Findet man Sicherheit in der großen Liebe seines Lebens?
Zu Beginn meiner Reise auf der Suche nach Sicherheit ist es noch Winter. Ich sitze zwischen Wilhelm und Waltraut Schulz auf einer Parkbank am Rande eines kleinen zugefrorenen Sees in der Nähe von Ratze‑ burg und trinke mit den beiden Glühwein, den Waltraut nach einem alten Familienrezept ange‑ setzt hat. Er schmeckt erstaun‑ lich gut. „Für einen guten Punsch nehmen Sie einen guten Rotwein, das ist das ganze Geheimnis“, sagt Waltraut, „wir können keine großen Sprünge machen, aber einen guten Punsch, den leisten wir uns, nicht, Wilhelm?“Da‑ bei legt Wilhelm seine Hand auf Waltrauts Knie. „Und das haben wir uns auch verdient, Waltraut“, sagt Wilhelm.
Wilhelm und Waltraut Schulz sind beide 72, sind seit 56 Jah‑ ren zusammen und seit 51 Jahren verheiratet, sie haben zwei erwachsene Kinder und haben mir diesen Ort für unser Ge‑ spräch vorgeschlagen, weil hier ihre Liebe begann – und ein Leben in dem ganz, ganz sicheren Gefühl, es an der Seite mit diesem und keinem anderen Menschen zu verbringen. Es war der 21. De‑ zember 1962, der letzte Schul‑ tag vor den Weihnachtsferien, es sah nach weißen Weihnachten aus und die Schulklasse wollte nach Schulschluss gemein‑ sam Schlittschuh laufen gehen.
„Ich kannte Wilhelm als netten Mitschüler, aber mehr war da nicht“, sagt Waltraut. „Ich konnte nicht besonders gut lau‑ fen, Wilhelm aber fuhr wie ein junger Gott, jagte um die Kurven, fuhr rückwärts, drehte Pirouet‑ ten, fuhr plötzlich auf mich zu, nahm mich in den Arm und sagte einfach nur: ‚Komm, wir fah‑ ren ein bisschen zusammen, ver‑ trau mir, es geht ganz einfach.‘ Und dann schob er mich über das Eis, es war wirklich ganz ein‑ fach, dann drehte ich mich, fuhr rückwärts, ich fühlte mich so sicher in seinen Armen.“„Wenn man zusammen Schlittschuh läuft“, sagt Wilhelm, „kommt es wirklich darauf an, dass man sich bedingungslos vertraut, sonst kann es mächtig krachen.