Ich frage mich manchmal …
Warum wollen Männer immer alles auf einmal schleppen?
Frau-mann-klischees sind eine heikle Angelegenheit. Ich kann zum Beispiel verdammt gut einparken (obwohl mein Auto nicht piepst). Ich kann ein Lagerfeuer entfachen und bin bei uns zu Hause für die Installation von MailAccounts, Software-updates und Cloud-management zuständig. Mein Mann ist der bessere Zuhörer, er zündet gern Kerzen an, poliert das Silber und kann echt toll bügeln. Das liegt daran, dass einem im modernen Familienalltag auch nichts anderes übrig bleibt, als überall anzupacken und mitzuhelfen, egal welche geschlechtsspezifischen Eigenschaften uns die Wissenschaft vorzugeben versucht. Dass ich jetzt nicht vorschnell die Auflösung der starren Rollenverteilung bejubeln sollte, wird mir klar, als mein Mann mit einem meterhohen Stapel Regalbretter an mir vorbeischwankt. „Weg da! Mach Platz! Das ist echt sauschwer!“Der Schweiß steht ihm auf der Stirn, das obere Brett rutscht, rammt eine Kerbe ins Parkett. „Scheiße!“Stimmt.
Warum können Männer nicht zweimal gehen? Oder noch öfter, wenn nötig? Warum muss alles tonnenschwer und meterhoch gestapelt werden, erst dreimal verrutschen, wieder austariert werden, dann bandscheibenunfreundlich zum Ziel balanciert werden? Egal wo: an der Supermarktkasse („Für das bisschen brauche ich keinen Einkaufswagen!“), beim Umzug („Ist nicht zu schwer!“), beim Tischabräumen („Stell das Glas und die Pfanne noch obendrauf!“) und sogar im Sandkasten („Ich kann das alles tragen. Alleine!“). Hochstapler bis zum Umfallen.
Gut, es hat wahrscheinlich seine Gründe, dass der Mann möglichst viel möglichst schnell transportieren will. Er musste in der Steinzeit rasch alle Wildschweine in die Höhle schaffen, damit sie keiner klaut, und diese Information ist jetzt in irgendeinem Gehirnlappen gespeichert. Vielleicht signalisiert dieser Gehirnlappen ja auch: „Ich bin stark! Ich muss nicht nachdenken, bevor ich anpacke. Auch wenn es Tante Gretes Mokkatässchen sind.“
Irgendwie bezaubernd, wie sich Männer komplett überschätzen. Allerdings kann das zusammen mit den Nicht-lange-überlegen auch lebensgefährlich sein, wie der von Studenten der Uni Stanford alljährlich verliehene Darwin Award beweist. Der makabre Preis wird an Menschen vergeben, deren Gene aussterben werden, weil sie sich aus Versehen selbst getötet oder unfruchtbar gemacht haben. Unter den Negativpreisträgern sind achtmal mehr Männer als Frauen. Darum enden so viele Heimwerker-projekte in der Notaufnahme mit einer Schmerzmittel-spritze. „Oder bei einem echt knallhart verdienten Bier!“, meint mein Mann.
„Ich gehe lieber zweimal“, sage ich mir, als ich den restlichen Sperrmüll in der Abstellkammer sehe. Ich nehme ein überlanges Brett, trage es zur Wohnungstür. Auf dem Rückweg entdecke ich die Schere im Flur und bringe sie zurück an den Schreibtisch. Schon mal hier, checke ich meine Mails. Was, schon so spät! Der verflixte Sperrmüll. Doch den hat mein Schwerlasten-transporter längst erledigt.
Abends stelle ich meinem starken Mann ein kaltes Bier hin, zünde ihm ein paar Kerzen an und freue mich, dass er die ollen Möbel 1-2-3schnell-ruckzuck entsorgt hat. Ohne erst lange darüber nachzudenken.