Findet man Vertrauen und Sicherheit im Glauben an Gott?
Gaby und Susanne ken‑ nen sich, seit sie zehn sind, von den Pfadfinder‑ Wichteln der katholischen Kirche. Sie waren gemeinsam an Wall‑ fahrtsorten wie Taizé oder La Sa‑ lette, haben später als Grup‑ penleiter selbst junge Pfadfinder‑ Gruppen geführt, gemeinsam in Behindertenheimen gearbeitet. Den Glauben haben sie von Kind auf erfahren und gelebt. Heute arbeitet Susanne als selbstständi‑ ge Designerin, sie ist aus der Kirche ausgetreten, weil sie mit der Aufarbeitung der Missbrauchs‑ geschichten nicht klarkommt. Gaby ist Lehrerin, sie ist in der Kirche geblieben, weil sie fin‑ det, dass man drinbleiben muss, um Dinge von innen zu verän‑ dern. An ihrem Glauben und an ihrer Freundschaft hat dies nichts geändert. Ich schlage den beiden wenig originell eine Kirche als Ort für unser Gespräch vor, wenn schon, denn schon, denke ich, aber die beiden sagen, dass sie sich zwar noch regel‑ mäßig, aber nur noch selten tref‑ fen, weil sie schon lange in zwei Städten leben – Gaby würde Susanne jetzt in Bremen besuchen und da könnte ich gern für eine Stunde dazukommen. In dem ge‑ mütlichen Wohnzimmer in der Altbauwohnung sind die beiden Freundinnen puppenlustig gelaunt schon beim zweiten Gin Tonic, ich nehme auch einen. Aber dann sind die beiden sofort so klar und bestimmt beim Thema, wie ich es selten erlebt habe. „Das Entscheidende beim Glauben ist das Gefühl, nie allein zu sein“, sagt Susanne zu Beginn. „Natür‑ lich gibt es stabile Beziehungen zu Freunden, zum Partner, zur Fa‑ milie. Die sind auch wichtig. Aber der Glaube, die Beziehung zu Gott, ist einzigartig. Sie wird nie infrage gestellt, es ist eine Grundkonstante im Leben.“
„Und die gibt einem Sicherheit und Stärke“, sagt Gaby.
Aber weder der Glaube noch ein Gott können nachweislich verhindern, dass die beste Freun‑ din einen mit seinem Mann betrügt, man unheilbar krank wird oder mein Kind vors Auto läuft und stirbt, wende ich ein.
„Es geht ja nicht um den Glauben an einen Superman, der bei drohendem Unheil in letz‑ ter Sekunde vom Himmel stürzt und jede Bedrohung von uns abwendet“, sagt Gaby und Susan‑ ne ergänzt: „Wir sind ja mün‑ dige und selbstverantwortlich han‑ delnde Menschen – dass wir uns für einen Glauben entschie‑ den haben, ist ja der beste Aus‑ druck dafür. Wenn es mir schlecht geht, wenn ich an mir und meinem Leben zweifle, wenn ich nicht weiß, wie es wei‑ tergeht, suche ich die Zwie‑ sprache mit meinem Gott.“
Aber das ist doch eher ein einseitiges Gespräch, frage ich.
„Das sind natürlich keine konkreten Antworten, wir hören ja keine Stimmen“, sagt Gaby.