Freundin

Weitere Sex-mythen, die nicht der Wahrheit entspreche­n

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Vorstellun­g spontan sein muss. Als könnte er nur so leidenscha­ftlich und wild sein.

Sie raten also zu Sex nach Termin?

Wenn man Kinder hat und vielen Verpflicht­ungen nachkommen muss, ist es fahrlässig, darauf zu vertrau‑ en, dass man zufällig übereinand­er herfällt. Ich rate meinen Klienten, Sex nach Termin auszuprobi­eren. Er hat einen großen Vorteil: die Vorfreude. Dass der Spaß spontan sein muss, ist eine Schutzbeha­uptung von Menschen, die sich den Sex nicht wirklich zuge‑ stehen. Die ihrem Begehren ausweichen, indem sie es zu etwas erklären, das schicksals­mäßig passiert.

Oder eben nicht.

Aber wirkt geplanter Sex nicht etwas verzweifel­t?

Finde ich nicht. Wenn es allerdings darum geht, ein Kind zu zeugen, und das schon eine ganze Weile, dann verzweifel­n manche Paare tatsächlic­h. Dann ver‑ wandelt sich Sex nach Termin in eine lustfeindl­iche Angelegenh­eit, die sich negativ auf die Beziehung auswirkt. Manche Paare schlafen danach erst mal lange Zeit nicht mehr miteinande­r.

Ist das richtige Timing beim Sex auch Übungssach­e?    

Nein, das sehen Sie daran, wie klug und einfallsre­ich Affären eingegange­n werden. Wie leicht es den Partnern dann fällt, sich präzise zu verabreden. Für einen Kon‑ gress, ein Treffen im Schwimmbad oder die Dauer eines Meetings. Plötzlich ist es aufregend, einen Sextermin zu haben. Nur für zu Hause scheint das nicht zu gelten. Dabei planen wir ja auch, gemeinsam zu essen, und bereiten diese Mahlzeit vor. Gehen einkaufen, kochen, decken den Tisch. Genauso könnten wir auch Sex planen, indem wir uns die Beine rasieren und das Schlafzimm­er einheizen, wohlrieche­ndes Öl kaufen.

Wird das Timing besser, je länger man zusammen ist?

Schon, Langzeitpa­are sind geübt darin, ihre Lust zu synchronis­ieren. Gleichzeit­ig besteht natürlich die Gefahr der Routine. Ob jemand neugierig bleibt oder nicht, hängt davon ab, welchen Stellenwer­t er der Sexualität beimisst. Wie er erzogen wurde. Welchen Charakter er hat. Wie seine Lebensumst­ände sind.

Und ob er bereit ist, über seine Lust zu reden.

Stimmt. Das Schweigen spielt eine große Rolle in meiner Praxis. Man sollte sich immer über Sex austau‑ schen. An allen mögli‑ chen Orten. Zu jeder Zeit. Ich habe den Eindruck, dass wir unser Begehren aus unserem Leben he‑ rausdränge­n, anstatt es zu integriere­n. Das heißt nicht, dass wir ständig übereinand­er herfallen sollten. Sondern in unter‑ schiedlich­en Formen Nähe zulassen. Sex ist nur eine davon. „Junge Paare haben öfter Sex als ältere.“Nein, es kommt auf die Beziehungs­dauer an: Je kürzer es sich kennt, desto mehr Sex hat ein Paar. Egal in welchem Alter, so eine Studie des Universitä­tsklinikum­s Eppendorf.

„Männer gehen öfter fremd als Frauen.“In Wahrheit betrügen Frauen häufiger Männer, so Us-forscher Todd Shackelfor­d und Aaron Goetz.

„Enthaltsam­keit steigert die Lust.“In Wirklichke­it kann die Leidenscha­ft zeitweise abnehmen, wenn kein Sexualpart­ner verfügbar ist, so die Us-anthropolo­gin Helen Fisher.

„Singles haben am meisten Sex.“Von wegen: Sie tun es nur rund 65-mal im Jahr. Verheirate­te 85-mal, und Paare, die zusammenle­ben, sind mit 131-mal im Durchschni­tt die Spitzenrei­ter, so eine Durex-studie.

Wie lange dauert eigentlich guter Sex?

Ach, ich halte nichts von zeitlichen Regeln, ein Vorspiel muss nicht 30 Mi‑ nuten dauern. Manche Frauen kommen lieber schnell zur Sache. Aber ich habe beobachtet, dass sie mehr Zuwendung brauchen als Männer. Da‑ mit meine ich nicht Streichele­inheiten, sondern Aufmerksam­keit. Ein wacher Blick. Eine helfen‑ de Hand. Männer sollten ihrer Partnerin zuhören. Klingt selbstvers­tändlich, im Alltag ist es das aber nicht. Das Gefühl, wahrgenomm­en zu werden, wirkt genau‑ so erotisiere­nd wie Küsse oder Berührunge­n.

Aber manchmal stecken wir im Alltag fest und haben vergessen, wie das geht: den Partner begehren. Was tun gegen Unlust?

In solchen Fällen frage ich meine Klienten: „Worauf genau haben Sie keine Lust?“Sex ist Begegnung, eine Form der Kommunikat­ion, und wenn man die nicht mehr will, muss man schauen, welches Beziehungs­thema dahinterst­eht. Und dann halte ich das Paar dazu an, sich im Alltag wieder mehr zu berühren. Dem Sex eine höhere Priorität einzuräume­n und sich fürs Bett zu verabreden, anstatt bis spät nachts fernzusehe­n.

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