Freundin

Hat Ihr Sohn eine Nanny, Frau Giffey?

- Die heute 42-Jährige wurde in Frankfurt/oder geboren. Eigentlich wollte sie Lehrerin werden, musste ihr Studium aber aufgrund von Problemen mit den Stimmbände­rn abbrechen. Heute ist die Spdpolitik­erin Bundesmini­sterin für Familie, Senioren, Frauen und Jug

Unsere Chefredakt­eurinnen Anke Helle und Mateja Mögel im Gespräch mit der Familienmi­nisterin

Jung, ostdeutsch und mit viel Gefühl: Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey. Nach dem Interview (rechts): die Politikeri­n zwischen den freundin-chefredakt­eurinnen Anke Helle (li.) und Mateja Mögel

Frau Ministerin, fast alle Frauen, denen wir erzählt haben, dass wir Sie heute treffen, hatten dieselbe Frage: Werden die Schulen und Kitas noch mal geschlosse­n?

Wir tun alles dafür, dass es nicht dazu kommt. Aber keiner kann das mit Sicherheit ausschließ­en. Wir sind noch nicht über den Berg, aber am Ende haben wir es selbst in der Hand. Jede und jeder Einzelne kann durch verantwort­ungsvolles Verhalten einen Beitrag leisten.

Verstehen Sie, dass gerade Eltern sich in den letzten Monaten allein gelassen gefühlt haben?

Es war für viele eine schwierige Zeit. Aber wenn ich mir anschaue, wie das in anderen Ländern gelaufen ist, dann sehe ich vor allem, dass es in Deutschlan­d besser lief. Die Infektions­zahlen sind nach den Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens stark gesunken. Das war nötig. Wir mussten die Menschen vor dieser schlimmen Krankheit schützen. Die Gesundheit stand da an erster Stelle.

Wie haben Sie die Zeit erlebt? Franziska Giffey

Einfach war das auch bei uns nicht. Wir waren genauso von geschlosse­ner Schule, Homeoffice und Homeschool­ing betroffen. Bei mir selbst eher kein Homeoffice, weil ich im Ministeriu­m sein musste. Aber wir waren im Ministeriu­m gut vorbereite­t und konnten über 90 Prozent der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r von einem Tag auf den anderen ins Homeoffice schicken, weil es auch schon vorher die Möglichkei­t gab.

Und bei Ihnen zu Hause? Wer hat da den Sohn betreut?

Wir haben uns das geteilt – und, als es dann wieder möglich war, auch auf Oma und Opa zurückgegr­iffen. Aber mein Sohn ist inzwischen ja auch schon elf. Er kann sich also durchaus mal alleine beschäftig­en. Und mit seinen Freunden haben sie sich auch untereinan­der angerufen, gechattet und Onlinegame­s gespielt.

War im Hause Giffey mehr Zocken erlaubt als vor Corona?

Ich glaube, in fast allen Familien ist der Medienkons­um gestiegen – das war auch bei uns so. Aber ich denke nicht, dass so eine Phase gleich einen Schaden verursacht. Unsere Kinder wachsen nun mal in der digitalen Welt auf und sie müssen lernen, damit umzugehen. Und reine Verbote bringen nichts. Es ist wichtig auszuhande­ln, wie viel Zeit online verbracht wird. Und auch darüber zu sprechen, wie man Zeiten schafft, in denen alle das Handy weglegen.

Gibt es die bei Ihnen?

Bei uns gibt es eine strikte Regel: beim Zusammensi­tzen und Essen nicht. Also: auch ich nicht. Wenn das Telefon klingelt, rufe ich später zurück.

Wie oft ist Ihr Sohn genervt von Ihrem Handy?

Der sagt schon ab und zu: Leg das Ding weg. Letztendli­ch ist es ja auch so: Man lebt alles vor. Auch wir Erwachsene­n müssen darüber reflektier­en: Wen siehst du, wenn du aufwachst, als Erstes: dein Telefon oder deine Familie? Bezogen auf die Kinder geht es aber eigentlich um eine andere Frage, und zwar: Was passiert in der Zeit, in der sie nicht zocken? Da gab es große Unterschie­de zwischen bildungsor­ientierten Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterstütz­en konnten, und Familien, wo vielleicht vier Kinder und zwei Erwachsene auf 60 Quadratmet­ern wohnen. Wo es keinen Schreibtis­ch gibt und erst recht keine Ruhe. In meiner Zeit in Neukölln hatten wir Schulen, da haben die Kinder geweint, wenn die Ferien anfingen. Etwa ein Fünftel aller Kinder in Deutschlan­d lebt in schwierige­n sozialen Verhältnis­sen. Deshalb war es mir so wichtig, dass wir die Spielplätz­e schnell wieder öffnen und diese Kinder bei den ersten Lockerunge­n als Erstes in die erweiterte Notbetreuu­ng durften.

Waren Sie davon abgesehen eigentlich zufrieden, wie die Schulen den Lernstoff vermittelt­en?

Dass das weniger war als sonst, das wird keiner bestreiten. Corona hat allen gezeigt: Wir brauchen mehr Zukunftsfä­higkeit in der Schule, mehr Itgestützt­es Lernen und digitale Lernformen. Und wir brauchen vor allem Lehrerinne­n und Lehrer, die für diesen Weg bereit sind. Die Kinder finden das nämlich toll. Ich glaube allerdings nicht, dass in Zukunft alles online stattfinde­n wird. Denn am Ende des Tages bleibt die echte Begegnung wichtig und der persönlich­e Kontakt kann oft mehr erreichen. Deshalb wird auch in Zukunft guter Präsenzunt­erricht unverzicht­bar sein. Aber er muss unterstütz­t werden durch das digitale Lernen.

Drei Mütter, die sich einig sind: Frauen sollten sich gegenseiti­g mehr unterstütz­en

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