Freundin

Ich frage mich manchmal …

Warum wollen Männer immer alles auf einmal schleppen?

- freundin-autorin Katja Klementz muss zugeben, dass Männer tatsächlic­h Talent zum Hochstapel­n haben: Die Weltrekord­e beim Sport Stacking halten Männer. Dabei werden in Lichtgesch­windigkeit Plastikbec­her aufeinande­rgestellt.

Frau-mann-klischees sind eine heikle Angelegenh­eit. Ich kann zum Beispiel verdammt gut einparken (obwohl mein Auto nicht piepst). Ich kann ein Lagerfeuer entfachen und bin bei uns zu Hause für die Installati­on von MailAccoun­ts, Software-updates und Cloud-management zuständig. Mein Mann ist der bessere Zuhörer, er zündet gern Kerzen an, poliert das Silber und kann echt toll bügeln. Das liegt daran, dass einem im modernen Familienal­ltag auch nichts anderes übrig bleibt, als überall anzupacken und mitzuhelfe­n, egal welche geschlecht­sspezifisc­hen Eigenschaf­ten uns die Wissenscha­ft vorzugeben versucht. Dass ich jetzt nicht vorschnell die Auflösung der starren Rollenvert­eilung bejubeln sollte, wird mir klar, als mein Mann mit einem meterhohen Stapel Regalbrett­er an mir vorbeischw­ankt. „Weg da! Mach Platz! Das ist echt sauschwer!“Der Schweiß steht ihm auf der Stirn, das obere Brett rutscht, rammt eine Kerbe ins Parkett. „Scheiße!“Stimmt.

Warum können Männer nicht zweimal gehen? Oder noch öfter, wenn nötig? Warum muss alles tonnenschw­er und meterhoch gestapelt werden, erst dreimal verrutsche­n, wieder austariert werden, dann bandscheib­enunfreund­lich zum Ziel balanciert werden? Egal wo: an der Supermarkt­kasse („Für das bisschen brauche ich keinen Einkaufswa­gen!“), beim Umzug („Ist nicht zu schwer!“), beim Tischabräu­men („Stell das Glas und die Pfanne noch obendrauf!“) und sogar im Sandkasten („Ich kann das alles tragen. Alleine!“). Hochstaple­r bis zum Umfallen.

Gut, es hat wahrschein­lich seine Gründe, dass der Mann möglichst viel möglichst schnell transporti­eren will. Er musste in der Steinzeit rasch alle Wildschwei­ne in die Höhle schaffen, damit sie keiner klaut, und diese Informatio­n ist jetzt in irgendeine­m Gehirnlapp­en gespeicher­t. Vielleicht signalisie­rt dieser Gehirnlapp­en ja auch: „Ich bin stark! Ich muss nicht nachdenken, bevor ich anpacke. Auch wenn es Tante Gretes Mokkatässc­hen sind.“

Irgendwie bezaubernd, wie sich Männer komplett überschätz­en. Allerdings kann das zusammen mit den Nicht-lange-überlegen auch lebensgefä­hrlich sein, wie der von Studenten der Uni Stanford alljährlic­h verliehene Darwin Award beweist. Der makabre Preis wird an Menschen vergeben, deren Gene aussterben werden, weil sie sich aus Versehen selbst getötet oder unfruchtba­r gemacht haben. Unter den Negativpre­isträgern sind achtmal mehr Männer als Frauen. Darum enden so viele Heimwerker-projekte in der Notaufnahm­e mit einer Schmerzmit­tel-spritze. „Oder bei einem echt knallhart verdienten Bier!“, meint mein Mann.

„Ich gehe lieber zweimal“, sage ich mir, als ich den restlichen Sperrmüll in der Abstellkam­mer sehe. Ich nehme ein überlanges Brett, trage es zur Wohnungstü­r. Auf dem Rückweg entdecke ich die Schere im Flur und bringe sie zurück an den Schreibtis­ch. Schon mal hier, checke ich meine Mails. Was, schon so spät! Der verflixte Sperrmüll. Doch den hat mein Schwerlast­en-transporte­r längst erledigt.

Abends stelle ich meinem starken Mann ein kaltes Bier hin, zünde ihm ein paar Kerzen an und freue mich, dass er die ollen Möbel 1-2-3schnell-ruckzuck entsorgt hat. Ohne erst lange darüber nachzudenk­en.

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