverständlich gemeinsam und zu einem Preis auf den
Tisch kam, fühlt man sich im Restaurant heute wie der Kunde eines ziemlich exqui‑ siten Escortservice: Für jede einzelne Begleitung wird ein Extra‑preis verlangt. Sogar für Brot und Leitungswas‑ ser. Und das oft gerade bei den besonders kostspieligen Gerichten und in ohnehin hoch‑ preisigen Restaurants. Liegt es daran, dass die Sättigungsbeilagen als ewige Nebendar‑ steller einer jeden Mahlzeit nach Jahrhun‑ derten im Schatten von Fleisch und Fisch end‑ lich auch mal eine Hauptrolle spielen und einen eigenen Kostenrahmen haben wollten? Oder ist das reiner Katastrophenschutz, damit kapriziöse Besteller endlich auch die Zeit bezahlen, die sie kosten („Das Gemü‑ se bitte nur schonend gegart. Statt den Brat‑ kartoffeln hätte ich gerne gekochte und die Karotten nur, wenn sie gestiftet sind und aus der Region kommen. Hat Wirsing denn gerade Saison? Und alles nur bio, versteht sich. Sonst lieber gar nichts.“)? Oder handelt es sich um eine lebenserhaltende Maßnahme für Not leidende Gastrono‑ men, die uns für 38 Euro für ein Filet unmöglich auch noch drei Kartoffeln, einen grünen Salat und eine Karaffe Leitungs‑ wasser finanzieren können? Ich habe gelesen, es handele sich vielmehr um höhere Ver‑ kaufspsychologie, mit der die Gastronomie dem Gast den Klammergriff um die Geld‑ börse lockern will. Gehen die Beilagen extra, würden der Edelfisch und das Prime Rib Eye so nackt auf der Karte längst nicht so teuer wirken. Und überhaupt wäre der Mensch an sich so gestrickt, dass er lieber dreimal fünf Euro aus‑ gibt, als einmal 15 hinzule‑ gen. So etwas nennt man wohl eine klassische Milchmädchen‑ rechnung. Am Ende muss man ja immer eine und meist sehr unerquickliche Summe bezah‑ len und die nicht etwa in mehreren Teilen an verschiede‑ nen Tagen, sondern auf einen Rutsch. Was also tun? Das Sparkonto auflösen? Noch einen Zweitjob annehmen, um dem Lachs die Ge‑ sellschaft zu finanzieren? Mein Favorit: dem Kellner erklären, dass man als Kundin wei‑ terhin Königin sein wolle und nicht Cashcow und sich in Zukunft Restaurants suche, in denen eine Mahlzeit noch ein Gesamtkunst‑ werk sei und kein Puzzle aus ziemlich teu‑ ren Teilen.