Freundin

Der Obstkorb ETF

Renate Fritz berät seit über 20 Jahren Frauen in Geld-fragen. Hier teilt sie ihre Erfahrunge­n

- Renate Fritz ist Finanzexpe­rtin bei „Frau & Geld“in München. Sie findet: „Dass der Fonds zu einem passt, ist genauso wichtig, wie auf den Preis zu achten“

Einen ETF hätte ich gern“, verlangte meine neue Klientin selbstsich­er, als ob sie auf dem Markt Äpfel oder Birnen ordere. Antje, so wollen wir sie nennen, 36 Jahre, stellte sich mir vor mit Dutt, Jeans, Tshirt und einem Sack voll positiver Energie. Ihr Jahresbrut­to als Projektman­agerin in der Baubranche: 70 000 Euro. Sie wolle regelmäßig an der Börse investiere­n, das Geld „für mich arbeiten lassen“.

Mit Anlagemögl­ichkeiten hatte sich Antje bislang nicht wirklich beschäftig­t, aber mitgekrieg­t, dass ETFS das „ganz große Ding“seien, wie sie es formuliert­e. „Ja, die sind sehr gehypt“, bestätigte ich. Wie „Exchange Traded Funds“funktionie­ren, wusste Antje nicht, weshalb ich versuchte, es möglichst einfach zu erklären: Mit ETFS investiert man – wie generell mit allen Fonds – statt in nur eine Aktie in mehrere Unternehme­n verschiede­ner Branchen, Sektoren und Regionen. Über diese Streuung minimiert man das Risiko.

Meine simple Erklärung brachte Antje zum Strahlen. Die Sache hat allerdings zwei Haken: Ein ETF ist ein sogenannte­r passiver Fonds, bei dem ein Computerpr­ogramm Indizes wie etwa den DAX nachbildet. Steigen oder fallen die Aktien im Index, steigt oder fällt auch der ETF und das hier angelegte Geld. „Aktuell etwa gab es durch die Coronakris­e einen Kursrutsch. Der DAX, und damit alle DAXETFS, sind innerhalb von wenigen Stunden um fast 40 Prozent gefallen“, musste ich Antjes Euphorie einen Dämpfer verpassen. Bei schwacher Nervenauss­tattung sollte man da besser nicht ins Depot schauen. „Und: Ein ETF gewichtet nicht, wählt Aktien nicht gezielt aus“, fügte ich an. „Sie kaufen den ganzen Obstladen. Auch wenn Sie nicht alles mögen oder allergisch auf manches sind.“Eine Alternativ­e sind aktiv gemanagte Fonds, bei denen Experten entscheide­n, in welche Unternehme­n wie viel investiert wird. Sie können auf Kurseinbrü­che reagieren, Verluste eingrenzen und unterliege­n somit nicht so hohen Schwankung­en wie Indexfonds, bei denen daher auch eine Anlagezeit von

15 bis 20 Jahren empfohlen wird. Aktiv gemanagte Fonds dagegen sind auch für einen kürzeren Anlagezeit­raum ab fünf bis sieben Jahren plus geeignet. Anders als bei ETFS, die kaum etwas kosten, sind hier aber jährlich bis zu 1,5 Prozent fällig.

Aktive Fonds oder ETFS? Antje war unentschlo­ssen, nannte dann aber ein Kriterium, das ihr bei der Geldanlage wichtig sei: „Ökologie.“„Da sind wir wieder beim Obstladen“, sagte ich. „Beim DAX zum Beispiel investiere­n Sie in 30 Werte, darunter Energiever­sorger, Chemieries­en oder Banken. Und beim Weltaktien­index MSCI World mit über 1600 Werten gehen 60 Prozent in die USA.“Antje modelliert­e mit den Fingern ihren Dutt. „Okay“, sagte sie nach einer Weile, „ich entscheide mich aktiv gegen den passiven Obstladen.“

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany