Die Verhinderte
Wäre Gärtnern wie Fußball, dann würde sie zu den unverdrossenen Fans gehören, die trotz ewiger Niederlagen nie die Hoffnung aufgeben, ihr Team doch noch mal siegen zu sehen. Deshalb stellt sie alle Jahre wieder voller Enthusiasmus im Gartencen‑ ter ein neues Team aus floralen Hoffnungsträgern zusammen. Nachfolger jener, die es – entgegen der Beteuerungen des Verkäufers, garantiert pflege‑ leicht und so widerstandsfähig wie Flechte zu sein – wieder nicht über den Sommer geschafft hatten. Gut, es wäre möglich, dass die Ausdauer der Verhin‑ derten beim Gießen, Jäten und Düngen ein biss‑ chen schneller erlahmt, als es einer fruchtbaren Bezie‑ hung zwischen Mensch und Pflanze zuträglich ist. Andererseits scheinen Einladungskarten an Blattläuse, Raupen und Spinnmilben zu kursieren, die ihre Adresse als „All you can eat“‑buffet anpreisen. Und überhaupt war sie offenbar nicht da, um „Ich! Ich!“zu schreien, als die grünen Daumen verteilt wur‑ den, wie sie ihren Freunden erklärt, wenn die sich wieder über den Zustand ihrer Bepflanzungen wun‑ dern. Doch weil das Gärtnern nicht bloß aus Yin, sondern auch aus Yang besteht, gedeihen Frustrations‑ toleranz und Optimismus hier besonders gut. Bei ihr hat noch immer die Hoffnung über die Erfahrung triumphiert. Mag sein, dass ihr viele Pflanzen ein frühes Ende verdanken. Trotzdem trägt sie mit ihrem unerschütterlichen Glauben an bessere Zeiten doch eine Menge zur Verschönerung unseres Lebens bei.