Der Garten der Dichter
Peter Handke bekam am 10. Dezember den Nobelpreis für Literatur verliehen. Das lässt mich an über fünf gemeinsame Jahrzehnte erinnern und an den Petrarca-preis, der eine Geschichte der Freundschaft ist.
Eine Hommage an Peter Handke, Nobelpreisträger für Literatur. Von Dr. Hubert Burda
Als ich mich mit Freunden 1974 entschlossen habe, einen neuen Literaturpreis zu etablieren, war ich mir ganz sicher, dass der Autor Peter Handke unbedingt Juror des Preises werden müsse. Bereits Ende der 1960er-jahre hatten wir uns kennen- und schätzen gelernt.
1975 kam es zur ersten Preisverleihung an Rolf Dieter Brinkmann. Wir hatten den Mont Ventoux in der Provence erklommen. Auf den kurz zuvor verstorbenen Autor hielt Handke eine bewegende Rede. Eigentlich wollte ich den Preis fünf Jahre lang stiften, doch die jährlichen Reisen in den Süden an die Orte, an denen Petrarca gelebt und gewirkt hatte, entfalteten eine solche Magie, dass wir heute auf über vier Jahrzehnte mit dem Lyrikpreis zurückschauen können. Unsere Italien-sehnsucht wurde zur Grand Tour, egal ob nach Siena, Lucca, Florenz, Verona oder Tusculum. Das Faszinosum dieser Dichtertreffen beschrieb Peter Handke einmal so: „Für eine kleine Zeit waren da die Verstreuten so glücklich wie selbstverständlich, so rein wie wortlos vereint – und das war auch schon das ganze Fest: große Zeit! Es gibt so etwas also auch heutzutage noch, diese und jene Stunde lang, und die verfliegt nicht wie eine bloße Stimmung.“ Seit über 50 Jahren verbindet mich nun mit Peter Handke eine stetig wachsende Freundschaft.
Sein Sinn für die Rhythmen des Lebens, seine vielen Lebensdeutungen über die Jahre sind ein wichtiger Bestandteil, ja ein Fundament meiner Arbeit geworden. Die Jury des Nobelpreises hat eine grandiose Wahl getroffen. Peter Handke ist der exzeptionelle Dichter unserer Gegenwartsliteratur, ein ungemein genauer Beobachter und ein stets gewissenhafter Chronist seiner künstlerischen Empfindungen. Paul Cézanne, Johann Wolfgang von Goethe oder Petrarca-preisträger wie Tomas Tranströmer (Literaturnobelpreisträger 2011), Ilse Aichinger, Zbigniew Herbert, Jan Skácel, um nur einige Namen zu nennen, befeuern unsere Gespräche. Die Nachricht aus Stockholm hatte ich in den letzten Jahren erwartet. Dass sie in diesem Jahr eintraf, erfüllt mich, meine Familie und meine Freunde mit großer Genugtuung. Der Nobelpreisträger für Literatur 2019 hat ein singuläres Werk geschaffen, das die Besonderheit seines Autors so eindrucksvoll offenbart.