Eine Liebe, viele Fragen
Seit 14 Jahren sind Okka und Peter ein Paar. In jeder Ausgabe stellen sie sich eine Frage und beantworten sie schonungslos ehrlich
In unserer neuen Paar-kolumne beantwortet Okka Rohd dieses Mal die Frage ihres Lebenspartners Peter Praschl: „Warum jodelst du nie beim Sex?“
„Warum jodelst du nie beim Sex?“
du willst also wissen, warum ich nie auf die Idee komme, beim Sex zu jodeln. Oder sonst etwas Originelles zu tun, wie es für lange Beziehungen doch im‑ mer empfohlen wird. Ich verstehe, warum du diese Frage stellst. Ich weiß, dass ich noch irgendwo versaute Dessous habe, ich weiß bloß nicht, wo. Ich habe dich noch nie mit Handschellen ans Bett gefesselt (was auch daran liegt, dass ich gar nicht wüsste, wo ich die Dinger bei unserem Bettgestell über‑ haupt befestigen sollte). Und ich bin so verdammt unge‑ lenkig, dass für mich nur Stellungen infrage kommen, für die es keinen Yoga‑körper braucht – das Kamasutra ist also schwierig. Trotzdem finde ich uns nicht unoriginell. Denn Sex mit dir, das ist schon was. Erstens: überhaupt. Schließlich ist es gar nicht so einfach, zu zweit im Bett zu liegen, ohne dass ein Kind aufwacht, nach Wasser oder einem Arm verlangt, uns eine Deadline im Nacken sitzt und wir noch arbeiten müssen oder die Müdigkeit uns schneller von den Füßen holt als ein talentierter Judoka. (Klar, mir könnte an dieser Stelle auch Küchentisch‑ Sex einfallen, tut es aber nicht.) Und zweitens: weil mir bei dem, was wir seit 14 Jahren tun, nie langweilig wird, obwohl ich doch weiß, welche Choreografien deine Finger tanzen und wie du seufzt, wenn du seufzt. Weiß, was passiert, wenn meine Hand sich verirrt und deine nicht, und dann…
Mir ist klar, dass all das genau das Gegenteil dessen ist, was man unter heißem Sex versteht. Was wir miteinan‑ der haben, hat rein gar nichts mit Fremdheit zu tun – und Fremdheit ist doch das, was unsere Vorstellung von hei‑ ßem Sex gemeinhin ausmacht, oder? Keine abgefahrenen Rollenspiele, die uns unsere Alltags‑ Ichs vergessen lassen, keine Orte, die ein bisschen oder sehr verboten sind, keine Szenarien, die Abenteuer versprechen. Bloß du und ich. Wir zünden nicht ein‑ mal Kerzen an. Da könnte ich es ver‑ stehen, wenn du dich manchmal fragst, ob das, was wir haben, zu langweilig ist. Klar tust du das, sonst hättest du mir nicht diese Frage gestellt. Aber weißt du was? Ich mag unsere Lust. Wie schnörkellos und schnörkelvoll sie dann wieder ist (all die Jahre monoga‑ mer Sex bedeuten ja nicht, immer den gleichen zu haben). Weil ich es heiß fin‑ de zu wissen, was dich ein kleines bisschen sehr verrückt macht. Vor allem aber, weil ich dir nicht fremd sein muss, um dir nahezukommen. Vertrau‑ ter Sex klingt immer so vorhersehbar. Dabei kann ich mir nichts Aufregende‑ res vorstellen, als mich wirklich fallen zu lassen. Ohne Höhenangst (und du weißt, wie groß meine ist). Bei dir kann ich mich gehen lassen – und ich meine damit nicht, dass ich vergesse, meinen Bauch einzuziehen. Ich frage mich nie, ob das, was ich tue, zu viel, zu wenig, zu krass oder zu öde ist. Ich liebe einfach los. Dabei ma‑ che ich mich nackiger, als ich es ohne Klamotten je sein könnte. Und verdammt, das ist schön. Und rekelig. Und aufregend. Auch ganz ohne Jodeln.
Meine Frage an dich: Du weißt, wie sehr ich Weihnachten liebe. Gar nicht so sehr für die Geschenke als für das Versprechen, dass ein paar Wochen lang Puderzucker über allem liegt. Dir ist Weihnachten vollkommen wurscht. Mal ehrlich: Nervt es dich manchmal, wie unterschiedlich wir sind (nicht nur bei diesem Thema)?