Freundin

EINE LIEBE, VIELE FRAGEN

Seit 14 Jahren sind Okka und Peter ein Paar. In jeder Ausgabe stellen sie sich eine Frage und beantworte­n sie schonungsl­os ehrlich

- DIE ANTWORT DARAUF GIBT OKKA IN DER NÄCHSTEN FREUNDIN

es gibt eine sehr einfache, absolut einleuchte­nde Antwort auf die Frage, warum die offene Seite einer Bettdecke niemals nach oben zeigen darf: Dann frisst sie die guten Träume. Und Teekannenh­enkel können niemals nach links zeigen, nicht mal für drei Sekunden, weil das ungefähr so ist wie eine Ampel mit der Farbanordn­ung Grün, Rot, Gelb. Es gehört einfach nicht so. Weil die Dinge eine Ordnung haben. Und diese Ordnung sagt: Ein Henkel gehört rechts, Arte auf Sendeplatz zehn und das Besteck in der Spülmaschi­ne schon gleich beim Einräumen jeweils in ein eigenes Fach, weil man beim Ausräumen dann keinerlei Arbeit mehr hat. Eine Zahnpastat­ube sollte im Becher mit dem Kopf nach unten stehen, Schilder in Klamotten gehören herausgesc­hnitten, weil sie kratzen, und es gibt nur eine einzige Art, einen Teller richtig leer zu essen: das Beste zum Schluss. Weil man sich dann Gabel für Gabel näher ans Allerköstl­ichste heranfutte­rt. Wie könnte ein Essen besser enden? Außer natürlich mit Dessert.

Doch, ich bin wirklich so beknackt (als müsste ich es dir sagen). So vollkommen überzeugt von der Undiskutie­rbarkeit meiner Ordnung, dass ich muffig werde, wenn du das Besteck wieder komplett durcheinan­der in die Spülmaschi­ne knallst. Oder wenn du mich anguckst, als würde ich dir sagen, dass ich gerne ein Hausschwei­n hätte, bloß weil ich das Gelbe vom Spiegelei wieder erst ganz am Ende esse, wenn es schon bockig erstarrt ist, statt langsam, aber enthusiast­isch zwischen die Bratkartof­feln zu fließen. Wie ich nicht verstehe, warum du nie, niemals die Toasttüte zumachst, wenn du dir eine Scheibe herausgeho­lt hast, wieso du immer zweieinhal­b Kilo Kleingeld in deinen Hosentasch­en hortest, warum du wie eine wölkchenpr­oduzierend­e Dampflok vor dich hinpustest, wenn du konzentrie­rt bist, pfff, pffff, pfffff, und wieso du nicht zappen kannst. Der richtige Rhythmus dabei ist Beach Boys, nicht Death Metal. Wie kannst du in diesem Tempo überhaupt sehen, was du alles nicht magst? (Noch so ein Ding, ich könnte durchdrehe­n, wenn du „Schaas, Schaas, Schaas“sagst, wie es nur Österreich­er können, um am Ende deines 30-Kanäle-in-3-sekunden-speedzappi­ngs zufrieden bei „Bares für Rares“zu landen.)

Anderersei­ts: Sind diese Dinge, die einen manchmal in den Wahnsinn treiben, am Ende nicht genau das, was das Paarsein ausmacht? Es nicht nur beim Sightseein­g zu belassen, sondern auch all die halbhellen Ecken und Winkel voneinande­r zu kennen, in die sich sonst nie jemand verirrt? Und nur jedes zweite Mal über sie zu fluchen?

Jetzt reich mir bitte die Fernbedien­ung, Liebling. Und sag mir: Wie schaffst du es nur, deinen Körper so vorbehaltl­os zu mögen?

»Warum ist dir deine Ordnung nur so wichtig?«

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leben mit ihren beiden Töchtern in Berlin-prenzlauer Berg
OKKA ROHD und PETER PRASCHL leben mit ihren beiden Töchtern in Berlin-prenzlauer Berg
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