6 Gründe, warum die Haut plötzlich juckt
…und was dagegen hilft
Jeder Fünfte leidet darunter – gerade jetzt im Winter. Und nicht immer ist die von Kälte und Heizungsluft ausgetrocknete Haut schuld daran. Auch die Hormone, falsche Pflege oder die Psyche können den quälenden Reiz auslösen. Wir sagen, wie Sie das Jucken richtig deuten und was dagegen hilft
Das Jucken ist zunächst einmal eine Kopfsache; ein Reiz, der im Gehirn ausgelöst wird. Wenn zum Beispiel ein Wollpulli die Haut irritiert, dann reagieren ihre Immunzellen und senden Botenstoffe zu winzigen Nervenenden. Die signalisieren dem Gehirn, dass etwas nicht stimmt. Und das Gehirn erteilt den Kratz-befehl. „Juckreiz ist evolutionär betrachtet ein sehr alter Mechanismus, ein Warnsignal“, erklärt der Psychodermatologe Prof. Uwe Gieler von der Universitäts-hautklinik in Gießen.
Fakt ist: Der Reiz, sich zu jucken, kann viele Ursachen haben und nicht jede Kratz-attacke ist harmlos. „13,5 Prozent der Bevölkerung leidet unter einem chronischen Pruritus, bei dem der Juckreiz länger als sechs Wochen andauert“, sagt die Dermatologin Dr. Claudia Zeidler vom Kompetenzzentrum Chronischer Pruritus am Universitätsklinikum Münster. Dabei unterscheidet man zwischen zwei Hauptformen: Bei ersterer entsteht der Juckreiz an veränderten Hautpartien, es handelt sich um Juckreiz bei einer Hautkrankheit, die ein Dermatologe beurteilen sollte. Bei zweiter tritt der Juckreiz dagegen bei „normaler“Haut auf. Hier sollte man zunächst den Hausarzt einbinden. Er kann am besten entscheiden, ob weitere Fachärzte wie Internisten oder Neurologen hinzuzuziehen sind.
1 Die Hormone sind durcheinander
Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre: Der weibliche Körper macht im Lauf des Lebens immer wieder Hormonturbulenzen durch. „Die verstärkte Ausschüttung des Sexualhormons Östrogen kann Juckreiz verursachen, der aber in der Regel nur phasenweise auftritt“, weiß Dermatologe Prof. Uwe Gieler. Zu wenig Östrogen ist allerdings auch ein Problem: „Mit dem Absinken des Hormons beim Einsetzen der Menopause wird oft die Haut dünner und trockener, was sie ebenfalls anfälliger fürs Jucken macht.“In den meisten Fällen hilft es, auf rückfettende Pflege (z. B. „Cetaphil
Lotion“) umzustellen. „Nicht zuletzt können auch Schilddrüsenfunktionsstörungen zu chronischem Pruritus führen, obwohl die Zusammenhänge noch ungeklärt sind“, berichtet Dr. Claudia Zeidler. Wird die Schilddrüse medikamentös behandelt, hört dann auch das Jucken auf.
2 Die Psyche macht auf sich aufmerksam
Wie oft haben Sie sich schon „nicht wohl in Ihrer Haut gefühlt“oder wollten „aus der Haut fahren“? Solche Redensarten machen deutlich: Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen unserer Psyche und unserem größten Organ. „Das liegt daran, dass die Haut und das zentrale Nervensystem entwicklungsbiologisch aus dem gleichen Keimblatt, dem Ektoderm, gebildet wurden“, erklärt Prof. Gieler. Tatsächlich kann ein emotionaler Reiz wie Aufregung oder Wut bestimmte Hirnareale aktivieren, die dann über die Reizleitung des Rückenmarks ein Jucken in der Haut auslösen. Auch bei Depressionen oder verstärktem Stress tritt
Juckreiz teilweise als Nebenerscheinung auf, ohne dass Ärzte eine körperliche Ursache finden. Man spricht dabei von psychogenem Juckreiz, der meist verhaltenstherapeutisch behandelt wird. Übrigens ist Juckreiz psychisch ziemlich ansteckend. Alleine das Beobachten eines Menschen, der sich kratzt, oder ein Vortrag über juckende Hautkrankheiten kann in uns eine stark juckende Empfindung hervorrufen. „Studien haben gezeigt, dass dieser ‚nachgeahmte‘ Juckreiz fast genauso stark ausfällt wie eine Injektion mit Histamin, einem allergieauslösenden Botenstoff“, so Prof. Gieler.
