Wir hätten alle gern mehr Geld. Aber kann einem Reichtum mehr Sicherheit geben?
Nikolaus Bröhmer treffe ich in Kölnlindenthal, er lebt schon immer in einer Familie, die sich um Geld keine Sorgen machen muss, allein das Immobilienvermögen bewegt sich im dreistelligen Millionenbereich, jährliche Zuwachsraten zwischen acht und 15 Prozent, je nach Lage.
Bröhmer führt eine Immobilienfirma mit 30 Mitarbeitern, ist verheiratet und hat vier Kinder. Er empfängt mich sehr jovial im Wohnzimmer seines gar nicht protzigen, eher sehr gediegenen Bungalows, man würde hier gehobenen Mittelstand vermuten.
„Die Leute machen sich völlig falsche Vorstellungen“, sagt Bröhmer, „viel Geld bedeutet viel Stress. Viel Geld bedeutet, viele Gespräche mit sogenannten Finanzexperten, die einem erklären, was man als Nächstes zu tun hat. Viel Geld bedeutet, viel Zeit mit Experten zu verbringen, die einem raten, wie man Steuern sparen kann. Viel Geld bedeutet, zu überlegen, wie man sein Geld am besten anlegt. Und das führt zu Angst, was eigentlich absurd ist, aber tatsächlich ist es so: Viel Geld zu haben, bedeutet auch, Angst davor zu haben, Geld zu verlieren. Ich habe viel, also kann ich auch viel verlieren. Und ich habe Verantwortung für meine Mitarbeiter. Ich will nicht sagen, dass ich andauernd über Geld nachdenke, aber schon sehr oft, zu oft. Sicherheit gibt mir mein Vermögen ganz sicher nicht, ich habe in den letzten Jahren so viele Crashs erlebt, da sind Vermögen den Bach runtergegangen, die waren mehrere Jahrhunderte alt.“
Ich verstehe Bröhmer, glaube aber nicht, dass dies die ganze Wahrheit ist. Ich will noch eine zweite Meinung einholen und treffe Maritha Heinz in ihrer 4-Zimmer-wohnung in Darmstadt-eberstadt. Maritha Heinz hatte eine solide Angestellten-biografie hinter sich, machte sich dann selbstständig, verdiente auch ganz gut, dann kam aber alles ganz schnell anders: Job weg, Scheidung und binnen drei Jahren eine finanzielle wie menschliche Abwärtsspirale:
„Erst dachte ich: ‚Gut, wenn du dich selbstständig machst, kann es nicht immer nach oben gehen, dann musst du eben aushalten, dass es mal nach oben und mal nach unten geht.‘ Aber als es drei Jahre nur nach unten ging, habe ich keine Anpacke mehr bekommen.“
Maritha Heinz erzählt nüchtern, wie alles, was mal Freude im Leben bereitet hat, von der finanziellen Misere plattgemacht wurde:
„Du freust dich nicht mehr, mit Freunden auszugehen, wenn du kein Geld mehr hast. Du hast keine Lust mehr, für Freunde zu kochen, wenn du kein Geld mehr hast. Du freust dich nicht, wenn dein Heroe endlich wieder ein Konzert in der Stadt gibt, weil du dir das Ticket nicht leisten kannst. Nichts macht dir mehr Freude, am Ende kommst du nicht mehr aus dem Bett, weil es keinen Grund mehr dafür gibt. Ich bin noch für meine beiden Kinder aufgestanden, habe ihnen vorgespielt, dass alles gut ist, aber wenn ich sie in die Schule gebracht habe, bin ich wieder schlafen gegangen, ohne schlafen zu können.“
Dann erbte Maritha Heinz. „Keine Reichtümer, aber eine schöne 4-Zimmer-wohnung, abbezahlt, in der ich mit meinen beiden Kindern gut leben kann. Und etwas Geld, dass mir für die nächsten drei Jahre ein bisschen mehr Ruhe gibt. Und seitdem bin ich wie ausgewechselt. Ich koche wieder, treffe mich mit Freunden, überlege, wo ich mit meinen Kindern Urlaub machen könnte, mache Musik mit meiner Tochter, bin dabei, wenn mein Sohn Fußball spielt – ich lebe wieder. Ich arbeite wieder, ich weiß wieder, was ich kann und was ich machen möchte. Und ich habe wieder die Energie, etwas zu wagen und zu schaffen, denn: Ich schlafe wieder durch, ein grandioses Gefühl.“„Geld gibt Sicherheit?“, frage ich.
„Oh ja, Sicherheit, Stabilität, Zutrauen, Zukunft, ich lebe wieder gern.“