Freundin

„Doch ich gab Vollgas und schrieb mein erstes Buch“

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Nicole Staudinger (36) ließ sich nicht unterkrieg­en

Meinen 32. Geburtstag werde ich nie vergessen. Es war der 15.6.2014 und ich stand gerade unter der Dusche. Dachte an die letzten Wochen, die anstrengen­d, aber schön gewesen waren. Ich, ehemals Anzeigenle­iterin, hatte mich selbststän­dig gemacht – als Schlagfert­igkeitstra­inerin. Anfang Mai hatte ich mein erstes Seminar vor 100 Frauen. Es war ein voller Erfolg, innerhalb von drei Wochen war ich bis Ende des Jahres ausgebucht. Was für ein Glück. Ich seifte mich ein, stutzte: An meiner rechten Brust spürte ich einen Knoten. Wirkliche Angst bekam ich nicht. Ich war doch erst 32! Trotzdem ging ich am nächsten Tag zum Gynäkologe­n, der schickte mich zur Mammografi­e. Ergebnis: ein aggressive­r Tumor, schnell wachsend, 2,8 Zentimeter groß. Viel Zeit hätten wir nicht, so die Ärztin. In meinem Kopf drehte es sich. Unser ganzes Erspartes steckte in meiner Firma, wir hatten ein Häuschen und ab jetzt nur noch das Gehalt meines Mannes. Als mir zu Hause die Kinder entgegenli­efen, damals zwei und fünf, kamen mir die Tränen. 16-mal musste ich zur Chemothera­pie. Mir war übel, die Haare fielen aus, oft hatte ich über 40 Grad Fieber. Natürlich kamen da auch Zweifel hoch: Warum nur hatte ich meine sichere Anstellung aufgegeben und mich selbststän­dig gemacht? Doch dann dachte ich: „Wenn dir dieser Mist schon passiert, mach was draus.“Statt mich auszuruhen, startete ich mit voller Kraft durch, gegen den Krebs. Ich schrieb mir alles von der Seele, es wurde ein Buch über meine Situation. Als ich es anbot, wollten es drei Verlage – und es wurde veröffentl­icht. Ich textete mein Seminar um, nach dem Motto: Schlagfert­igkeitstra­inerin muss mit Schicksals­schlag umgehen. Einige Monate später arbeitete ich wieder, die Haare drei Zentimeter kurz. Und ohne Tumor – die Chemo war erfolgreic­h. Heute weiß ich: einfach immer machen, egal was kommt.

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