3Die
Pflege ist nicht optimal
Gerade wenn draußen die Temperaturen sinken, reagiert die Haut häufig gereizt: Sie kann spannen, sich schuppen – und eben auch jucken. „Die Kombination aus kalter Außenluft und trockener Heizungsluft macht uns im Winter anfälliger für Juckreiz“, bestätigt Dermatologe Prof. Uwe Gieler. Wirkt Ihr Hautbild gerötet und spröde, sollten Sie die Haut regelmäßig, idealerweise täglich, mit rückfettenden Produkten (z.b. „Linola Hautmilch“) pflegen. Ein wöchentliches Ölbad, etwa mit Nachtkerzen- oder Mandelöl (z.b. „Kneipp Pflegeölbad Hautliebe“), stärkt den Hautschutzmantel ebenfalls. Daneben gilt: nicht zu heiß duschen, auf Peelings und entfettende Seife verzichten, zweieinhalb Liter Flüssigkeit pro Tag trinken und die Heizung lieber etwas herunterdrehen. Warme Luft zieht die Feuchtigkeit aus der Haut.
4
Die Haut reagiert allergisch
Geht der Juckreiz mit Rötungen, Pusteln, Schwellungen oder Knötchen einher, handelt es sich in der Regel um eine allergische Reaktion, etwa auf Duft- oder Konservierungsstoffe in Kosmetika oder auf Substanzen wie Nickel in Kleidung und Schmuck. „Beim Kontakt zu einem Allergen werden in der Haut und im Blut Botenstoffe freigesetzt, die Nervenendigungen in der Haut aktivieren. Dadurch entsteht der Juckreiz“, sagt Dermatologin Dr. Claudia Zeidler. Bei akuten Ekzemen helfen Kortisoncremes gegen den Juckreiz, langfristig bringt nur das konsequente Meiden des allergenen Stoffes Erleichterung. „Manchmal kann Pusteln und Ekzemen aber auch eine Hauterkrankung wie Neurodermitis zugrunde liegen“, so Dr. Zeidler. Daher sollte man bei juckendem Ausschlag den Hautarzt aufsuchen.
5 Das Essen hinterlässt Spuren
Es ist nicht immer eine Allergie, wenn die Nahrung die Haut zum Jucken bringt. Beispielsweise scheinen ein erhöhter Verzehr von Zitrusfrüchten und eine Milchzuckerunverträglichkeit die Neigung zum Juckreiz zu verstärken. Spürt man ihn nach dem Genuss scharf gewürzter Speisen, weist das auf die Hauterkrankung Rosazea hin. Aber auch ein bestehender Nährstoffmangel – insbesondere ein Eisendefizit und die Unterversorgung mit B-vitaminen – kann die Haut jucken lassen. „Kommt es zu einem Vitamin-b12-mangel, können die durch das Vitamin geschützten Nervenfasern beeinträchtigt werden – es juckt“, so die Dermatologin. Vor allem Vegetarier und Veganer sollten ihren VitaminB12-status regelmäßig überprüfen lassen und den Stoff notfalls künstlich ersetzen (z.b. mit „B12 Ankermann“).
6 Eine innere Erkrankung ist aufgetreten
Die Haut erscheint äußerlich unauffällig, juckt aber dennoch stark? Dann muss der Arzt auf Spurensuche gehen. „Juckreiz kann auch auf Störungen der Leber- oder Nierenfunktion und Diabetes hinweisen“, erklärt Dr. Claudia Zeidler. Daneben können auch Medikamente als Nebenwirkung das Jucken verursachen, beispielsweise manche Antibiotika, Antidepressiva oder Mittel gegen Bluthochdruck. Gehen Sie bei unklarem Juckreiz deshalb immer zu Ihrem Hausarzt, mit der entsprechenden Therapie verschwindet dann das lästige Gefühl.